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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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und …  
    Argh! Sie … ist da!  
    Kommt einfach so rein, als wäre nichts. Als sähe sie nicht bezaubernd aus, wie eine Fee, die nicht gemerkt hat, dass ein böser Zauberer sie in Büroklamotten gehext hat. Und als säße hier niemand, der darauf brennt, sie in die Arme zu schließen und an sich zu drücken, dass die Büroklamotten danach erst einmal in die Heißmangel müssen.  
    Noch einmal sage ich mir sei du selbst , und tauche im gleichen Moment blitzschnell hinter meinen Laptopbildschirm. Leider ist er viel zu klein, um mich zu verstecken. Warum habe ich Gewohnheitstier mich wieder an den gleichen Tisch wie letzte Woche gesetzt? Sie setzt sich doch bestimmt auch jedes Mal an den gleichen Tisch, und das heißt, sie sitzt gleich wieder neben mir … Oder doch nicht? Vielleicht ist sie ja kein Gewohnheitstier? Vielleicht will sie im Lauf der Zeit alle Tische durchprobieren, so wie ich mit den Supermarktprodukten … Nein. Sie kommt! … Das heißt, sie will gerne, aber sie kommt nicht durch. Eine kleine Blase von Leuten hat sich um sie herum gebildet. Ein paar reden auf sie ein, aber die meisten starren einfach auf ihren Rollkoffer … Oh, der ist ja neu. Strahlend weiß. Und, seltsam, er hat ein Display auf dem Deckel. Noch seltsamer sind allerdings die Coffee & Bytes-Gäste. Sie drängen sich immer dichter heran. Es sieht so aus, als wollten sie den weißen Koffer am liebsten streicheln. Was soll das? Schnell. Nachricht an ruderfrosch:  
    Warum starren alle den Koffer von der Frau, die gerade reingekommen ist, so an?  
    Mist. ruderfrosch ist auch von seinem Platz aufgestanden und bewegt sich wie ferngesteuert auf das Rudel um meine Traumfrau herum zu. Ich winke wild mit den Armen, um ihm zu bedeuten, dass er sich gefälligst wieder auf seine vier Buchstaben setzen und meine Nachricht lesen soll. Er guckt widerwillig, aber er gehorcht … Er liest … Er tippt. Komm, mach schon … Nachricht von ruderfrosch:  
    *augenroll* sie hat den neuen iKoffer von apple!!! den kann man offiziell erst in vier wochen kaufen!!!  
    Nachricht an ruderfrosch:  
    Was ist ein iKoffer?  
    Ach, Mist, er ist schon wieder aufgestanden. Diesmal ignoriert er mein Fuchteln und versucht, sich im iKofferfanpulk nach vorne zu arbeiten. Meine Fee hat inzwischen genug. Sie lässt das Ding einfach in der Menge stehen und setzt sich an den Tisch neben mich. Ich kann nicht anders, ich muss sie anstarren. Zum ersten Mal kommen mir Zweifel am Sei-du-selbst-Konzept. Im Moment bin ich nämlich ganz bestimmt ziemlich ich selbst, aber ich bin mir trotzdem sicher, dass Anstarren keine gute Idee ist.  
    »Ach, Sie schon wieder.«  
    Ja, da hat sie einfach mal recht. Aber was darauf antworten? Sei du selbst …  
    »Sie sind jetzt doch nicht etwa regelmäßig hier?«  
    Wenn man in Betracht zieht, dass sie gerade schwer genervt ist und ich sie gerade so aufdringlich mustere, als wäre ihr Gesicht ein frisch gebackener Schokoladenkuchen, klingt sie sehr freundlich. Ich habe wohl ein paar Sympathiepunkte dafür bekommen, dass ich der Einzige im ganzen Café bin, der nicht in dem Menschenhaufen steckt, unter dem ihr bemitleidenswerter Hightech-Koffer gerade begraben liegt, als wäre er ein Fußballer, der in der Verlängerung das entscheidende Tor zum WM -Sieg geschossen hat.  
    »Ja, doch, regelmäßig, also, so mehr oder weniger, aber, also, im Großen und Ganzen gesehen, doch schon irgendwie, ja, ne, regelmäßig, hmhm …«  
    »So so.«  
    Verderben! Sie guckt einfach weg. Warum setzt sie das Gespräch nicht fort? Was habe ich falsch gemacht? Los. Ich muss noch mehr ich selbst sein. Ist doch ganz einfach … Oder kann es sein, dass mein Selbst gerade nicht sprechen will? Kann es sogar sein, dass mein Selbst gerade schreiend wegrennen und sich für die nächsten Jahre in der Kanalisation verstecken will?  
    »Eins muss ich ja sagen …«  
    Ja! Sie spricht doch weiter mit mir! Mein Selbst lugt vorsichtig aus dem Kanaldeckel heraus und lächelt dummfröhlich.  
    »… neulich auf der Straße waren Sie viel gesprächiger.«  
    Sie grinst. Oh, wenn sie ihre Mundwinkel hochzieht, werden ihre Grübchen noch ein wenig tiefer. Das ist einfach zu entzückend … Was hat sie noch mal gesagt? Gesprächiger? Ach sooo, das war doppeldeutig. Hihi, ich war damals »gesprächiger«, weil ich sie beschimpft habe. Alles klar. Schnell, lächeln, Humor zeigen … Zu spät, sie schaut schon wieder weg.  
    »Ich … ich war nur gerade

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