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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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mehr geblieben, nicht einmal für das kleinste Sei du selbst . Ich werde morgen den Beweis erbringen, dass Schick dein Selbst in Urlaub und mach stattdessen einfach das Richtige ein viel besserer Weg ist. Vielleicht werde ich ein Buch darüber schreiben und Seminare geben. Auf jeden Fall werde ich aber eine Facebook-Gruppe dazu gründen.  
    So. Jetzt noch eine neue Hose gekauft, und die Welt wird morgen Abend so grundlegend anders für mich aussehen, dass ich froh sein kann, wenn ich überhaupt noch nach Hause finde.  
    Nach ein paar Telefonaten muss ich allerdings einsehen, dass der Plan nicht ohne Weiteres umzusetzen ist. Ich habe nämlich niemand gefunden, der mich beim Hosenkaufen begleitet. Das wird schwierig. Alleine Hosen zu kaufen ist eine fast unlösbare Aufgabe. Bis man da erst mal eine gefunden hat, die auch nur halbwegs sitzt. Und wenn man das geschafft hat, wie soll man bitte sehen, ob man auch wirklich von allen Seiten eine gute Figur macht, wenn man sich selbst nicht auf den Hintern gucken kann, auch wenn man sich noch so sehr vor dem Spiegel verrenkt? Ich gehe deswegen nur Hosen kaufen, wenn eine gute Freundin dabei ist. Dann verziehe ich mich still in die Umkleide, probiere an, was sie mir reinreicht, zeige mich damit, und wenn sie den Kopf schüttelt, ziehe ich es sofort wieder aus, und wenn sie irgendwann nickt, gehe ich glücklich zur Kasse.  
    Diesen Job beherrscht natürlich nicht jede. Amelie, die es gemacht hat, solange ich noch in der WG gewohnt habe, ist, wie gesagt, leider nach Gastrop-Rauxel gezogen. Zum Glück hatte ich bald eine gute Nachfolgerin gefunden: Frauke, die Buchhalterin von Elvin und Adrians Werbeagentur Forza Idee, und meines Erachtens der einzige normale Mensch in dem ganzen Laden. Sie hat mir souverän zu der Hose verholfen, in der ich jetzt gerade stecke. Aber Frauke ist leider im Urlaub, und die beiden anderen Freundinnen, die ich mir als Notvertretung notiert hatte, sind nicht zu erreichen.  
    In meiner Verzweiflung rufe ich nun doch bei Amelie an. Nein, sie ist nicht zufällig gerade in Berlin und kann auch unmöglich heute noch kommen. Große Sorgen macht sie sich jetzt natürlich trotzdem. Klar, wer Amelie kennt, weiß, dass sie der Mensch ist, der das Helfersyndrom neu erfunden hat. Auch dass ich immer noch keine neue Freundin habe, wieder mehr Sport machen und mich gesund ernähren soll, gehen wir bei der Gelegenheit noch einmal gründlich durch.  
    Als wir uns verabschieden, ist es schon wieder eine Stunde später. Die Hose muss aber heute her, da gibt es kein Vertun. Ich gehe ein weiteres Mal in mein Adressbuch, suche einen Namen heraus, mache mir klar, dass es zwar eine große Torheit sein könnte, aber immer noch besser, als alleine zum Hosenkaufen zu gehen, und drücke »anrufen«. Komm, geh ran … Ah.  
    »Hallo Tobi.«  
    Er ziert sich ein wenig, aber als ich ihm verspreche, ihn danach in ein Fastfood-Restaurant seiner Wahl einzuladen, habe ich ihn. Ich weiß zwar nicht, wohin das führen wird, aber ohne Begleitung kann ich einfach keine Hose kaufen. Das ist, wie als Angeklagter ohne Rechtsanwalt vor Gericht aufzutauchen. Und jetzt Schluss mit Grübeln. Bis er klingelt, werde ich, ach, warum nicht, einfach noch mal bei Facebook reinschauen.  
    Na klar, Nachricht von ruderfrosch. Ich glaube, es würde mich inzwischen richtig deprimieren, wenn ich meine Facebook-Seite anschauen und nichts von ihm finden würde. ruderfrosch versucht mir lang und breit zu erklären, wer und was Rüdiger Rodeo ist, und kommt nach fünf Absätzen zu dem Ergebnis, dass man das irgendwie gar nicht richtig erklären kann, und auch nicht, warum er so wichtig ist, nur das es eben so sei. Außerdem will er wissen, wie es wäre, sich mit ihm zu unterhalten. Ich antworte, dass man sich am besten auf Gespräche mit ihm vorbereitet, wenn man auf dem aktuellen Stand der Diskussion um die Geisteshaltung des empirisch-flatulären Rabulismus ist.  
    Danach sehe ich nach meinem Supermarktkonzept. Was? Nur zwei neue »Gefällt mir«-Markierungen? Ich bin auf dem absteigenden Ast. Den Rest der Zeit verbringe ich damit, andere Supermarktkonzepte zu lesen und überall »Gefällt mir« anzuklicken. Vielleicht kriege ich von denen ja dann ein paar Revanche-gefällt-Mirs.  
    Tobi klingelt. Endlich! Ab ins Gewühl. Ich springe behende die Treppe hinunter.  
    »Hallo Tobi, bereit?«  
    »Lass mich deine Amelie sein. Wo gehen wir hin?«  
    Oh ja, da fängt es schon an. Mit Amelie oder Frauke

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