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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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    »Weil es sonst eben nicht klappt.«  
    »Aber was ist ein Konzept?«  
    »Siehst du, hier haben wir ein tolles Beispiel. Ich habe kein Konzept, um dir zu erklären, was ein Konzept ist. Deswegen klappt es nicht.«  
    »Aha.«  
    »Bisschen kompliziert, weiß ich, ist aber so.«  
    »Kannst du mir mal eine Aufgabe geben?«  
    »Wie?«  
    »Einfach irgendeine Aufgabe.«  
    »Dann lauf einmal um den Tisch.«  
    …  
    »Geschafft.«  
    »Prima.«  
    »Aber ich hatte kein Konzept.«  
    »Natürlich hattest du ein Konzept. Du hast dir vorher überlegt, dass du einen Fuß vor den anderen setzt und im Kreis läufst.«  
    »Ach so. Und was hattest du für ein Konzept, als du die Frau getroffen hast?«  
    »Nicht groß darüber nachzudenken, was ich tue. Erwachsene sagen dazu immer sei einfach du selbst . War aber ein einziger Reinfall.«  
    »Wieso? Mag sie dich nicht, wenn du einfach du selbst bist?«  
    »Das weiß ich nicht mal. Der Punkt ist, ich komme einfach nicht an sie heran, wenn ich ich selbst bin.«  
    »Neulich habe ich einen Mann gesehen, der hatte wirklich ein tolles Konzept.«  
    »Was du nicht sagst.«  
    »Er kam in einer Kutsche an. Dann ist er ausgestiegen. Dann hat er der Frau einen Blumenstrauß gegeben. Dann hat er ein Lied gesungen. Mit Geigen.«  
    »Und dann?«  
    »Hat meine Mama die Fernbedienung gegen den Fernseher geschmissen und der ist dabei ausgegangen.«  
    »Sie hat die Fernbedienung geschmissen? Und was hast du dazu gesagt?«  
    »Gar nichts. Ich war schon im Bett. Ich bin nur heimlich aufgestanden und hab durch den Türspalt mitgeguckt.«  
    »Geniales Konzept. Hätte ich früher auch mal drauf kommen können.«  
    »Kannst du ja jetzt auch noch machen.«  
    »Ja. Noch mal Heiße Öfen?«  
    »Ja!«  
    ***  
    Ich summe »Our love is here to stay« vor mich hin, als ich meine Wohnungstür aufschließe. Habe ich auch schon lange nicht mehr gemacht. Weder beim Aufschließen gesummt, noch »Our love is here to stay« angestimmt. Mir geht es gut. Und ich freue mich darauf, meinen Laptop anzuschalten. Das kenne ich gar nicht von mir. Unheimlich.  
    Während meine Windows-Möhre hochfährt, veredele ich die liegengebliebene Brötchenhälfte von heute Morgen mit einer fingerdicken Schicht Nutella und summe weiter. It’s very clear, our love is here to stay  … Schon nach dem ersten Haps ist nur noch die halbe Brötchenhälfte übrig … not for a year, but ever and a day  … Summen wird unterschätzt. Das Tolle daran ist, dass es auch mit vollem Mund funktioniert. … in time the Rockies may crumble, Gibraltar may tumble, they’re only made of clay  … So toll ist der Text sowieso nicht. Solide, aber es fehlt der romantische Booster. Also, perfekt zum Summen … Habe ich gerade romantischer Booster gesagt? Dreck. Ich dachte immer, die Elvin-und-Adrian-Krankheit ist nicht ansteckend. Ich muss aufpassen.  
    So. Jetzt auf Facebook die Supermarktkonzeptionalisten suchen. Das ist es nämlich, was mir so gute Laune macht. Ich bin nicht allein. Es gibt Leute, mit denen ich offen über meinen Supermarkt-Tick reden kann. Ha. Nein. Eben kein Tick. Konzept.  
    Meine Startseite geht auf. Was? 129 Freundschaftsanfragen? Die Hälfte der Brötchenhälfte hatte ich zum Glück schon heruntergeschluckt. Die andere Hälfte steckt jetzt allerdings gnadenlos irgendwo fest, wo sie nichts verloren hat. Ich lese trotzdem weiter und achte gleichzeitig darauf, dass alles, was ich heraushuste, am Bildschirm vorbeigeht.  
    Was noch? 31 Einladungen zu irgendwelchen Gruppen. Wir bringen unseren Hamstern das Bohnern bei , Hüpfen ist gut für die Seele und Wir versuchen auszusehen wie unser T-Shirt-Aufdruck  … Ah, hier, Supermarktkonzeptionalisten . Gleich beitreten. Wow. Ich komme mir vor, als hätte ich viele Monate einsam in einem leeren Zimmer herumgehangen und würde nun feststellen, dass gleich im Raum nebenan die ganze Zeit eine gigantische Party tobt. Es wimmelt hier von individuellen Supermarkt-Einkaufskonzepten, eins durchgeknallter als das andere. Der Robert fährt zum Beispiel mit seinem Einkaufwagen immer die gleiche Route ab. Von oben betrachtet ergibt das die Anfangsbuchstaben seines Namens. AnjaBlumenwiese kauft nur Produkte, in deren Namen nicht mehr als drei Vokale vorkommen. Einzige Ausnahme: Schokolade. Ganz toll finde ich Plüschmann . Plüschmann benutzt seinen Einkaufswagen als Roller. Und bei jedem Einkauf darf sein Fuß höchstens 20 Mal den Boden

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