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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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    »Ja. Aus beruflichen Gründen. Und nenn sie nicht Trulla.«  

    »
Macht nichts, Oliver-Bolliver, stell dir vor, wir brauchen gar kein Gretchen mehr.
«  
    »Wie jetzt? Warum brauchen wir kein Gretchen mehr? Wir spielen doch den Faust?«  

    »
Yepchen, aaaber – es wird eine gekürzte Fassung sein.
«  

    »
Unser böööser Kunde hatte ein paar Anmerkungen zur Budgetkalkulation.
«  

    »
So ist das nun mal.
«  
    »Aber … wir brauchen doch trotzdem ein Gretchen?«  

    »
Neinpopein, wir beschränken uns nämlich auf die Szene in Auerbachs Keller.
«  
    »Wir spielen nur die Szene in Auerbachs Keller?«  

    »
Blitzschnell erfasst, Oliver. Wie immer.
«  

    »
Setz dich doch wieder. Keks?
«  

    »
Kannst übrigens stolz sein, wir haben das in dem Projekt-Rettungsmeeting mit dem Pinklbräu-Marketing genau so präsentiert, wie du es damals formuliert hast: Der größte Alkoholexzess der deutschen Theatergeschichte. Pinklbräu-Tabletts, Pinklbräu-Wirtsschürze, Pinklbräu-Zapfhahnschilder, Pinklbräu-Bierdeckel, Pinklbräu-Serviettenständer und natürlich, tadaaa, Pinklbräu-Wirtshausschild. Auerbachs Keller, der Name des bekanntesten Wirtshauses der deutschen Hochkultur, und links und rechts davon das Pinklbräu-Logo. Na? «  
    »Aber …«  

    »
Genau, da war noch was. Du schlimmer Finger hattest uns nämlich verschwiegen, dass sich die Gäste beim Faust kein Bier, sondern massiv konkret Rheinwein , Champagner und Tokayer reinkippen.
«  

    »
Nicht so gut, macht aber nichts, denn wir ersetzen das einfach durch Pinklbräu Hell, Pinklbräu Urtyp, Pinklbräu Easy und Pinklbräu Power.
«  

    »
Xactly. Die Texte werden entsprechend angepasst. Aber keine Angst, Mephisto lässt das Bier auf jeden Fall aus dem Tisch fließen, da bleiben wir ganz dicht beim Original. Ich sag dir, dass wird der smashendste Beverage-Communication-Kracher des Jahres.
«  

    »
Wohin so eilig?
«  
    »Muss nur mal schnell aufs Klo.«  

Samstag  
     
    Wie schlimm die Idee wirklich war, wurde mir erst richtig klar, als Elvin und Adrian mir die angepassten Texte vorgelesen haben. Goethe hat sich dabei sicher nicht darauf beschränkt, sich im Grab umzudrehen, sondern ist wie einer von Elvins Gummibällen im Sarg hin- und hergeflippert. Und ich hatte große Schwierigkeiten zu erklären, warum ich gleich noch mal aufs Klo musste.  
    Zum Glück hatte ich danach einen erholsamen Freitagabend mit Tobi, den anderen aus meiner alten Band und vielen Bieren. Also, zumindest das war erholsam. Als ich nach Hause kam und noch einmal kurz bei Facebook reinschauen wollte, meldete sich zufällig gerade meine Exfreundin Julia aus Peru. Wir unterhielten uns per Skype, woran eigentlich nichts Verkehrtes ist, aber dann habe ich ihr unvorsichtigerweise erzählt, dass ich demnächst bei einer Faust-Aufführung mitmachen werde, bei der es kein Gretchen gibt. Und bei Julia ist es immer so, dass sie, wenn irgendwo auf der Welt eine Frau zu kurz kommt, sofort ausflippt. Deswegen haben wir dann noch die halbe Nacht vor uns hingestritten wie in alten Tagen, nur dass wir zwischendrin keinen Sex hatten.  
    Heute morgen bin ich entsprechend spät aufgestanden. Franziska war schon lange weg. Trifft sich bestimmt schon wieder mit ihrem Vater und irgendwelchen Business-Fuzzis, um weiter an ihrer Restauratoren-Datenbank zu feilen. Wenigstens hat sie ein paar Brötchenkrümel auf dem Esstisch dagelassen. Ich bringe sie vor meinen Teller in eine Reihe und betrachte sie, während ich esse. Nachdem ich selber ein paar Krümel produziert habe, vermische ich sie mit Franziskas und lege »Lena« daraus. Beim Tischabwischen wische ich um das Wort herum. Danach berühre ich alle Buchstaben ein Mal mit der Nase. Beim letzten muss ich niesen.  
    Gut. Frühstück geschafft. Was jetzt? Der Tag will nach allen Regeln der Kunst verdaddelt werden. Wäre natürlich viel einfacher, wenn ich eine etwas phlegmatischere Mitbewohnerin hätte, die jetzt genauso bewegungsunwillig wie ich am Tisch sitzen und sich stundenlang mit mir über jeden Mist unterhalten würde. Oliver Bond – steh auf another day … Ich könnte auch ein paar Gesangsübungen machen. Aber inzwischen hat mich die Lehrerin so weit, dass ich bei jedem kleinen Piepser ein schlechtes Gewissen kriege. Ich Böser habe ja immer noch nicht meine eigene Stimme gefunden … Joggen könnte ich auch. Andererseits, Joggen könnte ich auch später.  
    Überhaupt, bevor ich irgendwas mache, sollte ich

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