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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Raum ist, die Ahnung von Entbindungen hat. Auch Jana scheint dankbar für diesen Wink des Schicksals zu sein.
    »Gott sei Dank, Frau Kuhlig-Semmrau. Mein Gott, bin ich froh, Sie zu sehen. Was soll ich tun?«
    Frau Kuhlig-Semmrau stellt sich neben Jana, nimmt ihre Hand und streicht ihr über die Stirn.
    »Ich habe keinen blassen Schimmer, mein Kind.«
    »Was?« Die Augen meiner Freundin sind mit einem Mal fast so groß wie ihr Schwangerschaftsbauch. »Was bedeutet das, keine Ahnung?«
    »Na ja, ich habe keine Ahnung. Ich habe selbst noch nie ein Kind bekommen.«
    Jana packt Frau Kuhlig-Semmrau am Kragen.
    »Aber Sie sind doch meine Schwangerschaftsberaterin, oder nicht?«
    »Natürlich bin ich das. Ein Drogenberater muss sich aber auch nicht täglich einen Schuss setzen, um ein guter Berater zu sein, oder?«
    »Aber warum haben Sie dann kein Kind?«
    »Meine Figur war mir immer wichtiger. Denken Sie doch nur mal an das ganze Unterbauchgewebe, das dann wochenlang schlapp wie ein nasser Sack herunterhängt.«
    Jana scheint langsam durchzudrehen. Ich schiebe unsere tolle Beraterin zu ihrer eigenen Sicherheit beiseite und knie mich vor meine Freundin.
    »Ich bin da nun auch kein Fachmann. Aber wir stehen das jetzt zusammen durch, okay?«
    »Okay. Aber was soll ich machen?«
    »Ich denke mal, pressen wäre jetzt nicht verkehrt, oder, Herr Doktor?«
    Der Arzt steckt gerade mit seinen Händen irgendwo in Nora und nickt eifrig. »Machen Sie das, ich bin gleich bei Ihnen.«
    Im Hause Schwanz-Gurke scheint alles völlig harmonisch und nach Plan zu verlaufen. Die beiden liegen sich in den Armen und scheinen tief ergriffen.
    »Gürkchen, ich bin bei dir. Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch, Brummelbärchen.«
    Vielleicht sollte ich Jana auch auf diese Art etwas sagen. Es scheint die schwangere Frau deutlich zu entspannen.
    »Ähem. Ich liebe dich auch, Jana.«
    »Ach ja?« Meine Freundin funkelt mich diabolisch an. Ich erkenne den Blick sofort wieder. Der Hormon-Dämon. Er ist zurück. »Ich hasse dich. Du bist an allem schuld. An meiner Figur, an der Schwangerschaft und an der Tatsache, dass ich das Gefühl habe, als müsste ich gerade einen Wackerstein quer scheißen.«
    »Ein guuuter Vergleich Frau Klopp.« Frau Kuhlig-Semmrau teilt uns von irgendwoher mit, dass sie immer noch zugegen ist und sie den Vergleich mit dem Ziegelstein durchaus treffend findet. »Sehr schön.«
    Doch Hormon-Dämon Jana richtet sich empört auf und deutet mit ausgestrecktem Zeigefinger auf unsere Schwangerschaftsberaterin. »Und Sie halten am besten einfach die Fresse, Sie scheinheilige Schnepfe.« Dann wendet sie sich wieder an mich. »Robert, wie weit ist Nora?«
    Ich gehe einige Schritte auf die andere Seite, hebe das Tuch über ihrem Schoß leicht an und inspiziere den Status quo. »Nix, Schatz. Noch nichts zu sehen.«
    »Robert«, Falco tippt mir auf die Schulter, »würdest du meiner Frau bitte nicht so auf die Vagina starren.«
    »Sorry. Das war nur ein rein informativer Blick.«
    Bevor er antworten kann, verlangt seine Frau nach ihm.
    »Brummelbärchen, tu irgendwas, damit es schneller geht.«
    »Aber was, Gürkchen? Was kann ich tun?«
    »Egal, irgendwas.«
    Er schaut sich um, findet aber nichts und zuckt mit den Schultern. Dann tritt er einen Schritt zurück, räuspert sich und beginnt damit, ein Lied zu intonieren.
    »Kumbaya my Lord, kumbaya – Kumbaya my Lord, kumbaya …«
    »Das ist guuut, musikalische Frühförderung,« erfreut sich Frau Kulig-Semmrau an der Darbietung, stimmt mit ein und übernimmt die zweite Stimme: »Kumbaya my Lord, kumbaya – Kumbaya my Lord, kumbaya …«
    Ich schüttele entgeistert den Kopf und kann nicht fassen, was hier gerade passiert. Jetzt ist es offiziell. Ich bin in einem Irrenhaus gelandet.
    »Es kommt, es kommt!«, ruft der Arzt und unterbricht meinen Gedankengang.
    »Wo?«, fragt Jana. »Bei mir oder bei Nora?«
    »Bei Ihnen, Frau Klopp. Ich kann den Kopf schon sehen.«
    Unter die Klänge des zweistimmigen »Kumbaya« mischt sich eine dritte Stimme, ein schriller Schrei. Kaum verhallt dieser, zuckt auch schon Janas hochroter Kopf empor.
    »Erste!«
    Kurz darauf folgt ein zweiter Babyschrei, und Noras Kopf taucht auf.
    »Scheiße.«
    Es folgt ein Moment der Stille, dann legt Dr. Ritter Sport Jana unser Kind auf den Oberkörper.
    »Sie haben einen gesunden Jungen.« Dann rollt er rüber zwischen Noras Schenkel. »Und Sie ein ebenso gesundes Mädchen. Zumindest falls ich nicht die falsche Schnur

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