Lions - Leichte Beute (German Edition)
ihr Magen, und alles andere rückte in den Hintergrund. Sie warf die Decke von sich, die sie auf den Beinen hatte, und taumelte in die Küche. Sie zog die Kühlschranktür auf, entschlossen, sich Essen zu beschaffen, bevor Mitch eine Chance hatte, sie auszuplündern, und erstarrte. Es war nichts übrig außer einer Pappschachtel mit ranzigem chinesischem Essen, die ihre Eltern zurückgelassen hatten. Sie durchsuchte die Oberschränke, doch all das Müsli und die Cornflakes, die ihre Eltern für ihre Enkel dort aufbewahrten, waren ebenfalls fort.
Diese egoistische Katze!
Über alle Maßen entnervt, stapfte Sissy nach oben, in der Hoffnung, diesen Arsch von einer Katze mit ihrem Lärm aufzuwecken. Sie duschte kurz und ging dann in ihr Zimmer, um sich Kleider zu holen. Als sie Jeans-Shorts, BH und T-Shirt anhatte, trampelte sie zu Bobby Rays Zimmer hinüber und riss die Tür auf. Doch das Bett war leer.
Sissy ging zurück in den Flur. »Mitch?«
Keine Antwort. Also rannte sie den Flur entlang, die Treppe hinunter und rief nach ihm.
Als sie in die Küche zurückkam, fiel ihr zum ersten Mal das gefaltete Blatt Papier auf dem Tisch auf.
Sterbe vor Hunger. Bin in der Stadt, Essen besorgen. Wir brauchen Vorräte, Frau! Du kümmerst dich nicht richtig um mich.
Und dann noch ein nerviger Smiley.
Ihr Auge zuckte.
Bin in der Stadt? Allein? Was ist los mit dem Mann?
Sissy rannte nach draußen und mit vollem Tempo in Richtung Stadt; ihren Mietwagen hatte sie vollkommen vergessen, denn sie ging sowieso meistens zu Fuß, wenn sie hier war.
Es war ihr nicht in den Sinn gekommen, dass er allein losgehen könnte, aber sie hätte daran denken können, dass er niemals jagen ging, wenn es sich vermeiden ließ. Männliche Löwen waren im tiefsten Herzen Aasfresser. Daran gewöhnt, dass sich die Frauen in ihrem Leben um sie kümmerten. Da Mitch kein eigenes Rudel hatte, das ihn ernährte, ging er meistens in Restaurants oder ließ sich sein Essen liefern.
Sissy kürzte durch den Wald ab, weit entfernt von dem Teil des Waldes, in dem sie vergangene Nacht gewesen war.
Sie durchquerte mehrere Gärten von Verwandten, winkte denen zu, die ihr Grüße zuriefen, und ignorierte das kleine Reh, das ihr über den Weg sprang. Zwar knurrte ihr Magen, doch sie rannte weiter, bis sie zur Hauptstraße kam, die in die Stadt führte. Da krachte sie mit vollem Tempo in die rechte Seitentür eines knallroten 78er Camaro; der Aufprall warf sie zurück in den Wald.
In Augenblicken wie diesem war sie dankbar, eine Gestaltwandlerin zu sein.
Sie hörte es quietschen, als der Fahrer mit voller Kraft auf die Bremse stieg. Ein paar Sekunden später ging eine Tür auf und eine barsche weibliche Stimme rief: »Hallo?« Dann hörte Sissy ein Schnüffeln, als die Wölfin versuchte, sie aufzuspüren.
»Ich bin hier drüben«, antwortete Sissy, während sie sich auf Hände und Knie hochstemmte.
Schritte kamen näher, und dann hörte sie: »Hey. Tut mir leid. Sind Sie … Moment mal! Sissy Mae?«
Sissy hob den Kopf, und ihr Blick wanderte einen langen, muskulösen Körper in abgetragenen Jeans, einem abgetragenen T-Shirt und nicht viel mehr hinauf. Doch als Sissy das Gesicht sah, strahlte sie. »Heilige Scheiße! Dee-Ann?«
»War ja klar«, seufzte Dee-Ann. »Ich habe meine eigene Cousine umgebracht. Momma kriegt einen Anfall!«
Lachend nahm Sissy Dees Hand und ließ sich von ihrer ältesten Cousine auf die Beine helfen. Dee-Ann war im doppelten Sinn ihre Cousine. Ihre Mutter Darla war Janie Maes Schwester, und ihr Vater, der berüchtigte Onkel Eggie, war der ältere Bruder von Bubba Smith. Sie war drei Jahre älter als Sissy, aber sie hatten in früheren Jahren viel Spaß miteinander gehabt.
»Komm nicht auf dumme Gedanken! Du stehst nicht in meinem Testament!«
»Verdammt. Dabei hatte ich schon alles so schön geplant.«
Die beiden fielen sich in die Arme, und Sissy seufzte erleichtert auf. »Dee, ich wusste gar nicht, dass du zu Hause bist.«
»Nur ein paar Tage. Ich bin jetzt für immer weg, Sissy«, endete sie leise.
Sissy unterdrückte den Drang, ihre Cousine auszufragen, wie es ihr dabei ging, und sagte stattdessen: »Tja, Schätzchen, du hast die Hochzeit des Jahrhunderts verpasst.«
»Ich hab’s gehört. Tut mir wirklich leid, dass ich nicht da war.«
»Keine Sorge. Bobby Ray versteht das.«
Gemeinsam gingen sie zurück zur Hauptstraße, und Sissy warf einen Blick auf den Camaro, der mit immer noch laufendem Motor dort stand. »Und du
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