Lions - Wilde Begierde (German Edition)
Familie fühlte und nicht nur einer Meute.
Leider hatte Iona auch eine Freundin mitgebracht. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatte sie dieses ungesund aussehende Gerippe, Judy Bennington, angeschleppt. Judy, eine Sonnenbärin, war einst ein Supermodel gewesen und jetzt Agentin. Außerdem sollte sie dringend mehr essen. Kein Bär, egal ob männlich oder weiblich, sollte so dünn sein. Noch schlimmer … sie stand offenbar auf Lock, und das schon seit seinem letzten Highschool-Jahr. Doch im Gegensatz zu den meisten männlichen Raubtieren war Locks Libido tatsächlich mit seinem Hirn verknüpft, und nichts an dieser Frau hatte ihn je erregt oder zum Lächeln gebracht. Sie war eine Gestaltwandlerin, die in einem echten Nerz zu seinen Eltern zu Besuch kam, um Himmels willen!
Lock war auch klug genug zu wissen, dass Judys aktuelles Interesse an ihm eher daher rührte, dass sie, zumindest in Model-Begriffen gesprochen, ihre besten Zeiten hinter sich hatte. Sie wollte einen Mann, der sich um sie kümmerte, wenn sie älter wurde. Das gönnte er ihr durchaus, aber er war nicht dieser Mann. Sie war so damit beschäftigt, »fabelhaft« zu sein, dass sie nie besonders interessant war. Und Lock mochte interessante Frauen.
Ich mag Gwen , dachte er mit einem Lächeln. Und wenn er sonst nichts über diese Frau sagen konnte, so konnte er doch mit Sicherheit sagen, dass sie interessant war.
»Und wie geht es dir so, Lock?«
Sein echtes Lächeln verblasste, und er zwang sich zu einem künstlichen. »Gut, Judy. Und dir?«
Und das animierte Judy, genau wie er es vorausgesehen hatte, gute zehn Minuten über sich selbst zu sprechen. Bei der Sieben-Minuten-Marke sah er über den Tisch zu Ric hinüber, der die Augen verdrehte und versuchte, nicht vor Langeweile vom Stuhl zu fallen. Wäre Lock mehr Raubtier und weniger Bär gewesen, hätte er Ric Judy vorgeworfen und das Beste gehofft. Doch Judy hasste Wölfe, und Lock konnte das keinem Mann antun.
Iona stellte zwei große Schüsseln Beeren auf den Tisch, nahm das leere Käse- und Cracker-Tablett hoch, schlug ihrem Sohn, der schon in die Beeren greifen wollte, auf die Hand und sagte zu ihm: »Hat dir Judy von ihrer neuesten Kundin erzählt?«
»Sie ist in Paris«, sagte Judy und griff nach ihrem Glas Chardonnay. »Für ein Fotoshooting. Sie ist umwerfend, und ich habe sie mir jung geschnappt. Dreizehn.«
Lock warf einen Blick zu seiner jungen Nichte hinüber, und ihm fiel nur eine Reaktion ein: »Iiih.«
Ric prustete und wandte sich ab, aber seine Schwester gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Eine Fertigkeit, die sie von ihrer Mutter übernommen hatte.
»Lachlan!«
»Tut mir leid, aber sie ist dreizehn! Sie sollte Probleme mit Pickeln haben und Nein zu den Jungs sagen! Und sich nicht an europäische Designer verkaufen, damit Judy ihre zwanzig Prozent machen kann.« Und bevor seine Schwester ihn anschreien konnte, knurrte Lock Ric an: »Und du, wirst du endlich an dein Telefon gehen, oder soll ich es aus dem Fenster werfen?« Der Wolf hatte es auf Vibration gestellt, und das Geräusch machte Lock verrückt.
»Ich weiß, es ist mein Vater. Wir hatten heute eine unserer … Meinungsverschiedenheiten.«
»Dann schalte es entweder aus«, sagte Lock und stand auf, weil es an der Haustür läutete, »oder wirf du es aus dem Fenster. Aber tu etwas.«
Lock ging durchs Haus und hatte schon die Hand am Türknauf, als er das Festnetztelefon seiner Eltern klingeln hörte und Ric ihm eindringlich zuflüsterte: »Sieh nicht überrascht aus!«
Lock erschrak ein bisschen und warf ihm einen finsteren Blick zu. Der Wolf hatte sein Telefon am Ohr und sah ihn an. »Wie bitte?«
»Tu so, als wärst du nicht überrascht.« Er flüsterte immer noch. »Was auch immer passiert.«
»Okay.« Kopfschüttelnd überlegte er, wann eigentlich alle um ihn herum den Verstand verloren hatten. Er öffnete die Haustür – und erstarrte.
Gwen sah mit großen Augen zu Lock auf. Was für ein Albtraum war das alles gewesen! Zuerst hatte ihr Bruder sie ins Auto zerren müssen. Nicht, weil sie sich dagegen gewehrt hätte, loszufahren – o nein, sie war mehr als bereit, diesen dummen, lächerlichen Geschwisterstreit bis an sein dummes, lächerliches Ende durchzuziehen, und wenn es sie beide umbrachte! –, sondern weil Ronnie Lee das Bedürfnis hatte, mitzukommen, und Gwen sich geweigert hatte, mit ihr in ein Auto zu steigen. Am Ende hatte sich Gwen nach vorn gesetzt, während Bren, Sissy und Ronnie Lee hinten
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