Lippels Traum (German Edition)
sondern mit Gurken und Knoblauch angemacht, so eine Art Salatsoße ohne Salat. Lippel überlegte, ob er wohl nach den Sammelpunkten auf den Jogurtbechern fragen könnte. Er beschloss, es bis nach dem Essen aufzuschieben.
Dann gab es Paprikaschoten, ausgehöhlt und mit Fleisch und Reis gefüllt. Zu allem tranken sie viel Wasser aus Gläsern.
Frau Güney erklärte ihm bei jedem Gericht, wie es hieß. Sie sagte aber die türkischen Namen und die konnte sich Lippel nicht merken. Sie sprach viel besser Deutsch als Arslan. Fast so gut wie Hamide. Das kam wahrscheinlich daher, weil sie im Blumengeschäft arbeitete. Aber manche Worte betonte sie so seltsam, dass Lippel sich anstrengen musste, um sie überhaupt zu verstehen.
Zum Nachtisch gab es etwas, was sie »Halwa« oder »Halma« nannten oder so ähnlich. Es schmeckte jedenfalls sehr süß und sehr gut.
Danach traute sich Lippel, nach den Sammelpunkten zu fragen. Zusammen mit Arslan und Hamide durchsuchte er die Abfalltüte und fand auch die Deckel der Jogurtbecher. Doch zu seiner Enttäuschung gab es überhaupt keine Sammelpunkte auszuschneiden. Frau Güney hatte eine ganz andere Jogurtmarke gekauft. Eine ohne jeden Punkt. Aber sie versprach, beim nächsten Einkauf darauf zu achten. (Was Lippel ausgesprochen nett fand.) Nachdem er erst mit Hamide, dann mit Arslan Mühle gespielt hatte, machte sich Lippel auf den Heimweg.
Vorher verabschiedete er sich von Frau Güney und fragte: »Dürfen Arslan und Hamide morgen zu mir kommen? Zum Mittagessen?«
Frau Güney wollte von ihm wissen, ob das seine Eltern auch erlaubten.
»Ach, die erlauben es bestimmt«, sagte Lippel. »Sie sind nur nicht da. Aber Frau Jakob kocht für mich. Es macht ihr nichts aus, für zwei Kinder mehr zu kochen.«
Frau Güney hatte nichts dagegen. Und Arslan und Hamide waren natürlich auch einverstanden. Sie begleiteten Lippel noch ein ganzes Stück, fast bis zur Friedrich-Rückert-Straße.
Frau Jeschke weiß einen Ausweg
»Nun, hast du gut gegessen?«, empfing ihn Frau Jakob. »Wo schmeckt es denn besser? Bei mir oder bei deinen Freunden?«
»Es schmeckt eben verschieden«, sagte Lippel.
Da sie gerade über das Essen sprachen, fragte er auch gleich: »Darf ich morgen meine Freunde zum Essen mitbringen?«
»Freunde? Wie viele sind es denn?«, wollte Frau Jakob wissen. »Nur zwei. Die beiden, bei denen ich heute gegessen habe. Ein Bruder und seine Schwester«, erzählte Lippel.
»Zwei? Na, das geht. Da koche ich morgen also für vier«, sagte Frau Jakob. »Wie ist denn ihr Familienname? Vielleicht kenne ich ihre Eltern sogar.«
»Güney«, sagte Lippel.
»Güney? Ein seltsamer Name!«, sagte Frau Jakob. »Wohnen die schon lange hier? Wie heißen denn deine Freunde mit Vornamen?«
»Er heißt Arslan und sie Hamide«, antwortete Lippel.
»Aber das sind ja Ausländer, oder?«, fragte sie.
»Ja, es sind Türken«, sagte Lippel.
»Türken? Die kommen mir nicht ins Haus!«, sagte Frau Jakob energisch. »Was denkst du dir denn?!«
»Aber wieso? Was haben sie denn gemacht? Warum dürfen sie nicht ins Haus?«, fragte Lippel erstaunt.
»Da fragst du noch?« Frau Jakob war empört. »Was sagen denn deine Eltern, wenn sie das erfahren! Türken zum Mittagessen. Das hätte gerade noch gefehlt!«
»Aber ich habe sie schon eingeladen. Ich kann sie doch nicht einfach wieder ausladen«, sagte Lippel verzweifelt. »Meine Eltern haben nichts dagegen, das weiß ich genau!«
»Das ist mir egal, diese Ausländer kommen hier nicht herein, solange ich aufs Haus aufpassen muss. Hinterher fehlt dann was und deine Eltern geben mir die Schuld!«
»Wollen Sie sagen, dass Hamide und Arslan klauen?« Lippel war ganz aufgebracht. »Ich war heute bei ihnen zum Essen und ich möchte, dass sie morgen bei uns essen.«
»Willst du mir Befehle erteilen? Das wäre noch schöner!«, rief Frau Jakob. »Wir brauchen uns gar nicht weiter darüber zu unterhalten. Sie kommen hier nicht rein. Schluss!«
Lippel ging in sein Zimmer.
Eigentlich hätte er Hausaufgaben machen sollen. Aber er musste immerzu an Hamide und Arslan und an seine Einladung zum Mittagessen denken. Was sollte er nur tun? Wer könnte ihm nur einen Rat geben? Frau Jeschke? Ja, genau das war es! Er würde Frau Jeschke besuchen und sie um Rat fragen. Das mit Muck hatte er ihr auch noch nicht erzählt.
Lippel beschloss, die Hausaufgaben irgendwann später zu machen. Er schlich aus dem Haus, damit Frau Jakob ihn nicht hörte, und ging über die Straße zu
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