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Lippels Traum (German Edition)

Lippels Traum (German Edition)

Titel: Lippels Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Maar
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herlief. »Das ist ja sein Haus!«
    Asslam gab keine Antwort, durchquerte den Flur, öffnete eine Tür und schlug sie gleich wieder zu, denn dahinter befand sich das Frauengemach, fand endlich die Haustür und zog Lippel mit sich hinaus.
    Sie befanden sich in der Gasse, die an der anderen Seite des Gartens vorbeiführte.
    Als der Mann bei seiner Haustür anlangte, waren die beiden schon hinter einer Biegung verschwunden und in Sicherheit.
    »Warte, bis wir bei meiner Schwester sind«, sagte Asslam. »Sonst muss ich alles zweimal erzählen.«
    Vorsichtig gingen sie zur Herberge, immer auf der Hut vor den Wächtern, und kamen unbehelligt dort an.
    Hamide war außer sich vor Freude, umarmte bald Asslam, bald Lippel und sagte: »Ich hätte nicht geglaubt, dass Lippel dich finden würde. Er ist wirklich ein Zauberer!«
    »Wo bist du gewesen?«, wollte Lippel nun endlich von Asslam wissen. »Und wo ist Muck?«
    »Muck? Ich weiß es nicht. Ich kann nur hoffen, dass er nicht tot ist«, sagte Asslam niedergeschlagen. »Ich werde euch jetzt alles erzählen:
    Heute Nacht lag ich lange wach und dachte nach.
    Mein Lehrer Sindbad hatte mir gesagt, dass ich sieben Tage lang nicht reden durfte.
    Ich lag da und zählte und rechnete – aber ich war mir nicht sicher: Waren seitdem sechs Tage vergangen oder sieben?
    Der Einzige, der mir helfen konnte, war Sindbad.
    Ich musste zu ihm! Aber das war gefährlich. Sein Haus steht gleich neben dem Palast. Am Tag hätte man mich entdeckt und gefangen genommen.
    So beschloss ich, in der Nacht zu ihm zu gehen.
    Ihr beide habt tief geschlafen. Ich wollte euch nicht wecken. Ich hatte ja vor, bis zum Morgen wieder zurück zu sein.
    Nur Muck wurde wach, als ich aus dem Zimmer schlich, und folgte mir.
    Ich klopfte an Sindbads Tür, um ihn zu wecken, und hörte seine Schritte im Haus. Er öffnete die Tür einen Spalt.«
    »Allah sei Dank!«, rief Hamide. »Der gute Mann! Und dann hat er dich schnell ins Haus geholt.«
    »Das hat er eben nicht!«, erzählte Asslam weiter. »Er sah mich, schrie auf und schlug die Tür schnell wieder zu.
    Und ich stand draußen im Dunkeln und wusste nicht, was ich tun sollte.
    Hatte mein alter Lehrer Angst, mich hineinzulassen, weil ich ein Verbannter war? Ich hatte ihn immer für meinen Freund gehalten!
    Während ich so vor dem Haus stand und überlegte, ob ich ein zweites Mal klopfen oder lieber gleich weggehen sollte, öffnete er noch einmal die Tür.
    ›Bist du Asslam?‹, fragte er. Ich nickte. Hatte ich mich denn so verändert, dass er mich nicht wiedererkannte?
    ›Lebst du oder bist du sein Geist?‹, fragte er.
    Wie hätte ich antworten sollen? Ich durfte ja nicht reden.
    So streckte ich ihm meine Hand entgegen, damit er sie ergreifen und fühlen konnte, dass ich kein Geist war.
    Er fasste sie und zog mich schnell in sein Haus.
    ›Du lebst?‹, fragte er fassungslos.
    Ich hätte am liebsten gesagt: ›Wieso denn nicht?!‹ So zuckte ich mit den Schultern und gab ihm mit den Händen ein Zeichen, dass ich schreiben wollte.
    Er brachte mir eine Tafel und einen Griffel. Zuerst schrieb ich die Frage auf, die mich am meisten bewegte: Wann darf ich wieder sprechen?
    Auf seinem Arbeitstisch lag ein ganzer Berg von beschriebenen Wachstäfelchen, Pergamenten und Holzbrettchen. Er suchte darunter nach meinem Horoskop, fand es und studierte es lange. Ich stand ungeduldig daneben.
    Schließlich sagte er: ›Da Mitternacht vorbei ist, sind die sieben Tage abgelaufen. Du darfst sprechen.‹
    Endlich!
    Ich fragte ihn gleich, warum er mich mit einer so seltsamen Frage empfangen hatte, und ich erfuhr, dass man uns alle für tot hält.«
    »Tot?«, fragte Hamide. »Aber warum denn?«
    »Als die Wächter aus der Wüste zurückgekehrt waren, haben sie im Palast berichtet, wir wären alle drei nicht mehr am Leben«, erzählte Asslam. »Sie sagten, wir seien während eines Sandsturms geflohen, sodass sie uns nicht verfolgen konnten. Wir wären im Sturm umgekommen.«
    »Warum haben sie das gesagt?«, fragte Hamide entsetzt. »Sie wissen doch, dass wir nicht tot sind.«
    »Ich kann es mir denken«, sagte Lippel. »Sie wollten den zweiten Beutel mit Goldstücken von eurer Tante. Den sollten sie erst bekommen, wenn wir tot sind. Sie haben einfach behauptet, wir wären in der Wüste umgekommen, und haben das Geld kassiert.«
    »Genauso ist es«, bestätigte Asslam. »Als unser Vater die Nachricht von unserem Tod hörte, war er völlig verzweifelt. In seinem Schmerz hat er sich immer

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