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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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raus. Die restlichen München-Kondome sind in meiner anderen Jacke …«
    »Moment mal.«
    Ich schälte mich aus seinen Armen und ging rüber in Toms Zimmer, wo ich allerhand Schubladen aufzog und durchwühlte, bevor ich so ein Gummiding fand. Tom würde es mir schon verzeihen.
    Wir schliefen miteinander, so normal wie nie zuvor, und trotzdem – oder gerade deshalb – war es fast schöner als alle anderen Male. Hinterher umklammerte ich Jans Oberkörper, als fürchtete ich, in meinem eigenen Bett zu ertrinken, und hoffte, daß dieser Moment nie vorübergehen würde.
    Wie hatte es zum Teufel nur dazu kommen können? Ausgerechnet ich, die nie von einem Mann abhängig sein wollte, versank in einem Meer triefender Seifenoperngefühle, ich wurde zu einerFilmheldin, die genau die Sätze über die Lippen brachte, die ich Jahr für Jahr und voller Abscheu aufs Papier gerotzt hatte, und das Schlimmste an der Sache war, daß sich eine echte Verzweiflung in mir auszubreiten begann. Ich wollte nicht mehr auf Jan verzichten, und je mehr sich der Gedanke in mir festsetzte, desto klarer trat die Wahrheit zutage: Es würde keine Zukunft für uns geben.
    Wenn wir sonst nach dem Sex immer herumgealbert hatten, waren wir diesmal still. Ich legte die Matthäuspassion auf, ab und zu küßten wir uns, und es wäre mir auch egal gewesen, wenn Tom nach Hause gekommen wäre.
    »Das habe ich befürchtet«, sagte Jan plötzlich mitten in die Arie »Ich will dir mein Herze schenken …«, während er sich weit über mich rüberlehnte und in seiner Jackentasche nach seinen filterlosen Zigaretten suchte.
    »Was meinst du?«
    »Daß ich mich hier wohl fühlen würde.« Er zögerte, seine Zigarette anzuzünden, sah mich aus moosgrünen Augen an. Chamäleon, dachte ich, und dann hörte ich ihn sagen: »Am liebsten würde ich gar nicht mehr weggehen.«
    »Keine Sehnsucht nach deinen kleinen Sonnenscheins?« In schnulzigen Momenten wie diesen war Zynismus das einzige, was half. Und vermutlich traf ich damit auch ins Schwarze. Jan rauchte, sagte dabei keinen Ton. Die Stimmung hatte eindeutig einen Dämpfer bekommen, und es wunderte mich nicht groß, daß Jan seine Zigarette schon nach ein paar Zügen wieder ausdrückte und mich fragte, ob er duschen könne.
    »Ja. Das Bad ist gegenüber.«
    Jan ging. Allein. Sonst duschten wir immer zusammen. Ich lag auf dem Bett, rauchte ganz gegen meine Gewohnheit ebenfalls eine, und freute mich, daß ich immerhin seinen Geruch in meiner Bettwäsche hatte.
    Als Jan kurz darauf wiederkam, hatte sich seine Laune gebessert. Schmatzend küßte er mich auf den Mund. Ich wehrte ihn ab und fragte ihn etwas mißmutig, ob seine Gefühle für mich etwa durch die Ausweglosigkeit der Situation begünstigt würden.
    »Nein. Ich liebe dich. Einfach so. Ohne Katharina und die Kinder wäre es dasselbe.«
    Ich nahm ihn in den Arm, glücklich – genau das war es doch, was ich hören wollte. Auch wenn ich mir immer noch nicht sicher war, wie ich auf diese Frage geantwortet hätte.
    Die Woche ging damit rum, daß ich die Folge »Irrungen und Wirrungen« zu Ende schrieb, einmal auf Mäxchen aufpaßte, ein anderes Mal eine heulende Greta zu beruhigen versuchte. Gut, sie war nicht schwanger, aber sie hatte Micha entschieden zu verstehen gegeben, daß sie kein zweites Kind wollte, was er natürlich überhaupt nicht einsah.
    Es war nicht meine Aufgabe, Greta zu sagen, daß sie sich von ihm trennen mußte, ich durfte es ihr noch nicht mal nahelegen, schließlich ging es um ihre Familie. Trotzdem konnte ich es als beste Freundin nicht mit ansehen, wie sie sich kaputtmachte, und ich bot ihr an, daß sie für den Fall der Fälle bei mir unterschlüpfen könne.
    »Du wohnst doch mit Tom zusammen.«
    »Danke für den Hinweis.«
    »Willst du ihn rausschmeißen? Oder dachtest du an eine Ménage à quatre?«
    »Tom ist schon lange fällig. Außerdem fände ich es viel netter, wenn du und Mäxchen, ihr beide …«
    »Aber Tom ist dein Partner!«
    »Tom ist nicht mal mehr wohngemeinschaftstauglich.«
    Es war merkwürdig, daß Greta sich schon eine ganze Zeitlang nicht mehr zu Jan geäußert hatte. So als fürchtete sie, irgendwelche Steine loszutreten, die mit Getöse den Hang runterpolterten, um schließlich auch noch eine ganze Lawine mitzureißen.
    Greta starrte mich an, ging dann in die Küche, um uns was zu trinken zu organisieren, und rief von draußen: »Micha will, daß ich zu meinem Geburtstag ein Essen mache.«
    »Und was willst

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