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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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zwei Beine aus, um mir ein komplettes hoteltaugliches Frühstück ans Bett zu bringen. Mein Gott! Was wollte ich da mit einem Jan, der auf ausgefallene Nummern stand?
    Wie ein altes Ehepaar saßen Hans und ich Schulter an Schulter in weichen Kissen, mit beiden Händen hielt ich meine Milchkaffeeschale fest und dachte: So hast du dich bei Jan nie gefühlt.
    »Willst du noch Kaffee?«
    »Gern.«
    Hans stand auf; er hatte auch so ein Ding zwischen den Beinen baumeln, mit dem ging er jetzt raus, es war doch alles okay. Nach dem Frühstück rutschten wir einfach eine Etage tiefer, ich bediente mich seiner, und wenn ich nicht weiter darüber nachdachte, fühlte ich mich fast glücklich.
    Tom saß in der Küche und las den »Spiegel«, als ich nach Hause kam.
    »Morgen!« Ich hatte es gerade noch gut gelaunt hinausgeschmettert, doch als ich in die leere Lavazza-Dose schaute, wurde ich wütend. »Kannst du nicht auch mal für Nachschub sorgen?«
    »Nachher.« Tom sah kaum von seiner Zeitschrift hoch.
    »Ich will aber jetzt einen Cappuccino, und ich sehe überhaupt nicht ein, daß du hier wie in einem Selbstbedienungsladen ein- und ausgehst, und wenn der Kaffee alle ist, ist es dir auch egal, die Alte wird schon neuen besorgen!«
    »Ich wette, du kommst gerade vom Frühstück.« Tom guckte mich immer noch nicht an, schob mir aber netterweise seine halbleere Tasse rüber.
    »Ja, aber du weißt doch, daß mich Sex immer kaffeesüchtig macht.«
    Jetzt reagierte Tom mit einem fast beleidigten Gesichtsausdruck. Was für ein Wunder, daß er überhaupt noch eifersüchtig sein konnte!
    Ich nahm ganz cool seine Tasse und trank sie laut schlürfend aus. Je mehr Kaffee, desto besser wird der Sex gewesen sein – das war hoffentlich das, was er gerade dachte.
    Ohne jedoch nachzuhaken, vertiefte er sich wieder in seine Lektüre. Ich öffnete derweil meine Post, die Tom in der Mitte des Tisches zu zwei korrekten Häufchen geschichtet hatte. Ganz unten lag ein Brief mit einer mir unbekannten Handschrift. Absender: Witthusen. Aha. Der Kerl lebte also noch. Mein Herz klopfte nicht mal, obwohl es das eigentlich tun sollte. Mit Sicherheit eine Absage. Die schönen Dinge des Lebens kamen meistens per Telefon.
    »Ich muß was mit dir besprechen«, sagte Tom, und ich wunderte mich, daß er durch das Vakuum, das zwischen uns lag, überhaupt zu verstehen war.
    »Ja.« Ich überflog den Brief. Sehr geehrte Frau Kahle … Seit wann siezte mich dieser Idiot? Ralf teilte mir sehr höflich, aber distanziert mit, daß mein Probedrehbuch sehr gut angekommen sei (o Wunder!), aber um möglichst effektiv arbeiten zu können, würde man mit acht bereits bekannten Autoren beginnen. Falls jedoch der eine oder andere abspringen würde, wäre ich die nächste auf der Liste …
    Ich legte den Brief beiseite, als sei er nichts weiter als eine Telefonrechnung, ärgerte mich nur darüber, daß es in Ralf WitthusensWelt keine Autorinnen gab und daß ich es in der Zwischenzeit noch nicht geschafft hatte, das Schäfer-Drehbuch in eine vernünftige zweite Fassung zu bringen.
    Tom hatte die ganze Zeit über geredet, aber seine Sätze waren allesamt an mir vorbeigerauscht.
    »Was meinst du?« fragte ich unkonzentriert nach.
    »Ich hab gesagt, wir sollten Nägel mit Köpfen machen und uns trennen.«
    »Ah ja, gut«, erwiderte ich und nahm noch einen Schluck von dem Kaffee, der inzwischen kalt geworden war.
    »Ah ja, gut? Ist das alles, was dir dazu einfällt?«
    »Wenn du ausziehst, ja.«
    Tom stand auf und ging raus. Ich wunderte mich, warum ich so wenig fühlte.
    Während wir uns jahrelang mit unserer Entscheidungslosigkeit herumgequält hatten, ging jetzt alles Schlag auf Schlag. So sehr ich mich auf Greta und den kleinen Hosenscheißer freute, überkam mich doch auch plötzlich das Gefühl, ich könnte Tom ganz schrecklich vermissen. Unsere (damals!) gemeinsamen Frühstücke (Croissants und Marmelade), bei denen die Feuilletons der Tageszeitungen (ab zwei aufwärts) in einer genau definierten Reihenfolge gelesen wurden, und wenn der Kaffee ausgetrunken war, ging Tom ganz selbstverständlich an die Maschine, um neuen zu kochen. Sicher – das war einmal, und lang ist’s her –, aber Rituale dieser Art fielen mir zu Hunderten ein: Fischbrötchen von Daniel Wischer, weil sie dort am besten waren, nachts aufstehen und gemeinsam Spaghetti futtern, eine Flasche Vin de Pays dazu, Ferien in Spanien, Kuba, Brasilien, die vielen Fotos, die wir würden aufteilen müssen – was

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