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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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den Tisch.
    »Seit wann küssen wir uns mit Kondom?« fragte ich.
    »Sicher ist sicher!«
    Wir begannen uns auszuziehen, jeder seine eigenen Klamotten.
    »So was kann auch nur jemand wie du einfädeln!« sagte ich unter Lachen.
    »… gar nichts eingefädelt!« Jan hatte den entschiedenen Vorteil,daß er jederzeit wie ein unschuldiger kleiner Junge aussehen konnte, der nie und nimmer etwas ausfraß.
    »Mit Kondom in der Tasche … Das nenne ich vorsätzlichen Beischlaf. Und dann die Geschichte mit den Geistern und dem Teufel … Und den Tisch einfach leerzuräumen …«
    Weiter kam ich nicht, weil wir gerade dabei waren, einen wirklich sehr schönen Beischlaf auf einem genauso schönen Tisch zu begehen.
    In den nächsten Tagen legte ich alle mir zur Verfügung stehenden Männer ad acta und gönnte mir den Luxus, von morgens bis abends am Schreibtisch zu hocken, um meine diversen Familien mit ihren Intrigen, Eifersüchteleien und Liebeleien auf die Reihe zu kriegen. Mittags spielte ich zur Erholung mit Mäxchen, abends kochten Greta und ich zusammen und überboten uns dabei an außergewöhnlichen Kreationen. Huhn indisch zum Beispiel oder Nudeln mit Pecorino-Pesto oder Pot-au-feu de lapin. Ich legte ein bißchen an Gewicht zu, spezialisierte mich auf Truffaut-Filme und streichelte abends meinen Computer, wenn er mir wieder mal beim Erfinden besonders schöner Dialoge geholfen hatte.
    Jan rief an.
    »Ich möchte dich im Moment nicht sehen«, sagte ich.
    Hans rief nicht an; nur Paul durfte einmal zu Besuch kommen, um mir mitzuteilen, daß Hans ganz außerordentlich litt. Also meldete ich mich bei ihm und überredete ihn, sich doch mit mir im Café zu treffen.
    Ich ging als Landpomeranze verkleidet hin. Vielleicht war es eine Milchmädchenrechnung, aber ich dachte, wenn Hans mich als graue Maus vor sich sähe, würde es ihm leichter fallen, mich als »Nur«-Freundin zu akzeptieren. »Nur«-Freundinnen betonten ihre Hüften und die Rundung ihrer Oberschenkel, sie hatten möglichst keine Taille, einen unförmigen Busen, und ihre Haare stießen fettig auf den Schultern auf. Gut machten sich auch prämenstruelle Pickel oder gerade abklingende Pickel, die auf der Haut bräunliche Flecken hinterließen.
    Ich gab mein Bestes, indem ich mich nicht schminkte, eine zu enggewordene Jeans zu einem unförmigen V-Pullover anzog. Darüber zog ich eine anorakähnliche Jacke in einem häßlich modrigen Farbton.
    »Wie siehst du denn aus?« fragte Greta, als ich gerade die Wohnung verlassen wollte. Zu allem Überfluß fing Mäxchen bei meinem Anblick entsetzlich zu plärren an.
    »Man muß sich ja nicht immer aufstylen«, sagte ich lässig.
    »Stimmt. Muß man nicht.« Greta kicherte. »Solche Abschrek-kungsmanöver funktionieren aber nur unter Pubertierenden.«
    »Ich finde, ich bin in der Hochpubertät.«
    »Na, dann. Waidmannsheil!«
    Ich drückte dem immer noch plärrenden Mäxchen ein Küßchen auf die Speckwange und ging.
    Hans hatte sich mit mir aus unerfindlichen Gründen im »Mövenpick« verabredet, ein Lokal, das jede Erotik im Keim erstickt. Wie gut, daß ich mich passend dazu gekleidet hatte.
    Da ich noch etwas früh dran war, machte ich einen Abstecher ins »Alsterhaus«. Ich brauchte unbedingt Lederknöpfe für einen alten Wintermantel.
    »Katja?«
    Ich kannte die Frauenstimme nicht sofort, aber als ich mich umdrehte, erschrak ich derart, daß mir nicht mal Zeit blieb, rot zu werden. Katharina stand vor mir, blühend und dezent geschminkt, und hielt an der rechten Hand ein Kind, das ich erst nicht anzusehen wagte.
    Wir wechselten ein paar belanglose Worte, bald hatte ich mich wieder unter Kontrolle, und dann sagte Katharina: »Das ist übrigens Timmi. Er wollte unbedingt Spielzeug angucken gehen.«
    Ich hockte mich kurz hin. »Hallo, Timmi«, flüsterte ich und schaute in zwei lachende Kinderaugen. Man sah ihm seine Behinderung kaum an, er war nur etwas dicklich – jetzt patschte er mit seinen Händchen auf meinen Knien herum, er juchzte dabei, und ich schämte mich zu Tode, daß ich Jan jemals zu nahe getreten war. Nie und nimmer könnte ich dieser Frau den Mann und diesem Kind seinen Vater wegnehmen!
    Katharina strahlte genauso wie ihr Kind. Sie trug einen wunderschönenschwarzblauen Redingote, so daß ich mich in meinem Aufzug plötzlich genierte.
    »Ich habe immer schon zu meinem Mann gesagt, wir sollten Greta und ihre Freundin unbedingt mal zum Essen einladen«, sagte Katharina.
    »Ja, das wäre schön«, log ich und

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