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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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einzigartig.«
    »Wieso das?«
    »Es spukt dort.«
    »Na, dann …«, sagte ich und ärgerte mich, daß Jan zu feige war, unser Spezialthema anzusprechen.
    Lachend schnappte er sich den grünen Stuhl und stellte ihn an meine Seite. Geräuschvoll rückte ich von ihm ab. Ich wollte nicht, daß mich sein Geruch anmachte.
    »Hast du was gegen mich?«
    »Ja. Zumindest hier.«
    »Aber die Wände haben keine Augen und Ohren.«
    »Wer weiß. Wenn es schon auf dem Dachboden spukt …«
    Obwohl ich Vollkornbrötchen nicht besonders leiden kann, nahm ich eins und schnitt es auf.
    » Quittenmarmelade?«
    »Ih, zum Teufel!«
    »Der ist im übrigen auch manchmal oben.« Jan öffnete die Quittenmarmelade und roch genüßlich daran. »In der Wäschetruhe. Wußtest du, daß Teufel Wäschetruhen lieben?«
    »Schon mal gehört«, sagte ich betont gleichgültig. »Aber sie hassen Kälte. Und auf dem Dachboden ist es bestimmt kalt.«
    »Nein«, ereiferte sich Jan, »wir haben oben Kälteteufel. Die kommen ursprünglich aus Sibirien.«
    »Erzählst du deinen Kindern auch so gräßliche Geschichten?« fragte ich, während ich ein paar Sonnenblumenkerne von meinem Brötchen pulte und sie in den Mund steckte.
    »Du hältst mich wohl für geschmacklos?« Er grinste.
    »Und daß ich Angst bekomme, ist dir egal.« Ich griff nach einemNutellaglas, das vermutlich ausschließlich für die Kinder bestimmt war. Nutella, die zweite.
    »Du brauchst keine Angst zu haben.« Er nahm meine Hand und beugte sich vor, wohl um mich zu küssen.
    »Laß das«, sagte ich schroff. »Sonst halte ich dich wirklich für geschmacklos.«
    Wir aßen eine Weile schweigend, dann fragte ich Jan, wer eigentlich zuerst in der Wohnung gewohnt habe, sie oder er.
    »Katharinas Tante. Als sie ins Altersheim gekommen ist, haben wir hier renoviert und sind gemeinsam eingezogen.«
    »Hast du die Spukgeschichte deinen Kindern erzählt?« fragte ich weiter, bevor unsere Unterhaltung wieder zu ersterben drohte.
    »Nein.«
    »Also spukt es auch nicht.«
    »Doch.«
    »Du hast sie nicht mehr alle.«
    »Willst du Beweise?«
    »Na klar.«
    »Gut. Dann gehen wir jetzt rauf.«
    »Moment.«
    Gierig bestrich ich die andere Hälfte des Vollkornbrötchens. Mein Magen hatte mir die gestrige Sauferei wohl wieder verziehen.
    »Willst du auch noch deinen Kaffee mit nach oben nehmen?« Jan zwickte mich in die Seite, aber ich schob seine Hand weg und trank schnell die Tasse aus.
    Stumm stiegen wir dann hintereinander die zwei Treppen nach oben. Erst als Jan seine Schlüssel zückte, fand er auch seine Sprache wieder. »Uns gehören zwei Bodenräume. In diesem hier sind meine Sachen von früher.«
    »Was für Sachen?« fragte ich, während wir einen etwa sieben Quadratmeter großen, leicht modrig riechenden Speicher betraten. Sonnenlicht fiel durch die Dachluke direkt auf einen mit Kisten bepackten Tisch, der haargenau wie der Tisch aussah, den ich mit Greta gekauft hatte.
    »Das gibt’s doch nicht«, murmelte ich.
    »Was meinst du?« fragte Jan.
    »Ach, nichts.« Ich ging zu dem Tisch, um ihn genauer zu untersuchen. Er sah meinem wirklich erschreckend ähnlich, nur mit dem Unterschied, daß dieser hier ausrangiert war.
    Gut gelaunt begann Jan, Kisten mit Büchern und Papieren auf den Boden zu stellen.
    »Warum tust du das?«
    »Damit du den Tisch besser sehen kannst.«
    »Hör mal, wir spielen hier nicht Rotkäppchen und der Wolf.«
    »Wäre aber schön. Ich würde dich nämlich gern fressen.«
    Ich ging nicht weiter auf seine Bemerkung ein, fragte ihn statt dessen, was denn nun in den Kisten sei.
    »Alte Bücher. Uni-Unterlagen. Eben langweiliges Zeug.«
    »Warum bewahrst du dann alles auf?«
    »Es ist mir schon immer schwergefallen, mich von bestimmten Dingen zu trennen.«
    Jan sah mich kurz aus schmalen Augen an, fuhr dann mit seiner Arbeit fort. Vielleicht war ihm auch gerade aufgegangen, was er da eigentlich gesagt hatte. Er trennte sich nicht gern. Mit Sicherheit nicht von mir, aber noch weniger von seiner Familie und seinen Kindern – daran gab es keinen Zweifel. Ganz abgesehen davon, daß es für ihn doch äußerst bequem war, die Sache einfach so weiterlaufen zu lassen.
    »Bitte küß mich jetzt nicht«, hörte ich mich sagen.
    »Das hatte ich aber gerade vor.« Im selben Moment war Jans Mund an meinem Ohr. »Was ich in Italien gesagt habe, gilt immer noch.«
    »Du bist ein Spinner. Los, küß mich endlich!«
    »Ja! Moment!«
    Jan zog ein Gummi aus seiner Hosentasche, hievte mich dann auf

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