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Listiger Freitag

Listiger Freitag

Titel: Listiger Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Wendeltreppe aus rotem Schmiedeeisen bis zum Kraterboden hinunter.
    »Beeil dich!«, rief Harrison ihr zu. Er brachte die Schläfer zum Seeufer und war inzwischen schon dreißig oder vierzig Meter voraus, während Blatt noch die Kraterwände und die Kuppel bestaunte.
    Sie schenkte ihm keine Beachtung und sah sich weiter um. Außer der Tür, durch die sie herausgekommen waren, gab es mindestens ein Dutzend weiterer, die sich auf Höhe des Kraterrandes verteilten. Aber vermutlich gelangte man auch dort nur in den Berg zurück, was ihr gar nichts nützte. Und selbst wenn sie nach draußen in den Dschungel führten, nach dem Zusammentreffen mit der streunenden Samenschote glaubte sie Milka aufs Wort, dass man dort nicht hinwollte.
    Sie wollte allerdings auch nicht sehen, was mit den Schläfern passieren würde, aber es schien keine Alternative zu geben. Der Krater bestand ganz und gar aus glattem grauem Gestein, nirgends ein Felsvorsprung oder etwas, wohinter man sich hätte verstecken können. Der See schied als Fluchtweg auch aus, es sei denn, sie könnte plötzlich unter Wasser atmen.
    »Nun mach schon!« Harrison war jetzt unten am Seeufer und wies die Schläfer an, sich in einer Reihe mit dem Gesicht zum Wasser aufzustellen. Genauer gesagt mit dem Gesicht zu einer schlanken Säule aus dunklerem Stein, die sich exakt im Zentrum des Sees und damit auch im Zentrum des Kraters erhob. Sie war an der Wasseroberfläche ungefähr sechs Meter breit und lief in fünf Metern Höhe in ein flaches, ein Meter breites Kapitell aus.
    Blatt machte sich auf den Weg zum See, hielt aber weiter Ausschau nach einem Versteck. Dabei bemerkte sie Bewegung auf dem Balkon der Zwölf-Uhr-Position. Dort reckten mehrere Bürger ihre Flügel, ohne dass diese den violetten Schein der Umgebung annahmen. Sie hatten eine leuchtend gelbe Farbe wie Eidotter. Blatt beobachtete, wie sich vier der Bürger vom Balkon abstießen. Sie trugen einen an Seilen aufgehängten Stuhl, einen silbernen Stuhl mit hoher, geschwungener Rückenlehne, der fast wie ein Thron aussah.
    Ein albernes Ding, dachte Blatt. Und man muss kein Genie sein, um zu erraten, für wen er ist …
    Sie verlangsamte ihre Schritte und sah sich noch einmal nach einem Versteck um. Harrison rückte unterdessen die letzte Schläferin zurecht, mit deren Position er noch nicht zufrieden war, und bog ihr den Kopf in den Nacken, bis auch sie auf den Pfeiler im See starrte.
    Blatt erspähte einen Schatten auf dem Gestein – eine Ritze, die vielleicht breit genug war, dass sie hineinklettern konnte. Sie lief zu der Stelle hinüber und untersuchte sie kniend: Es war eine sehr enge Spalte, doch schien sie nach innen weiter zu werden. Sie war auch nur einen Meter tief, aber in einer Ecke sah sie ein Loch, das möglicherweise tiefer führte.
    Sie holte Luft und kletterte hinein. Es war wirklich knapp, und sie schürfte sich die Hüfte auf, als sie sich zappelnd hineinzwängte, aber dann war sie drin. Blatt seufzte und krabbelte zu dem Loch. Wie sie gehofft hatte, führte es tiefer in den steinigen Boden hinein – wie tief, war unmöglich zu sagen, denn das violette Sonnenlicht drang nur bis zu seinem Rand vor, und dahinter war es stockfinster.
    Sie schickte sich gerade an, trotzdem hineinzukriechen, als ihr ein vertrauter Geruch in die Nase stieg. Vertraut, aber abstoßend, ein Geruch, der sie augenblicklich zurückschaudern ließ, obwohl sie ihn nicht sofort erkannte. Es war eine feuchte, faulige Ausdünstung, von der ihr sofort schlecht wurde, und im nächsten Moment erinnerte sie sich, woher sie den Geruch kannte.
    Der willenlos machende Pilz, den sie erbrochen hatte, hatte genauso gerochen …
    Blatt wich zurück und schrammte sich zu ihrer Hüfte noch die Ellbogen auf, als sie versuchte, sich noch schneller aus der engen Ritze herauszuwinden, als sie hineingeklettert war. Schon schob sich eine dünne graue Ranke zitternd aus der Dunkelheit und betastete langsam die Stelle, wo Blatt eben noch ihre Füße gehabt hatte.
    Blatt warf sich hastig nach hinten, was ihr eine schmerzhafte Landung bescherte. Aber sie rappelte sich sofort auf und krabbelte auf allen vieren mit einem schluchzenden Schrei von dem Felsspalt weg, bis sie sich plötzlich vor Harrisons Füßen wiederfand. Er half ihr hoch, während sie schrie: »Der Pilz! Der einen willenlos macht!«
    »Der graue Kriecher?«, fragte Harrison. »Die Sporen finden gelegentlich den Weg herein und wurzeln in den Ritzen. Ist nicht so schlimm, diese Art;

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