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Listiger Freitag

Listiger Freitag

Titel: Listiger Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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blickte aus dem Fenster auf das knarrende, vereiste Wasserrad: eine gewaltige und bedrohliche Maschine, die in der zunehmenden Dunkelheit noch unheimlicher wirkte. Er beobachtete, wie es sich drehte – vielleicht langsam genug, um auf eine der flachen, etwa ein Meter breiten Speichen hinauszuklettern und sich zu Boden tragen zu lassen. Dann würden die Bringer auf der südlichen oder östlichen Seite nichts davon mitbekommen. Andernfalls würde er in den Kanal stürzen und ertrinken, wenn er nicht schon vorher erfror.
    Es war tatsächlich langsam genug, schätzte Arthur, dennoch bliebe es ein gefährlicher Weg bis ans Kanalufer. Der einzige andere Weg führte allerdings durch die Schar der Bringer und an Samstags Abenddämmerung vorbei, und zu dieser Variante hatte Arthur kein Vertrauen, wenigstens nicht ohne Zuhilfenahme des Schlüssels.
    »Ugham!«, rief Arthur. »Erzählen Sie Samstags Abenddämmerung, Sie müssten hineingehen, um mich zu rufen. Sagen Sie ihm, er soll in einer halben Stunde wiederkommen. Das sollte uns einen brauchbaren Vorsprung verschaffen.«
    »Was werden wir tun?«, wollte Fred wissen.
    Arthur zeigte aus dem Fenster.
    »Wir werden auf eine Speiche des Rades klettern, uns nach unten tragen lassen und abspringen, bevor sie das Wasser berührt. Dann schleichen wir uns in westlicher Richtung am Kanal entlang, dorthin, wo sich die Papierschieber aufhalten.«
    »Hmm«, meinte Susi. »Mit anderen Worten: Zurück die Kälte.«
    »Ja«, bestätigte Arthur. »Zurück in die Kälte.«

KAPITEL NEUN

     
     
    Blatt überlief ein kalter Schauder, als die Schlafwandler aus ihren Betten schlüpften und sich gemäß Harrisons Anweisungen in einer Reihe aufstellten. Es lag etwas Grausiges in dem leeren Blick ihrer halb geöffneten Augen und den schlaffen Bewegungen. Sie waren nicht mehr als Marionetten, nur dass die Fäden fehlten.
    »Folgt mir!«, rief Harrison durch den Trichter und ging auf die entfernte Tür zu. Dann fügte er in seiner eigenen dünnen Stimme hinzu: »Du auch, Blatt! Du bildest die Nachhut!«
    »Und wenn ich nicht will?«, fragte Blatt rebellisch und gab sich Mühe, angriffslustiger zu klingen, als ihr zumute war.
    »Ich kann dich auch von den Schläfern tragen lassen«, erwiderte Harrison. »Allerdings würden sie sich dabei verletzen. Bitte, es wäre leichter für alle, wenn du einfach mitkämst.«
    »Ich werde Ihnen nicht helfen, diese Leute in den Tod zu führen!«, erklärte Blatt.
    »Sie werden nicht getötet«, widersprach Harrison, mied

     
    aber Blatts Blick. »Sie werden hinterher noch genauso am Leben sein. Nun komm schon! Wir werden beide bestraft, wenn wir nicht rechtzeitig da sind.«
    »Ich mache dabei nicht mit«, stellte Blatt klar. »Aber ich will sehen, was draußen ist, deswegen komme ich mit.«
    »Du wirst es noch lernen«, meinte Harrison mürrisch. Er schob die beiden Riegel zurück, die die Außentür sicherten, und mühte sich anschließend mit der langen Klinke ab, bis man das Klicken einer großen, steifen Sperrvorrichtung hörte. Dann drückte er die Tür auf, indem er sich mit dem ganzen Körper dagegenstemmte und vor Anstrengung ächzte, denn die Tür war an die zehn Zentimeter dick und das äußere Türblatt mit einer Stahlplatte beschlagen.
    Ein violetter Sonnenschein strömte herein und tauchte alle Gesichter in einen unvorteilhaften Glanz. Blatt kniff die Augen zusammen, nicht weil es zu hell, sondern weil die Farbe einfach zu intensiv war, die zudem ein leichtes Gefühl der Übelkeit hervorrief.
    Draußen war es wärmer, und eine sanfte Brise, die einen eigenartigen, leicht erdigen Duft mit sich führte, strich Blatt durch das Haar. Der Duft rief Erinnerungen an Wälder in ihr wach, in denen sie früher gewandert war, aber er hatte auch Ähnlichkeit mit einem exotischen Gewürz.
    Der Boden bestand aus glattem grauem Gestein, aus erkalteter Lava, wie die welligen Muster verrieten. Der Fels fiel sanft zu dem See hinab, dessen Wasser normal aussah, wenn es auch durch das Licht ins Violette spielte.
    Blatt warf einen Blick hinter sich und stellte fest, dass die Kraterwand über hundert Meter hoch war. Sie hatte viele Fenster unterschiedlichster Größe und weit oben auch einige Türen, die durch Laufstege miteinander verbunden waren. Weiter um den Krater herum, vermutlich dort, wo nach dem Zifferblattschema die Zwölf zu finden war, fiel ihr ein breiter Eisenbalkon auf, gerade unterhalb der Stelle, wo die Kuppel begann. Von diesem Balkon führte eine

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