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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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lautete: TUT MIR SO LEID.
    Es tat ihm leid.
    Ich schaltete das Handy auf lautlos - und mich selbst ebenfalls. Die Lautlosigkeit hielt die ganze Woche an. Sie polterte im Taxi auf der Fahrt nach Hause. Sie heulte, als ich Charlie aus dem Kindergarten abholte. Sie knisterte in der Leitung, als ich mit meinen Eltern telefonierte. Sie dröhnte mir in den Ohren, als sich der Bestatter über die jeweiligen Vorteile von Eiche und Kiefer ausließ. Sie räusperte sich entschuldigend, als der für Nachrufe zuständige Redakteur der Times anrief, um einige letzte Details zu klären. Und nun war mir die Lautlosigkeit in die kalte, widerhallende Kirche gefolgt.
    Wie sollte ich einem vierjährigen Superhelden den Tod erklären? Wie das jähe Eintreffen des Kummers verkünden? Ich hatte es nicht einmal selbst akzeptiert. Als die Polizisten mir sagten, Andrew sei tot, weigerte sich mein Verstand, die Information zu verarbeiten. Ich denke, ich bin eine ganz normale Frau und ziemlich gut gerüstet, um mit den alltäglichen Katastrophen fertig zu werden. Unterbrochener Sex, harte Entscheidungen im Beruf und versagende Kaffeemaschinen - all das kann mein Verstand ohne weiteres hinnehmen. Aber mein Andrew, tot? Es schien noch immer undenkbar. Er hatte einmal mehr als sieben Zehntel der Erdoberfläche bedeckt.
    Und doch saß ich jetzt hier und starrte auf Andrews schlichten Eichensarg (Eine klassische Wahl, Madam), der im weiten Kirchenschiff ziemlich klein wirkte. Ein lautloser, widerwärtiger Traum.
    Mama, wo ist Pap? Ich saß in der vordersten Kirchenbank, die Arme um meinen Sohn gelegt, und stellte fest, dass ich zitterte. Der Pfarrer hielt die Totenrede. Er sprach in der Vergangenheit von meinem Mann. Es klang sehr schlüssig. Mir wurde bewusst, dass er nie mit Andrew in der Gegenwartsform zu tun gehabt, nie seine Kolumnen Korrektur gelesen oder gespürt hatte, dass er wie eine kaputte Uhr allmählich stehenblieb.
    Charlie wand sich in meinen Armen und stellte wieder seine Frage, dieselbe Frage, die er zehnmal am Tag stellte, seit Andrew gestorben war. Mama, wo ist Papa jetzt genau ? Ich beugte mich zu seinem Ohr und flüsterte: Heute Morgen ist er in einer besonders hübschen Ecke vom Himmel, Charlie. Dort gibt es einen schönen großen Raum, wo alle nach dem Frühstück hingehen, mit vielen interessanten Büchern und anderen Sachen.
    - Oh. Kann man da malen?
    - Natürlich, das kann man auch.
    - Tut mein Papa da auch malen?
    - Nein, Charlie, dein Papa macht das Fenster auf und sieht sich den Himmel an.
    Zitternd überlegte ich, wie lange ich wohl noch von Andrews Leben nach dem Tod erzählen müsste.
    Noch mehr Worte, dann Kirchenlieder. Hände ergriffen mich an den Ellbogen und führten mich nach draußen. Ich sah mich auf einem Friedhof neben einem tiefen Loch stehen. Sechs Sargträger in Anzügen senkten einen Sarg an dicken, grünseidenen Seilen mit Troddeln an den Enden in die Erde. Ich erkannte den Sarg, der vorn in der Kirche auf einem Gestell gestanden hatte. Der Sarg kam zur Ruhe. Die Bestatter holten die Seile mit einer einzigen geschickten Handbewegung ein. Ich weiß noch, wie ich dachte, das machen sie sicher jeden Tag, als wäre das eine brillante Erkenntnis. Jemand drückte mir einen Klumpen Lehm in die Hand. Mir wurde klar, dass man mich aufforderte - geradezu drängte -, ihn in das Loch zu werfen. Ich trat an den Rand. Man hatte das Grab sauber und ordentlich mit Kunstrasen eingerahmt. Ich schaute hinunter und sah den Sarg blass in der Tiefe schimmern. Batman klammerte sich an mein Bein und spähte mit mir in die Düsternis.
    »Mama, warum haben die Bruce-Wayne-Männer die Kiste in das Loch gestellt?«
    »Daran wollen wir jetzt nicht denken, Schatz.«
    Ich hatte in dieser Woche so viele Stunden damit zugebracht, Charlie den Himmel zu erklären - jedes Zimmer und jedes Bücherregal und jeden Sandkasten darin -, dass ich Andrews toten Körper völlig außer Acht gelassen hatte. Ich hatte geglaubt, es sei zu viel verlangt von meinem vierjährigen Sohn, die Trennung von Körper und Seele zu begreifen. Rückblickend habe ich den Jungen, der zur gleichen Zeit in Kingston-upon-Thames und Gotham City leben konnte, wohl unterschätzt. Wenn ich mich in aller Ruhe mit ihm hingesetzt und es ihm behutsam erklärt hätte, hätte er wahrscheinlich gut mit dieser Dualität leben können.
    Ich kniete mich hin und legte meinem Sohn den Arm um die Schultern. Es war als zärtliche Geste gedacht, aber in meinem Kopf drehte sich alles,

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