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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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sah, wie er den Kopf zum Funkgerät an seinem Revers neigte. Ich lächelte und dachte geistesabwesend an ein Projekt, das bei Charlie im Kindergarten lief. Es hieß »Die Polizei: Leute, die uns helfen«. Mein Sohn fand das selbstverständlich ganz und gar nicht einleuchtend. Charlie, mit Umhang und Maske in ständiger Alarmbereitschaft, war der Ansicht, eine stolze Bürgerschaft solle sich selbst helfen.
    Clarissa kam mit zwei Bechern Plastik-Latte zurück. In einem hatte die Kaffeemaschine einen Rührer aus durchsichtigem Acryl deponiert, im anderen nicht. Clarissa überlegte offenkundig, welchen sie mir geben sollte.
    »Die erste große Entscheidung des Tages«, sagte sie.
    »Ganz einfach. Ich bin die Chefin. Also bekomme ich den Löffel.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann werden wir vielleicht niemals deinen C-Punkt entdecken. Ich habe dich gewarnt.«
    Clarissa erbleichte und reichte mir den Kaffee mit dem Rührer.
    »Mir gefällt die Bagdad-Story«, sagte ich.
    Clarissa seufzte und ließ die Schultern hängen. »Mir auch, Sarah, natürlich. Das ist ein toller Artikel.«
    »Vor fünf Jahren hätten wir ihn gebracht. Ohne jede Frage.«
    »Vor fünf Jahren war unsere Auflage so niedrig, dass wir solche Risiken eingehen mussten.«
    »Und sind damit groß geworden - indem wir anders waren. Das sind wir.«
    Clarissa schüttelte den Kopf. »Groß werden ist etwas anderes als groß bleiben. Du weißt so gut wie ich, dass wir keine moralischen Geschichten servieren können, während die Konkurrenz Sex verkauft.«
    »Aber warum glaubst du, unsere Leserinnen seien dümmer geworden ?«
    »Darum geht es doch gar nicht. Ich glaube eher, unsere ursprünglichen Leserinnen lesen keine Frauenmagazine mehr. Sie haben sich weiterentwickelt, genau wie du es könntest, wenn du nur das verdammte Spiel mitspielen würdest. Du begreifst vielleicht nicht, wie groß du wirklich geworden bist, Sarah. Du könntest als Nächstes Chefin bei einer der großen Tageszeitungen werden.«
    Ich seufzte. »Wie spannend. Dann könnte ich Oben-ohne-Mädchen auf jede Seite setzen.«
    Mein fehlender Finger juckte. Ich schaute wieder zu dem Streifenwagen hinunter. Die beiden Beamten setzten die Uniformmützen auf. Ich klopfte mir mit dem Handy gegen die Schneidezähne.
    »Lass uns nach der Arbeit was trinken gehen, Clarissa. Du kannst gern deinen neuen Typen mitbringen. Andrew kommt auch mit.«
    »Ist das dein Ernst? In aller Öffentlichkeit? Mit deinem Ehemann? Ist das nicht schrecklich out?«
    »Vermutlich seit fünf Jahren.«
    Clarissa neigte sich zu mir. »Was willst du mir damit sagen,Sarah?«
    »Ich will dir gar nichts sagen, Clarissa. Dazu habe ich dich viel zu gern. Ich stelle mir nur selbst ein paar Fragen. Ich frage mich, ob die Entscheidungen, die ich vor fünf Jahren getroffen habe, vielleicht doch nicht so schlecht waren.«
    Clarissa lächelte resigniert. »Schön. Aber erwarte nicht, dass ich unter dem Tisch die Hände von seinen muskulösen Schenkeln lasse, nur weil er dein Mann ist.«
    »Wenn du das tust, Clarissa, schreibst du für den Rest deines Lebens Horoskope.«
    Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Ich sah auf die Uhr im Display. 10.5 Uhr. Seltsam, dass man sich an solche Einzelheiten erinnert. Es war das Mädchen vom Empfang, und sie klang unerträglich gelangweilt. Der Empfang war bei Nixie so etwas wie die Strafbank. Wenn ein Mädchen in der Redaktion zu sehr herumzickte, bekam sie eine Woche dort unten aufgebrummt.
    »Hier sind zwei Polizisten.«
    »Oh. Sie sind zu uns hereingekommen? Was wollen sie denn ?«
    »Gut, überlegen wir mal, weshalb ich wohl deine Nummer gewählt habe.«
    »Sie wollen zu mir?«
    »Sarah, du bist wirklich nicht ohne Grund unsere Chefin.«
    »Lass den Scheiß. Weshalb wollen die mit mir reden?« Pause.
    »Ich könnte mal fragen.«
    »Wenn es dir nicht zu viel Mühe macht.«
    Längere Pause.
    »Sie sagen, sie wollen im Büro einen Porno drehen. Sie sind gar keine echten Polizisten und sind unglaublich gut behängt.«
    »Herrgott noch mal, sag ihnen, ich komme runter.«
    5°
    Ich legte auf und schaute Clarissa an. Wieder sträubten sich die Härchen auf meinen Armen. »Die Polizei«, sagte ich.
    »Ganz ruhig«, meinte Clarissa. »Sie können dich wohl kaum verhaften, nur weil du einen ernsthaften Artikel bringen wolltest.«
    Im Fernseher hinter ihr war Jon Stewart zu sehen. Er lachte. Sein Gast lachte auch. Da ging es mir schon besser. In jenem Sommer, in dem so viel in Rauch aufging, musste man

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