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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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nicht.«
    »Ich habe ehrlich geredet, und du hast nicht zugehört.«
    Das Haus um mich herum war dunkel und still. Das einzige Geräusch kam von den Eiswürfeln, die in meinem Glas klirrten. Als ich sprach, brach meine Stimme.
    »Jetzt höre ich zu, Lawrence. Weiß Gott, ich höre zu.«
    Kurze Stille. Dann drang eine andere Stimme in die Leitung. Es war seine Frau Linda, die im Hintergrund rief: Wer ist da am Telefon ? Und Lawrence rief zurück: Nur jemand von der Arbeit.
    Oh, Lawrence. Als würde man »nur« sagen, wenn es wirklich jemand aus dem Büro wäre. Da würdest du einfach sagen Jemand von der Arbeit.
    Ich dachte an Linda und wie es sich anfühlen musste, Lawrence mit mir zu teilen. Ihr kalter Zorn - nicht weil sie gezwungen war, ihn zu teilen, sondern weil er so naiv war zu glauben, dass sie es nicht ganz genau wusste. Mir kam der Gedanke, dass der Betrug eine gewisse ungleichgewichtige Symmetrie in ihrer Beziehung geschaffen haben musste. Ich stellte mir den langweiligen Durchschnittsgeliebten vor, den Linda sich aus Rache genommen hatte - aus Trotz und übereilt. Es war zu schrecklich. Aus Respekt für Linda legte ich auf.
    Ich versuchte, meinen Gin Tonic ohne Zittern zu halten, und schaute zu Little Bee hinüber, die schlafend dalag. Die Erinnerungen an den Strand wirbelten durch meinen Kopf, ungeformt, sinnlos, furchtbar. Ich rief Lawrence noch einmal an.
    »Kannst du herkommen?«
    »Ich würde gern, aber heute Abend geht es nicht. Linda trifft sich mit einer Freundin, ich muss mich um die Kinder kümmern.«
    »Kannst du keinen Babysitter nehmen?«
    Ich merkte, dass ich bettelte, und verfluchte mich dafür. Auch Lawrence hatte meinen Tonfall bemerkt.
    »Liebes? Du weißt, dass ich kommen würde, wenn ich könnte.«
    »Natürlich.«
    »Kommst du ohne mich klar?«
    »Natürlich.«
    »Wie?«
    »Oh, ich werde wohl so klarkommen, wie britische Frauen immer klargekommen sind, bevor man die Schwäche erfand.«
    Lawrence lachte. »Schön. Hör mal, du wolltest meinen Rat. Können wir am Telefon darüber reden?«
    »Ja. Natürlich. Ich ... Also ... Ich muss dir etwas sagen. Es ist alles ein bisschen kompliziert. Little Bee ist heute Morgen hier aufgetaucht.«
    »Wer?«
    »Eines der nigerianischen Mädchen. Von dem Tag am Strand.«
    »Mein Gott! Du hast gesagt, die Männer hätten sie getötet.«
    »Ich war mir auch ganz sicher. Ich habe gesehen, wie die Männer sie weggeschleppt haben. Sie und die andere. Ich habe gesehen, wie sie schreiend und strampelnd über den Strand geschleift wurden. Ich habe ihnen nachgesehen, bis sie nur noch winzige Punkte waren, und etwas ist in mir einfach gestorben.«
    »Und jetzt? Ist sie einfach so vor deiner Tür aufgetaucht?«
    »Heute Morgen. Zwei Stunden vor der Beerdigung.«
    »Und du hast sie reingelassen?«
    »Würde das nicht jeder machen?«
    »Nein, Sarah. Die meisten Leute würden es nicht machen.«
    »Es war, als wäre sie von den Toten auferstanden, Lawrence. Ich konnte ihr schlecht die Tür vor der Nase zuschlagen.«
    »Aber was hat sie gemacht, wo war sie?«
    »Ist offenbar auf ein Schiff gelangt. Sie hat das Land verlassen und ist hergekommen. Dann war sie zwei Jahre in einem Abschiebegefängnis in Essex.«
    »Einem Abschiebegefängnis? Du lieber Himmel, was hat sie denn angestellt?«
    »Anscheinend werden Asylsuchende grundsätzlich dort eingesperrt.«
    »Zwei Jahre lang?«
    »Glaubst du mir etwa nicht?«
    »Ich glaube ihr nicht. Zwei Jahre Abschiebehaft? Sie muss etwas angestellt haben.«
    »Sie ist Afrikanerin und hat kein Geld. Ich nehme an, für beides hat sie je ein Jahr bekommen.«
    »Jetzt werde nicht sarkastisch. Wie hat sie dich gefunden?«
    »Sie hatte Andrews Führerschein. Seine Brieftasche war im Sand liegengeblieben.«
    »Oh, mein Gott. Und sie ist noch da?«
    »Sie schläft auf meinem Sofa.«
    »Du musst vollkommen fertig sein.«
    »Heute Morgen habe ich gedacht, ich verliere den Verstand. Es war so unwirklich.«
    »Warum hast du mich nicht angerufen ?«
    »Das habe ich doch. Dein Kindermädchen war spät dran, erinnerst du dich? Du hattest es eilig.«
    »Bedroht sie dich? Sag mir bitte, dass du die Polizei gerufen hast.«
    »Nein, so ist es nicht. Sie hat den ganzen Nachmittag richtig schön mit Charlie gespielt. Er war Batman, sie Robin. Ein tolles Team.«
    »Macht dich das nicht verrückt?«
    »Wenn ich jetzt verrückt werde, bin ich verloren.«
    »Aber was macht sie bei dir? Was will sie von dir?«
    »Ich nehme an, sie möchte eine Weile

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