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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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Ich benutzte viel rote Farbe. Als die Therapieassistentin sah, was ich malte, empfahl sie mir, nach vorn zu blicken. Ich sagte, Ja, Madam, es wird mir ein Vergnügen sein. Wenn Sie nur ein kleines Fenster für mich öffnen würden oder noch besser eine Tür, dann werde ich sofort mit Freuden nach vorn blicken. Ich lächelte, doch die Therapieassistentin fand das nicht komisch.
    Die Gruppenleiterin in Charlies Kindergarten fand mich auch nicht komisch. Ich wusste, dass sie die Gruppenleiterin war, weil sie einen Anstecker an ihrer grünen Schürze trug, auf dem Gruppenleiterin stand. Sie starrte mich an, sprach aber nicht mit mir, sondern mit Sarah. Sie sagte, Tut mir leid, wir können keine Besucher dulden, das ist gegen die Regeln. Ist das Ihr Kindermädchen? Sarah schaute von mir zu der Gruppenleiterin. Sie antwortete, Hören Sie, es ist ein bisschen kompliziert. Die Gruppenleiterin runzelte die Stirn. Schließlich durfte ich an der Tür stehen, während Sarah ins Zimmer ging und versuchte, Charlie zu beruhigen.
    Der arme Charlie. Sie hatten ihn gezwungen, sein Batmankostüm auszuziehen - damit hatte alles angefangen. Sie hatten ihn dazu gezwungen, weil er eingenässt hatte. Sie wollten ihn sauber haben, aber Charlie wollte nicht sauber sein. Er zog es vor, in seiner schwarzen Maske und dem Umhang zu stinken, statt in dem weißen Baumwolloverall, in den sie ihn gesteckt hatten, frisch zu riechen. Sein Gesicht war rot und mit Plakafarbe und Tränen verschmiert. Er heulte vor Wut. Sowie sich jemand näherte, schlug er mit seinen kleinen Fäusten um sich. Er biss und kratzte und schrie. Er stand mit dem Rücken in eine Ecke gepresst. Er schaute ins Zimmer und brüllte, NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN!
    Sarah ging zu ihm und kniete sich hin, so dass ihr Gesicht ganz nah an seinem war. Sie sagte, Ob, Liebling. Charlies Gebrüll verstummte. Er schaute Sarah an. Seine Unterlippe zitterte. Dann wurde sein Kiefer wieder fest. Er beugte sich zu seiner Mutter und spuckte. Er sagte, GEH WEG, ICH WILL MEINEN PAPA!
    Die übrigen Kinder mussten sich am anderen Ende des Zimmers im Schneidersitz auf den Boden setzen und bekamen vorgelesen. Die Kinder saßen mit dem Rücken zu Charlie, doch sie drehten sich immer wieder um und blickten mit blassen, verängstigten Gesichtern zu ihm hin. Eine Frau las ihnen eine Geschichte vor. Sie trug Jeans und weiße Turnschuhe und ein türkises Sweatshirt. Sie sagte gerade, Und Max zähmte sie, indem er DREH DICH UM UND SCHAU ZU MIR, CAITLIN, indem er ihnen unverwandt in die Augen sah und sagte, EMMA, KONZENTRIERE DICH BITTE, JAMES, HÖR AUF ZU FLÜSTERN, indem er ihnen unverwandt in die Augen sah und sagte, OLLIE, WÜRDEST DU JETZT BITTE NACH VORN SCHAUEN, HINTER DIR GIBT ES GAR NICHTS ZU SEHEN.
    Sarah kniete auf dem Boden und wischte sich Charlies Spucke von der Wange. Sie weinte. Sie streckte die Arme nach Charlie aus. Er drehte sich um und verbarg sein Gesicht in der Ecke. Die Frau, die vorlas, sagte, Seid still.
    Ich ging zu Sarah. Die Gruppenleiterin warf mir einen Blick zu, als wollte sie sagen, Du sollst doch an der Tür stehen bleiben. Ich antwortete mit einem Blick, der sagte, Wie können Sie es wagen? Es war ein sehr guter Blick. Ich hatte ihn von Königin Elisabeth der Zweiten gelernt, von der Rückseite der britischen Fünf-Pfund-Note. Die Gruppenleiterin machte einen Schritt zurück, und ich ging zu Sarah. Ich berührte ihre Schulter.
    Sarah blickte auf. »Oh Himmel«, sagte sie. »Der arme Charlie, ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Was tust du denn sonst, wenn er so ist?«
    »Ich komme irgendwie damit klar. Ich komme immer klar. Oh Gott, Bee, ich weiß nicht, was mit mir geschieht. Ich weiß nicht mehr, wie ich mit irgendetwas klarkommen soll.«
    Sarah schlug die Hände vors Gesicht. Die Gruppenleiterin führte sie beiseite, zu einem Stuhl.
    Ich ging zu Charlie in die Ecke. Ich stellte mich neben ihn und schaute auch in die Ecke. Ich sah ihn nicht an, ich sah auf die Mauersteine und sonst nichts. Ich sagte auch nichts. Ich bin gut darin, Mauersteine anzuschauen und nichts zu sagen. Das habe ich im Abschiebegefängnis zwei Jahre lang gemacht, mein persönlicher Rekord.
    Ich überlegte, was ich in diesem Kindergartenzimmer machen würde, wenn plötzlich die Männer kämen. Ich kann euch sagen, es war kein einfaches Zimmer. Es gab beispielsweise nichts, mit dem man sich schneiden konnte. Alle Scheren waren aus Plastik, mit runden, weichen Enden. Wenn ich mich in diesem Zimmer plötzlich

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