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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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töten müsste, wüsste ich nicht, wie ich es anstellen soll.
    Nach langer Zeit schaute Charlie zu mir hoch. »Was machst du ?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich überlege, wie ich von hier wegkommen kann.«
    Stille. Charlie seufzte. »Die haben mein Batmankostüm weggenommen.«
    »Warum haben sie das getan?«
    »Weil ich in mein Batmankostüm Pipi gemacht hab.«
    Ich kniete mich hin und sah ihm in die Augen. »Mir geht es wie dir. Ich habe zwei Jahre an so einem Ort verbracht. Wo wir Sachen machen müssen, die wir nicht wollen. Bist du deswegen wütend?«
    Charlie nickte.
    »Das macht mich auch wütend«, sagte ich.
    Ich hörte, wie hinter uns in der Kindergartengruppe wieder Normalität einkehrte. Kinder redeten und riefen, und die Frauen halfen ihnen und lachten und schalten. In unserer Ecke schaute Charlie zu Boden.
    »Ich will meinen Papa«, sagte er.
    »Dein Papa ist tot, Charlie. Weißt du, was das heißt?«
    »Ja. Im Himmel.«
    »Ja.«
    »Wo ist Himmel ?«
    »Es ist ein Ort wie dieser. Wie ein Kindergarten oder ein Abschiebegefängnis oder ein fremdes Land, ganz weit weg. Er will zu dir nach Hause kommen, aber es geht nicht. Dein Papa ist wie mein Papa.«
    »Oh. Ist dein Papa auch tot?«
    »Ja, Charlie. Mein Papa ist tot, und meine Mama ist tot, und meine Schwester ist auch tot. Sie sind alle tot.«
    »Warum?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Die Bösen haben sie erwischt, Charlie.«
    Er verschränkte die Hände und bückte sich, um ein kleines Stückchen rotes Papier vom Boden aufzuheben. Er riss daran und legte es auf seine Zunge, um den Geschmack zu prüfen, und dann blieb es an seinen Fingern kleben. Er klemmte die Zunge zwischen die Zähne, damit er sich darauf konzentrieren konnte, das Papier von seinen Fingern abzuziehen. Dann schaute er hoch.
    »Bist du auch traurig, so wie ich?«
    Ich ließ mein Gesicht lächeln. »Sehe ich traurig aus, Charlie ?«
    Er schaute mich an. Ich kitzelte ihn unter den Armen, und er fing an zu lachen.
    »Sehen wir traurig aus, Charlie? Hey? Du und ich? Sind wir jetzt noch traurig?«
    Endlich lachte und zappelte Charlie, so dass ich ihn an mich ziehen und ihm in die Augen schauen konnte. »Wir werden nicht traurig sein, Charlie. Du und ich doch nicht. Vor allem nicht du, Charlie, denn du bist der glücklichste Junge der Welt. Und weißt du auch warum?«
    »Warum?«
    »Weil du eine Mama hast, Charlie, und die hat dich sehr lieb, und das ist doch was, oder?«
    Ich versetzte Charlie einen kleinen Schubs in Richtung seiner Mutter, und er rannte zu ihr hin. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Kleid, und sie umarmten einander. Sarah weinte und lächelte gleichzeitig. Sie sagte ihm etwas ins Ohr, sagte Charlie, Charlie, Charlie. Dann hörte ich seine Stimme, gedämpft durch das Kleid seiner Mutter. Er sagte, Ich bin doch nicht Charlie, Mama, ich bin Batman.
    Sarah schaute mich über Charlies Schulter hinweg an und sagte, Danke, nur mit den Lippen, ohne dass ein Laut hervorkam.
    Wir gingen zu Fuß vom Kindergarten nach Hause und schwangen Charlie beim Gehen zwischen uns an den Armen. Es war ein schöner Tag. Die Sonne schien heiß, Bienen summten in der Luft, und alles war erfüllt von Blumenduft. Die Vorgärten der Häuser leuchteten in sanften Farben. Es war schwer, nicht voller Hoffnung zu sein.
    »Ich glaube, ich bringe dir die Namen aller englischen Blumen bei«, sagte Sarah. »Das sind Fuchsien, und das ist eine Rose, und das hier ist Geißblatt. Was ist? Warum lächelst du?«
    »Hier gibt es keine Ziegen. Darum habt ihr auch so viele schöne Blumen.«
    »Gab es Ziegen in deinem Dorf?«
    »Ja, und die haben alle Blumen gefressen.«
    »Oh je, das tut mir leid.«
    »Es braucht dir nicht leidzutun. Wir haben die Ziegen gegessen.«
    Sarah runzelte die Stirn. »Trotzdem. Ich glaube, ich hätte lieber Geißblatt.«
    »Eines Tages bringe ich dich dorthin, wo ich herkomme, dann wirst du eine Woche lang nur Cassava essen, und dann kannst du mir sagen, ob du lieber Geißblatt oder Ziege möchtest.«
    Sarah lächelte und schnupperte an den Geißblattblüten. Ich sah, dass sie wieder weinte.
    »Es tut mir leid. Ich kann einfach nicht aufhören. Sieh mich nur an, ich bin ein Häufchen Elend.«
    Charlie schaute seine Mutter an, und ich streichelte ihm den Kopf, damit er wusste, dass alles in Ordnung war. Wir gingen weiter. Sarah putzte sich die Nase. Sie sagte: »Wie lange wird das wohl so sein mit mir?«
    »Bei mir hat es ein Jahr gedauert, nachdem sie meine Schwester getötet

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