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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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attraktiv war, dass ich unwiderstehlich war, dass ich halb trunken war vom Champagner und den strahlenden, lächelnden Gesichtern um mich herum, und ich begriff kichernd, dass plötzlich alles möglich war.
    Daher hätte es mich nicht überraschen dürfen, als es passierte. Es war unvermeidlich, dass ich auf einer dieser Partys meinem Mann begegnete, zerknittert und rotäugig, direkt aus dem Büro. Andrew hasste Partys - ich nehme an, er war nur dort, um zu recherchieren. Lawrence machte uns sogar miteinander bekannt. Der Raum war voller Menschen. Musik, demonstrativ britische Musik, eine Band, die im Internet den großen Erfolg gelandet hatte. Lawrence, lachend, angeheitert vom Champagner, die Hand gewagt knapp über meinem Po.
    »Oh, hi! Hi! Andrew O'Rourke, das ist Sarah Summers. Sie ist die Herausgeberin von Nixie. Andrew ist Kolumnist bei der Times, ein toller Schreiber, starke Meinungen. Ich bin sicher, ihr werdet euch gut verstehen.«
    »Das hat der Priester auch gedacht«, sagte Andrew.
    »Wie bitte?«
    »Er war sicher, dass wir uns gut verstehen würden. Als er uns getraut hat.«
    Andrew sprach leichthin, lächelte fast. Lawrence - der arme Lawrence - nahm rasch die Hand von meinem Rücken. Andrew bemerkte es. Er lächelte nicht mehr.
    »Mit dir hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, Sarah.«
    »Nun. Ja. Ich. Oh. Es kam in letzter Minute. Das Magazin ... du weißt schon.«
    Mein Körper verriet mich, ließ mich von den Fußknöcheln bis zum Scheitel erröten. Meine Kindheit, mein inneres Surrey, erwachte wieder zum Leben und dehnte rachsüchtig seine ländlichen Grenzen aus, um mein neues Leben zu annektieren. Ich schaute auf meine Schuhe. Schaute hoch. Andrew war noch da, stand ganz still da, ganz ruhig - ausnahmsweise waren ihm die Meinungen ausgegangen.
    An diesem Abend standen wir auf dem leeren Fundament am Ende des Gartens, wo Andrew sein Treibhaus bauen wollte, und sprachen davon, unsere Ehe zu retten. Schon dieser Satz ist unerträglich. Alles, was Andrew sagte, klang wie seine Kolumne in der Times, und alles, was ich sagte, hätte von der Ratgeberseite meines Magazins stammen können.
    »Wann genau haben wir eigentlich vergessen, dass eine Ehe eine Entscheidung fürs Leben ist?«
    »Ich habe mich so unausgefüllt gefühlt, so missachtet.«
    »Glück kann man nicht einfach aus dem Regal nehmen, man muss daran arbeiten.«
    »Du hast mich nicht ernst genommen. Ich habe mich einfach nicht geliebt und unterstützt gefühlt.«
    »Vertrauen zwischen Erwachsenen muss mit viel Mühe aufgebaut werden, und es ist zerbrechlich, schwer zu reparieren.«
    Es war eigentlich keine Auseinandersetzung, mehr etwas wie eine furchtbare Verwechslung in der Druckerei. Sie hörte erst auf, als ich einen Blumentopf nach ihm warf. Er prallte von seiner Schulter ab und zerbrach auf dem Beton. Andrew zuckte zusammen und ging weg. Er fuhr mit dem Auto davon und kam sechs Tage nicht nach Hause. Später fand ich heraus, dass er nach Irland geflogen war, um sich mit seinem Bruder nach Strich und Faden zu betrinken.
    In jener Woche kam Charlie in den Kindergarten, und Andrew war nicht dabei. Ich hatte dafür einen Kuchen gebacken, allein abends in der Küche. Ich war es nicht gewöhnt, allein im Haus zu sein. Wenn Charlie schlief, war es ganz still. Ich hörte die Amseln in der Dämmerung singen. Es war schön ohne Andrews ständiges Gestänker und seine politischen Kommentare. Genau wie beim Unterton eines Dudelsacks, den man erst bemerkt, wenn er aufgehört hat, und dann entwickelt das Schweigen eine eigene greifbare Identität.
    Ich weiß noch, dass ich gelbe Smarties auf die feuchte Glasur streute und dabei Book of the Week auf Radio 4 hörte, als ich vor lauter Verwirrung in Tränen ausbrach. Ich starrte auf meinen Kuchen: drei Schichten Bananen mit Bananenchips und Bananenglasur. Das war zwei Jahre vor Charlies Batman-Sommer. Mit zwei Jahren liebte er Bananen mehr als alles andere auf der Welt. Ich weiß noch, wie ich den Kuchen betrachtete und dachte: Ich bin so froh, Charlies Mutter zu sein. Was immer geschieht, darauf kann ich stolz sein.
    Ich starrte den Kuchen an, der auf dem Gitter auf der Arbeitsplatte stand. Das Telefon klingelte.
    Lawrence fragte: »Soll ich rüberkommen?«
    »Was, jetzt? Zu mir nach Hause?«
    »Du hast gesagt, Andrew sei weg.«
    Ein Schauer überlief mich. »Du lieber Himmel. Ich meine, du weißt nicht mal, wo ich wohne.«
    »Und, wo wohnst du?«
    »In Kingston.«
    »In vierzig Minuten bin ich

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