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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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wird, ob nun im Mai, Juni oder wann auch immer.«
    »Na gut«, sagte Clarissa und fügte hinzu: »Würdest du mich wirklich feuern, Darling?«
    »Keine Ahnung. Würdest du wirklich nein sagen?«
    »Keine Ahnung.«
    Wir standen lange so nebeneinander. Unter uns auf der Straße radelte ein italienisch aussehender Mann an der Autoschlange vorbei. Er war Mitte zwanzig, nackter gebräunter Oberkörper, weiße Nylonshorts.
    »Fünf Punkte«, sagte Clarissa.
    »Von zehn?«
    »Von fünf, Darling.«
    Ich lachte. »An manchen Tagen würde ich so gern mit dir tauschen, Clarissa.«
    Sie drehte sich zu mir. Ich bemerkte den hellen Fleck, den ihr Make-up auf der Fensterscheibe hinterlassen hatte. Er schwebte wie eine kleine fleischfarbene Wolke über dem knochenweißen Turm von Christ Church Spitalfields.
    »Oh, Sarah. Wir kennen uns zu lange, um einander im Stich zu lassen. Du bist der Boss. Natürlich bekommst du einen Bericht über Flüchtlinge, wenn du ihn wirklich willst. Aber ich glaube, dir ist nicht klar, wie schnell die Leserinnen weiterblättern werden. Es ist kein Thema, das irgendeinen Bezug zu unserem Leben hat, das ist das Problem.«
    Plötzlich wurde mir schwindlig, und ich trat einen Schritt zurück. »Man muss nur den richtigen Ansatz finden«, erwiderte ich unsicher.
    Clarissa starrte mich an. »Du hast einen schweren Verlust erlitten, Sarah. Du kannst im Moment nicht klar denken. Du bist noch nicht so weit, wieder zu arbeiten.«
    »Du willst meinen Job. Das ist es doch, oder?«
    Sie wurde rot. »Das ist nicht dein Ernst«, sagte sie.
    Ich setzte mich auf die Schreibtischkante und massierte meine Schläfen mit den Daumen. »Nein, ist es nicht. Mein Gott. Entschuldige bitte. Egal, vielleicht solltest du ja meinen Job bekommen. Ich habe wirklich keinen Überblick mehr. Ich sehe auch keinen Sinn mehr darin.«
    Clarissa seufzte. »Ich will deinen Job nicht, Sarah.« Sie deutete mit ihren langen Fingernägeln in Richtung Redaktion. »Die da sind noch hungrig, Sarah. Vielleicht solltest du einfach etwas Neues versuchen und den Job einer von ihnen überlassen.«
    »Meinst du, sie haben ihn wirklich verdient?«
    »Hatten wir das denn in diesem Alter?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann mich nur daran erinnern, wie unbedingt ich den Job gewollt habe. Damals war alles so spannend. Ich habe wirklich geglaubt, ich könnte die ganze Welt erobern. Das wirkliche Leben sexy verpacken. Provozieren, weißt du noch? Allein schon der verdammte Name des Magazins. Weißt du noch, weshalb wir uns dafür entschieden haben? Nixie, um Himmels willen. Wir wollten sie mit Sex ködern und dann mit den großen Themen konfrontieren. Wir wollten uns von niemandem sagen lassen, wie man ein Magazin gestaltet. Wir wollten es allen zeigen, weißt du noch? Was ist nur aus diesem ganzen Wollen geworden?«
    »Sarah, vielleicht haben wir einige der Dinge bekommen, die wir wollten.«
    Ich lächelte und setzte mich an meinen Schreibtisch. Dann scrollte ich durch die Seitenentwürfe auf dem Bildschirm.
    »Die sind ziemlich gut«, sagte ich.
    »Natürlich sind sie gut, Darling. Exakt diese Geschichte mache ich seit zehn Jahren jeden Monat. Plastische Chirurgie und Sexspielzeug kann ich im Schlaf.«
    Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Clarissa legte mir die Hand auf die Schulter.
    »Mal im Ernst, Sarah.«
    »Hm?«
    »Denk noch einen Tag in Ruhe darüber nach, einverstanden? Über die Flüchtlingsgeschichte, meine ich. Du bist im Augenblick ziemlich durcheinander. Warum nimmst du dir morgen nicht frei, nur um sicherzugehen, dass du's wirklich willst, und wenn ja, dann machen wir's so. Aber wenn du dir nicht sicher bist, sollten wir deswegen nicht unsere Karriere aufs Spiel setzen, Darling.«
    Ich öffnete die Augen. »Okay, ich warte einen Tag.«
    Clarissa sackte erleichtert in sich zusammen. »Danke, Süße. Was wir machen, ist nämlich gar nicht so übel. Wirklich nicht. Niemand stirbt davon, dass wir über Mode schreiben.«
    Ich schaute hinaus ins Redaktionsbüro und sah die Blicke der Mädchen: spekulativ, aufgeregt, raubgierig.
    Ich nahm einen weiteren halbleeren Zug zurück nach Kingston und war um zwei Uhr zu Hause. Es war heiß und diesig, ein stiller und drückender Tag. Wir brauchten Regen, um die Schwere zu durchbrechen.
    Lawrence war in der Küche. Ich setzte den Wasserkessel auf.
    »Wo ist Bee?«, fragte ich. »Im Garten.«
    Durchs Fenster sah ich sie im Gras liegen, ganz hinten am Ende des Gartens neben dem Lorbeerstrauch. »Meinst

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