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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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du, mit ihr ist alles in Ordnung?« Er zuckte nur die Achseln.
    »Was ist los? Ihr beide versteht euch nicht gerade gut, oder?«
    »Das ist es nicht.«
    »Ich spüre aber eine gewisse Spannung.« Ich merkte, dass ich einen der Teebeutel vor lauter Rühren zum Platzen gebracht hatte. Ich kippte den Inhalt des Bechers ins Spülbecken und begann von vorn.
    Lawrence trat hinter mich und legte mir die Arme um die Taille. »Du wirkst angespannt. Hat es mit der Arbeit zu tun?«
    Ich lehnte den Kopf an seine Schulter und seufzte. »Bei der Arbeit war es furchtbar. Ich habe ganze vierzig Minuten durchgehalten. Ich frage mich, ob ich aufhören soll.«
    Er seufzte ebenfalls, den Mund an meinem Nacken.
    »Ich hab's gewusst«, sagte er. »Ich hab gewusst, dass so etwas kommt.«
    Ich schaute hinaus zu Little Bee, die auf dem Rücken lag und zusah, wie sich der dunstige Himmel mit Grau füllte.
    »Weißt du noch, wie du dich in ihrem Alter gefühlt hast? Oder in Charlies Alter? Weißt du noch, wie es ist, wenn man glaubt, man könnte die Welt besser machen?«
    »Da fragst du den Falschen. Ich arbeite für die Regierung, schon vergessen? Wir sind dafür ausgebildet, eben nichts zu verändern.«
    »Hör auf, Lawrence. Ich meine es ernst.«
    »Ob ich jemals geglaubt habe, ich könnte die Welt verändern? Ist das deine Frage?«
    »Ja.«
    »Vielleicht ein bisschen. Als ich Beamter wurde, war ich schon noch idealistisch.«
    »Wann hat sich das geändert?«
    »Als mir klar wurde, dass wir die Welt nicht verändern würden. Ganz gewiss nicht, wenn man dazu Computersysteme installieren muss. Eigentlich habe ich es am ersten Tag um die Mittagszeit begriffen.«
    Ich lächelte und legte meinen Mund ganz nah an sein Ohr. »Meine Welt hast du jedenfalls verändert.«
    Er schluckte. »Ja. Ja, das habe ich wohl.«
    Die Eismaschine hinter uns ließ einen Würfel fallen. Wir standen eine Weile so da und schauten hinaus zu Little Bee.
    »Sieh sie dir an«, sagte ich. »Ich habe solche Angst. Meinst du, ich kann sie retten?«
    Lawrence zuckte mit den Schultern. »Vielleicht kannst du das - und weiter? Versteh mich nicht falsch. Aber wenn du sie rettest, rettest du nur eine von unendlich vielen. Ein ganzer Schwarm von kleinen Bienen, die herkommen, um hier Nahrung zu suchen.«
    »Oder um uns zu befruchten.«
    »Das halte ich für naiv.«
    »Meine Stellvertreterin wäre sicher ganz deiner Meinung.«
    Lawrence massierte mir die Schultern, und ich machte die Augen zu. »Was quält dich denn?«, fragte er.
    »Dass ich das Magazin nicht benutzen kann, um etwas zu verändern. Dabei war es so gedacht. Es sollte provokant sein. Es sollte niemals nur ein weiteres Modeblatt werden.«
    »Und, was hindert dich daran?«
    »Wann immer wir etwas Ernstes und Bedeutungsvolles bringen, sinken die Verkaufszahlen.«
    »Weißt du, die Leute haben es schwer genug. Sie wollen eben nicht immer daran erinnert werden, dass es anderen auch beschissen geht.«
    -»Mag sein. Vielleicht hatte Andrew letztlich doch recht. Vielleicht muss ich erwachsen werden und mir einen Erwachsenenjob suchen.«
    Lawrence drückte mich an sich. »Vielleicht solltest du dich auch einfach mal ein bisschen entspannen und das genießen, was du hast.«
    Ich sah in den Garten hinaus. Der Himmel war dunkler geworden. Es würde bald regnen.
    »Little Bee hat mich verändert, Lawrence. Wann immer ich sie ansehe, merke ich, wie oberflächlich mein Leben ist.«
    »Sarah, du redest absoluten Blödsinn. Wir sehen die Probleme der Welt jeden Tag im Fernsehen. Du kannst mir nicht weismachen, dass dir jetzt zum ersten Mal klar wird, dass sie echt sind. Die Leute würden nur zu gern mit dir tauschen. Ihr Leben ist beschissen. Aber muss deins deswegen auch beschissen sein? Das wird ihnen nicht helfen.«
    »Aber ich helfe ihnen jetzt auch nicht, oder?«
    »Was solltest du denn noch tun? Du hast dir einen Finger abgeschnitten, um das Mädchen zu retten. Und jetzt nimmst du sie bei dir auf. Essen, Unterkunft, Anwaltskosten ... das alles ist nicht billig. Du bekommst ein gutes Gehalt und gibst es dafür aus, ihr zu helfen.«
    »Zehn Prozent. Das ist alles. Einen Finger von zehn. Zehn Pfund von hundert. Zehn Prozent sind wohl kaum ein tiefgehendes Engagement.«
    »Denk noch mal nach. Zehn Prozent Profit benötigt man, um ein Geschäft zu führen. Mit zehn Prozent erkauft man sich eine solide Welt, in der man leben kann. Hier, im sicheren Westen. So musst du denken. Wenn jeder zehn Prozent gäbe, würden wir keine

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