Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
ein kleines Gläschen ein, hob ihres, nippte daran und leerte es zur Hälfte. Die anderen taten es ihr nach. Sie tranken nochmals und leerten die Gläser. Sie goss ihnen neu ein.
    "Also", begann sie. "Im Moment kann ich euch folgendes sagen: Ich glaube euch. Nicht nur, weil ich dich kenne, Lillian. Die Story klingt schlüssig und fügt sich in einige andere Gerüchte ein, die mir zugetragen wurden. Aber es wird nicht reichen, mich allein auf euer Wort zu verlassen. Ich werde jeden einzelnen Aspekt dieser Sache recherchieren müssen und jedes kleine Teilchen eures Lebens und eurer Geschichte. Ich muss wissen, ob es irgendetwas gibt, das ihr mir noch nicht erzählt habt und das dazu dienen könnte, euch zu diskreditieren, nachdem diese Sache ans Licht kommt. Ich brauche alles. Es könnte Wochen dauern, bevor ich etwas veröffentlichen kann.
    Ihr müsst auch an eure Sicherheit denken und an die Sicherheit dieses Darryl. Wenn er wirklich eine ,Unperson' ist, dann könnte jeder Druck, den wir auf das DHS ausüben, dazu führen, dass sie ihn sehr weit weg bringen, zum Beispiel nach Syrien. Sie könnten auch etwas noch viel Schlimmeres tun." Sie ließ das so in der Luft hängen. Ich wusste, dass sie meinte, sie könnten ihn töten.
    "Ich werde jetzt diese Nachricht einscannen. Und ich brauche Fotos von euch beiden, jetzt gleich und später. Wir können noch einen Fotografen rumschicken, aber ich will alles heute Nacht schon möglichst sorgfältig dokumentieren."
    Ich ging mit in ihr Büro, um zu scannen. Ich hatte einen schicken Kleincomputer erwartet, der zur Einrichtung passte, aber tatsächlich war ihr kombiniertes Schlaf- und Arbeitszimmer gerammelt voll mit High-End-Rechnern, großen Flachbildschirmen und einem Monster-Scanner, mit dem man eine ganze Zeitungsseite auf einmal einlesen konnte. Und mit all dem ging sie sehr souverän um. Mit einiger Befriedigung registrierte ich, dass sie mit Paranoid-Linux arbeitete. Diese Lady nahm ihren Job ernst.
    Die Computerlüfter sorgten schon für sehr effektive Geräuschunterdrückung, dennoch schloss ich die Tür und trat nah an sie heran.
    "Barbara?"
    Ja?"
    "Was Sie vorhin gesagt haben, über Dinge, die geeignet wären, mich zu diskreditieren..."
    Ja?"
    "Was ich Ihnen erzähle: Man kann Sie doch nicht zwingen, das jemandem weiterzuerzählen?"
    "Theoretisch schon. Aber sagen wir so: Ich bin schon zwei Mal ins Gefängnis gegangen, statt einen Informanten preiszugeben."
    "Okay, okay. Gut. Wow. Knast. Wow. Okay." Ich atmete tief ein. "Sie haben doch schon vom Xnet und von M1k3y gehört?"
    Ja, und?"
    "Ich bin M1k3y."
    "Oh", sagte sie. Sie hantierte am Scanner und drehte den Zettel um, um auch die Rückseite einzulesen. Sie scannte mit irgendeiner unglaublich hohen Auflösung, 10.000 dpi oder noch mehr, und am Schirm sah der Scan aus wie der Ausdruck eines Rastertunnelmikroskops.
    "Nun, das wirft ein anderes Licht auf die Sache."
    "Ja", sagte ich. "So siehts wohl aus."
    "Und deine Eltern wissen nichts davon."
    "Nichts. Und ich bin nicht sicher, ob sies wissen sollten."
    "Das ist etwas, das du selbst entscheiden musst. Ich muss drüber nachdenken. Kannst du mich im Büro besuchen? Ich würde gern mit dir darüber sprechen, was genau das alles bedeutet."
    "Haben Sie eine Xbox Universal? Ich würde einen Installer mitbringen."
    "Ja, ich bin sicher, das lässt sich arrangieren. Wenn du kommst, dann sag am Empfang, dass du Mr. Brown bist und mich sprechen möchtest. Dort wissen sie, was das bedeutet. Deine Ankunft wird nirgends registriert, und die Aufzeichnungen dieses Tages aus den Überwachungskameras werden automatisch gelöscht und die Kameras ausgeschaltet, bis du wieder gehst."
    "Wow", sagte ich. "Sie denken wie ich."
    Sie lächelte und knuffte mich in die Schulter. "Mein Junge, ich bin schon verdammt lange in diesem Spiel. Und bislang habe ich es geschafft, mehr Zeit in Freiheit als hinter Gittern zu verbringen. Paranoia ist meine Freundin."
    [x]
    Am nächsten Tag hing ich wie ein Zombie in der Schule rum. Ich hatte nur noch drei Stunden Schlaf bekommen, und nicht mal drei Tassen Koffeinschlamm beim Türken hatten mein Gehirn auf Touren bringen können. Das Problem mit Koffein ist, dass man sich zu leicht dran gewöhnt und dann immer höhere Dosen braucht, nur um sein Level zu halten.
    Ich hatte in der Nacht darüber gegrübelt, was ich zu tun hatte. Und es war so, wie durch ein Labyrinth mit lauter verzweigten kleinen Gängen zu rennen, die alle gleich aussahen und alle in der

Weitere Kostenlose Bücher