Little Brother
hauptsächlich aus Luft besteht, wird jeder Kubikmillimeter Raum in einem Laptop tatsächlich gebraucht. Jedes Mal, wenn ich dachte, jetzt hätte ichs, versuchte ich die Kiste zuzuschrauben und merkte dann, dass da immer noch irgendwas war, das das Gehäuse daran hinderte, sich komplett schließen zu lassen, und dann gings wieder zurück ans Zeichenbrett.
Von daher wusste ich ganz genau, wie die Nahtstelle meines Laptops aussehen musste, wenn das Ding zu war; und so durfte sie ganz sicher nicht aussehen.
Ich wackelte also weiter am Netzadapter, aber es hatte keinen Zweck. Ich würde die Kiste nicht sauber zum Booten bringen, ohne sie einmal auseinanderzuschrauben. Ich stöhnte und stellte den Laptop neben das Bett. Darum würde ich mich morgen früh kümmern.
[x]
So weit zur Theorie, haha ... Zwei Stunden später starrte ich immer noch an die Decke und ließ die Filme in meinem Kopf ablaufen, was sie mit mir gemacht hatten, was ich hätte tun sollen, jede Menge Bedauern und "esprit d'escalier".
Ich wälzte mich aus dem Bett. Inzwischen wars Mitternacht, und ich hatte um elf gehört, wie meine Eltern in die Falle krochen. Ich schnappte mir den Laptop, schaufelte etwas Platz auf dem Schreibtisch frei, klippte kleine LED-Lampen an den Seiten meiner Vergrößerungsbrille an und holte einen Satz kleiner Präzisionsschraubendreher. Eine Minute später hatte ich das Gehäuse geöffnet und blickte auf die Eingeweide meines Laptops. Ich holte eine Dose Druckluft, pustete den Staub weg, den der Lüfter reingesogen hatte, und schaute alles durch.
Irgendwas stimmte nicht. Ich konnte nicht genau sagen, was, aber schließlich wars ja auch schon Monate her, dass ich den Deckel von diesem Ding runterhatte. Zum Glück war ich beim dritten Mal Auf- und mühsamem Wiederzumachen schlauer geworden. Ich hatte ein Foto des Innenlebens gemacht mit allem an seinem richtigen Platz.
So richtig schlau war ich aber noch nicht: Zuerst hatte ich das Foto bloß auf der Festplatte gelassen, und da kam ich natürlich nicht ran, wenn ich den Laptop zerlegt hatte. Aber dann hatte ichs ausgedruckt und irgendwo in meinem Wust von Papieren versenkt, diesem Friedhof toter Bäume, wo ich alle Garantieunterlagen und Schaltdiagramme deponierte. Ich blätterte den Stapel durch - irgendwie sah er unordentlicher aus, als ich ihn in Erinnerung hatte - und holte mein Foto raus. Das legte ich neben den Computer, dann versuchte ich meine Augen auf nichts Bestimmtes zu fokussieren und Dinge zu finden, die deplatziert schienen.
Dann hatte ichs. Das Verbindungskabel zwischen Tastatur und Mainboard saß nicht richtig drin. Das war merkwürdig. Auf diesem Teil lastete kein Zug, da war nichts, das es im normalen Betrieb hätte verschieben können. Ich versuchte es wieder richtig reinzudrücken und entdeckte, dass der Stecker nicht bloß schief drinsaß - da war irgendwas zwischen ihm und dem Mainboard. Ich holte es mit der Pinzette raus und leuchtete es an.
Das war was Neues in meiner Tastatur. Ein kleines Bröckchen Hardware, nur gut einen Millimeter dick, ohne Kennzeichnung. Das Keyboard war daran angeschlossen, und es selbst war ans Mainboard angestöpselt. Mit anderen Worten: Es war am genau richtigen Platz, um alle Tastatureingaben aufzuzeichnen, während ich an der Maschine tippte.
Es war eine Wanze.
Mein Herz pochte bis zu den Ohren. Es war dunkel und ruhig im Haus, aber es war keine beruhigende Dunkelheit. Da draußen waren Augen, Augen und Ohren, und die beobachteten mich. Überwachten mich. Die Überwachungsmaßnahmen aus der Schule waren mir bis nach Hause gefolgt, aber dieses Mal schaute mir nicht nur die Schulbe hörde über die Schulter: Die Heimatschutzbehörde war jetzt auch dabei.
Fast hätte ich die Wanze rausgenommen. Dann fiel mir ein, dass derjenige, der das Ding eingebaut hatte, merken würde, wenn es nicht mehr drin war. Mir wurde übel dabei, aber ich ließ es drin.
Ich schaute rum, ob mir noch mehr Eingriffe auffielen. Ich fand sonst nichts, aber bedeutete das auch, dass wirklich nichts da war? Jemand war in mein Zimmer eingedrungen und hatte dieses Gerät installiert - er hatte meinen Laptop zerlegt und wieder zusammengebaut. Es gab noch etliche andere Möglichkeiten, einen Computer anzuzapfen. Die würde ich niemals alle finden.
Mit tauben Fingern baute ich die Maschine wieder zusammen. Dieses Mal ließ sich nicht nur das Gehäuse sauber schließen, sondern das Stromkabel blieb auch drin. Ich fuhr den Rechner hoch und war schon mit
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