Little Brother
zeigen, was ich dabei hatte, aber ich wusste, manchmal musste man einfach fest bleiben.
"Ich mach bloß Quatsch", sagte er schließlich. "Aber sei vorsichtig mit der Kohle. Zeigs nicht so viel rum."
"Danke", sagte ich, "aber der Heimatschutz passt eh auf mich auf." Sein Lächeln wurde noch breiter. "Ha! Das sind doch nicht mal echte Bullen! Die Spacken haben doch gar keinen Plan." Ich schaute zu seinem Lieferwagen rüber. Hinter der Windschutzscheibe klemmte gut sichtbar ein FasTrak. Ich fragte mich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sie ihn hopsnehmen würden.
"Habt ihr Bräute hier heute nacht? Braucht ihr dafür das ganze Bier?" Ich grinste und winkte ihm zu, als ginge er zurück zum Wagen (was er jetzt endlich tun sollte). Irgendwann begriff er den Wink und fuhr davon, aber er lächelte immer noch.
Jolu half mir, die Kühlboxen im Schutt zu verstecken, wobei wir uns mit kleinen weißen LED-Lampen an Stirnbändern behalfen. Sobald sie verstaut waren, steckten wir weiße LED-Schlüsselanhänger rein, die leuchteten, sobald man die Styropordeckel anhob, damit man sehen konnte, was man tat.
Der Nachthimmel war mondlos und bedeckt, und die Straßenlaternen in der Ferne warfen kaum Licht bis hierher. Ich wusste, auf einem Infrarotdetektor würden wir uns klar und deutlich abzeichnen, aber eine ganze Truppe Leute würden wir nirgends zusammentrommeln können, ohne dabei observiert zu werden. Na gut, dann würden wir eben als kleine betrunkene Strandparty durchgehen.
Ich trinke nicht wirklich viel. Seit ich 14 bin, gabs auf den Partys Bier, Pot und Ecstasy, aber ich hasste Rauchen (obwohl ich nichts gegen ein gelegentliches Haschkekschen hatte), Ecstasy dauerte zu lange - wer hat schon das ganze Wochenende Zeit, high zu werden und wieder runterzukommen? -, und Bier, na ja, es war okay, aber mir war nicht klar, was daran jetzt toll sein sollte. Mein Ding waren ja eher riesige, kunstvolle Cocktails, die Sorte, die in Keramikvulkanen serviert wird, sechs Schichten, flambiert, ein Plastikaffe außen am Rand, aber das war eigentlich nur wegen dem Brimborium.
Betrunken bin ich eigentlich ganz gern. Nur den Kater kann ich nicht ausstehen, und oh Mann, was krieg ich immer für einen Kater! Obwohl - das kann natürlich auch an den Getränken liegen, die üblicherweise in Keramikvulkanen ausgeschenkt werden.
Aber du kannst keine Party schmeißen, ohne mindestens ein, zwei Kisten Bier kaltzustellen. Das wird so erwartet. Es entkrampft. Leute machen dummes Zeug, wenn sie ein paar Biere zu viel intus haben, aber die wenigsten meiner Freunde haben Autos. Und außerdem machen Leute sowieso dummes Zeug, ob nun wegen Bier oder Gras oder was auch immer, das ist dabei zweitrangig.
Jolu und ich machten jeder ein Bier auf - Anchor Steam für ihn, ein Bud Lite für mich - und stießen damit an, wie wir so auf den Felsen saßen.
"Hast du ihnen neun Uhr gesagt?"
Jo", sagte er.
"Ich auch."
Wir tranken schweigend. Das Bud Lite war das am wenigsten alkoholische Getränk im Kühler. Ich würde später einen klaren Kopf brauchen.
"Kriegst du manchmal Angst?", fragte ich schließlich.
Er drehte sich zu mir um. "Ne, Mann, ich krieg keine Angst. Ich hab immer Angst. Seit den Explosionen hab ich jede Minute Angst gehabt. Manchmal hab ich so viel Schiss, dass ich gar nicht aus dem Bett kriechen will."
"Warum machst dus trotzdem?"
Er lächelte. "Was das angeht", sagte er, "vielleicht mach ich es gar nicht mehr lange. Ich mein, es war toll, dir zu helfen. Toll. Wirklich klasse. Wüsste nicht, wann ich schon mal so was Wichtiges gemacht habe, Aber Marcus, Alter, ich muss sagen..." Er verstummte.
"Was?", fragte ich, obgleich ich wusste, was nun kommen würde.
"Ich kann das nicht mehr ewig weitermachen", sagte er endlich. "Vielleicht nicht mal mehr einen Monat. Ich glaube, das wars für mich. Ist einfach zu riskant. Du kannst einfach nicht gegen das DHS in den Krieg ziehen. Das ist bescheuert. Wirklich totaler Wahnsinn."
"Du hörst dich an wie Van", sagte ich. Meine Stimme klang viel bitterer, als ich es wollte.
"Ich kritisier dich nicht, Mann. Ich finds klasse, dass du den Mut hast, die Sache die ganze Zeit durchzuziehen. Ich hab ihn nicht. Ich kann mein Leben nicht in permanenter Angst leben."
"Was meinst du damit?"
"Ich meine, ich bin raus. Ich werde einer dieser Typen, die so tun, als ob alles in Ordnung ist und als ob bald alles wieder normal wird. Ich werde im Internet surfen wie immer und das Xnet nur noch zum Spielen
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