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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Studienabbrechern erreichten Erstaunliches - Steve Jobs und Steve Wozniak zum Beispiel, die den PC erfunden haben."
    Die Sache begann mich zu faszinieren. Ein bisschen was wusste ich schon davon, aber so wie heute hatte man mir die Geschichte noch nie erzählt. Auf einmal sahen die lahmen, betulichen, erwachsenen Straßenproteste gar nicht mehr so lahm aus. Vielleicht war diese Sorte Action auch in der Xnet-Bewegung möglich.
    Ich hob meine Hand. "Haben sie gewonnen? Haben die Yippies gewonnen?"
    Sie sah mich lange an, als ob sie darüber nachdenken musste. Niemand sagte ein Wort. Wir waren alle auf die Antwort gespannt.
    "Verloren haben sie nicht", sagte sie schließlich. "Sie sind sozusagen implodiert. Einige von ihnen sind wegen Drogen oder anderer Vergehen ins Gefängnis gekommen. Einige haben ihr Fähnchen gedreht und sind Yuppies geworden, und dann sind sie auf Vortragsreisen gegangen und haben herumerzählt, wie dumm sie gewesen seien und dass Gier doch eine gute Sache sei.
    Aber sie haben die Welt verändert. Der Vietnamkrieg ging zu Ende, und die Art von Konformismus und vorbehaltlosem Gehorsam, die bis dahin als Patriotismus gegolten hatte, war jetzt völlig out. Die Rechte von Farbigen, Frauen und Schwulen wurden nachhaltig weiterentwickelt. Die Rechte von Chicanos oder von Behinderten, überhaupt unsere gesamte Tradition bürgerlicher Freiheiten, wurden von diesen Leuten überhaupt erst ins Leben gerufen oder gestärkt. Die heutige Protestbewegung ist ein unmittelbarer Abkömmling der damaligen Auseinandersetzungen."
    "Ich fass es nicht, wie Sie über die Leute reden", sagte Charles. Er lehnte halb stehend in seinem Stuhl, und sein mageres, kantiges Gesicht war rot angelaufen. Seine Augen waren groß und feucht und seine Lippen riesig, und wenn er sich aufregte, sah er immer ein bisschen wie ein Fisch aus.
    Ms. Galvez verspannte sich merklich, dann sagte sie, "Ja, bitte, Charles?"
    "Sie haben gerade Terroristen beschrieben. Echte Terroristen. Sie sagen, dass sie Häuser gesprengt haben. Die wollten die Börse zerstören. Die haben Polizisten verprügelt und sie davon abgehalten, Gesetzesbrecher zu verhaften. Die haben uns angegriffen!"
    Ms. Galvez nickte bedächtig. Mir war klar, dass sie drüber nachdachte, wie sie mit Charles umgehen solle, der tatsächlich aussah, als würde er gleich platzen.
    "Charles spricht da einen interessanten Aspekt an. Die Yippies waren keine fremden Agenten, sondern amerikanische Bürger. Wenn du sagst, ,die haben uns angegriffen', dann musst du dir klarmachen, wer ,die' und ,wir' sind. Wenn deine Mitbürger..."
    "Schwachsinn!", rief er. Er war jetzt aufgestanden. "Wir waren damals im Krieg. Diese Typen haben den Feind unterstützt. Es ist doch ganz einfach, wer ,wir' sind und wer ,die': Wenn du Amerika unterstützt, gehörst du zu uns. Wenn du die Leute unterstützt, die auf Amerikaner schießen, gehörst du zu denen."
    "Möchte vielleicht sonst jemand etwas dazu sagen?"
    Einige Hände schossen hoch. Ms. Galvez rief sie auf. Ein paar Leute wiesen darauf hin, dass die Vietnamesen bloß auf Amerikaner geschossen hatten, weil die Amerikaner nach Vietnam geflogen waren, um dort bewaffnet im Dschungel herumzurennen. Andere fanden, dass Charles insofern Recht hatte, dass es nicht erlaubt sein dürfe, verbotene Dinge zu tun.
    Alle diskutierten angeregt; alle außer Charles, der sich drauf beschränkte, Leute anzubrüllen und sie zu unterbrechen, wenn sie ihre Standpunkte erläutern wollten. Ms. Galvez versuchte ein paar Mal, ihn zum Warten zu bewegen, aber er wollte davon nichts wissen.
    Ich schlug derweil was in meinem SchulBook nach, von dem ich wusste, dass ich es schon mal gelesen hatte.
    Ich fand es. Ich stand auf. Ms. Galvez blickte mich erwartungsvoll an. Die Anderen folgten ihrem Blick und verstummten. Selbst Charles schaute nach einer Weile zu mir hin; in seinen großen, feuchten Augen loderte sein Hass auf mich.
    "Ich möchte etwas vorlesen", sagte ich. "Es ist kurz: ,daß, um diese Rechte zu sichern, Regierungen eingesetzt sein müssen, deren volle Gewalten von der Zustimmung der Regierten herkommen; daß zu jeder Zeit, wenn irgend eine Regierungsform zerstörend auf diese Endzwecke einwirkt, das Volk das Recht hat, jene zu ändern oder abzuschaffen, eine neue Regierung einzusetzen, und diese auf solche Grundsätze zu gründen, und deren Gewalten in solcher Form zu ordnen, wie es ihm zu seiner Sicherheit und seinem Glücke am zweckmäßigsten erscheint." ( 4 )
    Kapitel

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