Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
Jesus-und-Maria-Hologramme) und lauter Mariachi-Musik. Was sie voneinander unterscheidet, ist hauptsächlich, mit welchen exotischen Fleischsorten sie jeweils ihre Burritos füllen. Die wirklich authentischen Läden haben auch Hirn und Zunge - das bestelle ich nie, aber es ist gut zu wissen, dass es das gibt.
    Der Laden, zu dem wir gingen, hatte sowohl Hirn als Zunge, aber wir bestelltens nicht. Ich nahm Carne Asada und sie Hühnerhack, und beide nahmen wir einen großen Becher Horchata.
    Kaum hatten wir uns gesetzt, rollte sie ihren Burrito aus und holte ein kleines Fläschchen aus ihrer Tasche. Es war ein kleiner Edelstahl-Zerstäuber, den wohl jeder für eine Pfefferspray-Selbstverteidigungswaffe gehalten hätte. Sie zielte auf die freiliegenden Innereien ihres Burrito und nebelte sie mit einem feinen, öligen roten Spray ein. Ich bekam einen Hauch in die Nase, meine Kehle zog sich zusammen und meine Augen tränten.
    "Was zum Teufel tust du deinem armen, wehrlosen Burrito da an?"
    Sie warf mir ein fieses Grinsen zu. "Ich bin süchtig nach scharfem Essen. Das hier ist Capsaicinöl in einem Zerstäuber."
    "Capsaicin..."
    "Genau, das Zeug in Pfefferspray. Das hier ist im Prinzip Pfefferspray, aber in Öl angelöst. Und viel leckerer. Stell es dir einfach wie Spicy Cajun Visine vor."
    Meine Augen tränten schon beim bloßen Gedanken daran.
    "Du machst Witze. Das da wirst du niemals essen."
    Sie zog die Augenbrauen hoch. "Hey, Bürschchen, das klingt wie ne Herausforderung. Schau genau hin."
    Sie rollte den Burrito so sorgfältig zusammen wie ein Kiffer seinen Joint, schlug die Enden ein und wickelte ihn dann wieder in die Alufolie. Sie pulte ein Ende ab, hielt es sich vor den Mund und balancierte es ein wenig vor ihren Lippen.
    Bis zu dem Moment, in dem sie reinbiss, konnte ich nicht glauben, dass sie es wirklich tun würde. Ich mein, was sie da grade auf ihr Essen gesprüht hatte, das war nicht bloß scharf, das war eine scharfe Waffe!
    Sie biss rein. Kaute, schluckte. Und sah dabei in jeder Hinsicht so aus wie jemand, der seine Mahlzeit genießt.
    "Magst mal beißen?", fragte sie mit Unschuldsmiene.
    Jo", sagte ich. Ich mag scharfes Essen. Bei den Pakistanis bestell ich immer die Currys, die auf der Speisekarte mit vier Chilis markiert sind.
    Ich pulte etwas mehr Folie ab und biss herzhaft rein.
    Böser Fehler.
    Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr einen großen Haps Rettich oder Wasabi oder so was nehmt und wenn sich dann die Nebenhöhlen und die Luftröhre gleichzeitig zusammenziehen und sich der ganze Kopf mit brennend heißer Luft füllt, die durch eure tränenden Augen und Nasenlöcher einen Weg ins Freie sucht? Dieses Gefühl, als obs gleich aus euren Ohren dampft wie bei einer Zeichentrickfigur?
    Das hier war viel schlimmer.
    Das hier war so, wie wenn man die Hand auf die heiße Herdplatte legt, außer dass es nicht bloß die Hand war, sondern die gesamte Innenseite des Kopfes und die Speiseröhre und alles bis runter zum Magen. Mein ganzer Körper brach in Schweiß aus und ich schnappte verzweifelt nach Luft.
    Sie reichte mir kommentarlos meine Horchata, und irgendwie gelang es mir, den Strohhalm in meinen Mund zu führen und gewaltig zu schlucken, den halben Becher auf einmal.
    "Es gibt da diese Skala, die Scoville-Skala, mit der wir Chili-Liebhaber die Schärfe von Paprikafrüchten beschreiben. Reines Capsaicin hat zirka 15 Millionen Scoville. Tabasco liegt bei rund 50.000. Pfefferspray hat freundliche drei Millionen. Das Zeug hier hat kümmerliche 200.000, es ist also in etwa so scharf wie milder Scotch Bonnet Pepper. Ich habe ungefähr ein Jahr gebraucht bis hierher. Ein paar von den richtig Harten können bis zu einer Million ab, zwanzig Mal schärfer als Tabasco. Das ist verdammt höllenscharf. Bei solchen Scoville-Graden wird dein Gehirn total mit Endorphinen geflutet; wirkt auf den Körper berauschender als Hasch. Und gesund ist es auch."
    Allmählich meldeten sich meine Nebenhöhlen zurück, und ich konnte wieder atmen, ohne zu hecheln.
    "Ach, und wenn du nächstes Mal pinkeln gehst, wird das noch mal übel brennen", sagte sie zwinkernd.
    Autsch.
    "Du bist wahnsinnig", sagte ich.
    "Große Worte von jemandem, der zum Spaß Laptops baut und wieder verschrottet."
    "Touché", sagte ich und fasste mir an die Stirn.
    "Magst du noch was?" Sie hielt mir den Zerstäuber hin.
    "Gib rüber", sagte ich schnell genug, dass wir beide lachen mussten.
    Als wir das Restaurant Richtung Dolores Park verließen, legte sie

Weitere Kostenlose Bücher