Little Brother
mit Bussen in den Süden gefahren sind, um bei der Registrierung schwarzer Wähler zu helfen und gegen den offiziellen Staatsrassismus zu protestieren. Kalifornien war einer der Orte, aus denen die meisten Führer der Bürgerrechtsbewegung kamen. Wir waren hier immer schon ein bisschen politischer als der Rest des Landes, und in diesem Teil des Landes konnten Farbige außerdem schon dieselben Fabrikjobs bekommen wie Weiße, so dass es ihnen ein bisschen besser ging als ihren Verwandten im Süden.
Die Studenten in Berkeley schickten kontinuierlich Freiheitsaktivisten nach Süden, die sie mithilfe von Infoständen auf dem Campus, in Bancroft und Telegraph Avenue rekrutierten. Die Stände gibt es heute noch, ihr habt sie wahrscheinlich schon gesehen.
Tja, die Universität versuchte das zu unterbinden. Ihr Präsident verbot politische Aktivitäten auf dem Campus, aber die Bürgerrechtsjugend ließ sich davon nicht aufhalten. Die Polizei versuchte jemanden zu verhaften, der an den Infoständen Flugblätter verteilte, aber dann haben 3000 Studenten den Wagen umzingelt und es verhindert, ihn abtransportieren zu lassen. Sie wollten es nicht zulassen, dass sie diesen Jugendlichen ins Gefängnis brachten. Sie stellten sich aufs Dach des Polizeiautos und hielten Reden über das First Amendment ( 3 ) und über Meinungsfreiheit.
Das gab den Startschuss für die Bewegung für Meinungsfreiheit. Es war der Beginn der Hippies, aber von hier nahmen auch ein paar radikalere Studentenbewegungen ihren Anfang. Black-Power-Gruppen wie die Black Panthers, und später auch Gruppen für Schwulenrechte wie die Pink Panthers, radikale Frauengruppen, sogar ,lesbische Separatisten', die Männer komplett abschaffen wollten. Und die Yippies. Hat schon mal jemand von den Yippies gehört?"
"Wollten die nicht das Pentagon zum Schweben bringen?", fragte ich. Darüber hatte ich mal eine Doku gesehen.
Sie lachte. "Das hatte ich vergessen, aber du hast Recht, das waren sie. Yippies waren so etwas wie sehr politische Hippies, aber sie waren nicht in dem Sinne ernsthaft, wie wir uns Politik heute vorstellen. Sie waren ziemlich verspielt, Faxenmacher. Sie haben Geld in die New Yorker Börse geworfen und das Pentagon mit Hunderten Leuten umringt, um es mit einem Zauberspruch zu levitieren. Sie haben eine fiktive Art von LSD erfunden, das man mit Wasserpistolen versprühen sollte, und dann haben sie sich gegenseitig bespritzt und so getan, als ob sie stoned seien.
Sie waren lustig und ziemlich telegen - einer der Yippies, ein Clown namens Wavy Gravy, brachte in der Regel Hunderte von Demonstranten dazu, sich wie der Weihnachtsmann zu verkleiden, so dass man abends in den Fernsehnachrichten sehen konnte, wie Polizisten den Weihnachtsmann festnahmen -, und sie mobilisierten eine Menge Leute.
Ihre große Stunde war die Democratic National Convention 1968, als sie zu Protesten gegen den Vietnamkrieg aufriefen. Tausende von Leuten kamen nach Chicago, schliefen in den Parks und demonstrierten jeden Tag. In diesem Jahr hatten sie eine Menge bizarrer Aktionen; zum Beispiel ließen sie ein Schwein namens Pigasus als Präsidentschaftskandidat antreten. Die Polizei und die Demonstranten kämpften in den Straßen - das hatten sie vorher auch schon oft getan, aber die Polizisten in Chicago waren nicht klug genug, die Presse in Ruhe zu lassen. Sie verprügelten die Reporter, und die rächten sich, indem sie endlich ausführlich berichteten, was bei diesen Demonstrationen wirklich passierte. Plötzlich sah das ganze Land, wie seine Kinder ziemlich brutal von Polizisten zusammengeschlagen wurden. Sie nannten es einen ,Polizei-Aufstand'.
Die Yippies sagten immer: "Trau keinem über 30". Damit meinten sie, dass Leute, die vor einem bestimmten Zeitpunkt geboren waren, als Amerika Feinde wie die Nazis bekämpfte, es nie begreifen würden, was es bedeutete, sein Land so sehr zu lieben, dass man es ablehnen musste, gegen die Vietnamesen zu kämpfen.Sie dachten, dass du, wenn du erst mal 30 warst, deine Einstellungen nicht mehr ändern würdest und niemals begreifen könntest, wieso die Kinder der damaligen Zeit auf die Straße gingen und Krawall machten.
San Francisco war der Ausgangspunkt für all das. Hier wurden revolutionäre Armeen gegründet. Einige davon jagten im Dienst ihrer Sache Häuser in die Luft oder raubten Banken aus. Viele der Jugendlichen von damals wurden später mehr oder weniger normal, während andere im Gefängnis landeten. Einige von den
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