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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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mir den Arm um die Hüfte, und ich stellte fest, dass sie genau die richtige Größe hatte, dass ich ihr bequem meinen Arm um die Schulter legen konnte. Das war neu. Ich war nie einer von den Großen gewesen, und die Mädchen, mit denen ich ging, waren alle genau so groß gewesen wie ich. Mädchen wachsen als Teens schneller als Jungs - ein fieser Trick der Natur. Das hier war nett. Es fühlte sich gut an.
    An der Ecke 20. Straße bogen wir ab Richtung Dolores. Und noch ehe wir einen Schritt getan hatten, spürten wir schon die Schwingungen, wie das Summen einer Million Bienen zugleich. Unmengen von Leuten strömten dem Park entgegen, und von hier betrachtet sah er hundert Mal voller aus als vorhin, bevor ich Ange traf.
    Der bloße Anblick brachte mein Blut zum Kochen. Es war eine wundervolle, kühle Nacht, und wir würden feiern, richtig feiern, feiern, als gäbe es kein Morgen. "Lass uns essen, trinken und fröhlich sein, denn morgen sterben wir."
    Ohne ein Wort zu sagen, fielen wir in Laufschritt. Wir begegneten massenhaft Polizisten mit ernsten Gesichtern, aber was würden die schon unternehmen wollen? Es waren unglaublich viele Leute im Park. Ich bin nicht so gut darin, Massen zu zählen. In den Zeitungen sollten die Veranstalter später von 20.000 Leuten sprechen, während die Polizei 5000 zählte. Vielleicht waren es also 12.500.
    Wie auch immer: Noch nie war ich unter so vielen Menschen gewesen, und hier war ich Teil eines unangekündigten, unzulässigen, illegalen Events.
    Nur einen Augenblick später waren wir mittendrin. Ich würds nicht beschwören wollen, aber ich glaube, es war wirklich niemand über 25 in dieser Traube von Menschen. Alle lächelten. Ein paar jüngere Kinder waren dabei, Zehn-, Zwölfjährige, und das empfand ich als beruhigend. Niemand würde etwas allzu Dummes unternehmen, wenn so junge Kinder in der Menge dabeiwaren. Niemand würde riskieren wollen, dass Kinder verletzt würden. Diese Nacht würde einfach bloß eine denkwürdige, festliche Frühlingsnacht werden.
    Ich fand, wir sollten uns am besten Richtung Tennisplätze orientieren. Also wühlten wir uns durch die Menge, und um uns nicht zu verlieren, nahmen wir uns bei den Händen. Um uns nicht zu verlieren, wäre es natürlich nicht nötig gewesen, unsere Finger ineinander zu verschränken; das war nur zum Vergnügen. Und es war ein ganz erhebliches Vergnügen.
    Die Bands waren alle auf den Tennisplätzen mit ihren Gitarren, Mischpulten, Keyboards und sogar einem Schlagzeug. Später fand ich im Xnet einen Flickr-Stream davon, wie sie das ganze Zeug reinschmuggelten, Stück für Stück, in Sporttaschen und unter den Mänteln. Außerdem gab es monströse Lautsprecher, die Sorte, wie man sie bei Autoteilehändlern findet, und darunter ein Stapel von... Autobatterien! Ich musste lachen. Genial! So also versorgten sie ihre Aufbauten mit Strom.
    Ich konnte erkennen, dass es Batterien von einem Hybridwagen waren, von einem Prius. Jemand hatte ein Ökomobil ausgeweidet, um die nächtliche Unterhaltung mit Energie zu versorgen. Die Stapel von Batterien gingen außerhalb der Tennisplätze noch weiter; draußen häuften sie sich auch noch am Zaun entlang, mit dem Hauptstapel mit durchgefädelten Kabeln verbunden. Ich zählte insgesamt 200 Batterien! Gott, das Zeug wog bestimmt auch eine Tonne.
    Keine Chance, dass sie das alles ohne E-Mail, Wikis und Mailinglisten hätten organisieren können. Und unvorstellbar, dass so kluge Leute das alles im öffentlichen Internet gemacht hätten. Das alles war im Xnet passiert, darauf verwettete ich meine Stiefel.
    Erst mal ließen wir uns eine Weile von der Menge hierhin und dorthin treiben, während die Bands ihre Instrumente stimmten und sich untereinander besprachen. Von weitem sah ich Trudy Doo auf den Tennisplätzen. Sie sah aus wie in einem Käfig, wie ein Profi-Wrestler. Sie trug ein abgerissenes Tanktop, und ihr Haar hing in langen, leuchtend pinkfarbenen Dreadlocks bis zur Hüfte. Dazu trug sie Army-Tarnhosen und riesige Grufti-Stiefel mit Stahlkappen. In diesem Moment nahm sie eine schwere Motorradjacke, abgegriffen wie ein Catcher-Handschuh, und zog sie über, als seis eine Rüstung. Obwohl: Wahrscheinlich war es ja auch als Rüstung gedacht.
    Ich versuchte ihr zuzuwinken (wohl um Ange zu beeindrucken), aber sie sah mich nicht, und um nicht weiter bescheuert zu wirken, ließ ichs sein. Die Energie hier in der Menge war schwer beeindruckend. Man redet ja immer von "Vibes" und "Energie", wenn

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