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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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da bei euren Eltern im Keller zu sitzen und mir zu erklären, wie ich mein Leben aufs Spiel setzen soll – aber was mich angeht, seit ihr bloß ein Haufen Verrückter, die sich einen dabei runterholen, andere Leute auszuspionieren.«
    »Lass das Drama«, sagte die Australierin. »Wir haben dir Johnstone auf einem Silbertablett serviert: die Adressen ihrer Angehörigen, ihre Sozialversicherungsnummer, ihre Ex-Ehemänner, ihr Vorstrafenregister, die Einrichtung, in der ihr alter Herr gerade von seinen Schmerzmitteln runterkommt. Du glaubst gar nicht, wie schnell sie zu einem Handel bereit sein wird, wenn du das alles online stellst.«
    »Wieso sollte sie hinterher noch einen Handel wollen?«
    »Weil«, sagte Yoda, »sie ja nicht weiß, was du sonst noch hast. Wie gesagt, Ms. Johnstone ist ein sehr unartiges Mädchen. Du weißt doch noch, was wir mit deinem Rechner angestellt haben? Wenn du wüsstest, wie viele andere Computer wir noch gepwnt haben!«
    Ich stöhnte und zog die Knie an die Brust. »Wenn ihr alle so krass und so leet unterwegs seid, wieso macht ihr das dann nicht einfach selbst? Wieso macht ihr Carrie Johnstone nicht fertig?«
    »Machen wir ja – aber du bist dabei unser Werkzeug. Du bist die perfekte Waffe, um einen der schlimmsten Menschen dieses Planeten zu vernichten. Du solltest stolz darauf sein.«
    Ich legte auf.
    Wie soll man nach so einem Anruf noch schlafen? Ich hatte schon mehrere Stunden wie in Trance mit den d0x über Carrie Johnstone zugebracht, doch irgendwie mussten mir das Tränengas, die Massenpanik, die Beinahe-Entführung und die Zeit, die ich gefesselt und in Haft verbracht hatte, in die Quere gekommen sein, von meinem dicht gefüllten Arbeitstag ganz zu schweigen. Von daher war ich noch nicht ansatzweise mit den Informationen über Johnstone durch. Es gab Tausende von Files in den Johnstone-d0x. Es war wie die Buddelschiffversion der Darknet-Docs, eine einzige Bibliothek des Schmutzes und des Elends, gewürzt mit Millionen irrelevanter, teils kryptischer Details. Wie die Ein-Mann-Ausgabe des Heimatschutzes saß ich auf einem Heuhaufen, so groß wie das ganze Universum, und suchte nach den Nadeln darin.
    Abermals vertiefte ich mich in die Arbeit. Diese Bekloppten mit ihren Computerstimmen gingen mir zwar auf den Geist, sie hatten mich aber auch neugierig gemacht. Johnstone hatte mir so viele Albträume beschert, dass die Vorstellung, es ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen, nicht eines gewissen, boshaften Reizes entbehrte.
    Außerdem hatte die Unterhaltung mir ein paar Stichworte geliefert, nach denen ich suchen konnte. Und siehe da, ihre Familie war wirklich ziemlich kaputt, und es gab Adressen und Telefonnummern von ihrer halben Verwandtschaft. Ein paar der Leute waren durchaus wichtig – ein Onkel zum Beispiel war Richter in Texas – , ein paar waren aber auch nur deshalb von Interesse, weil sie gerade einen Entzug durchmachten oder ein paar peinliche Vorstrafen besaßen. Viele von ihnen waren von Zyz für »Beratungstätigkeiten« bezahlt worden. Auch wenn ich kein Finanzexperte war, sah es für mich ganz danach aus, als ob Johnstone entweder heimlich Gelder abzweigte, um ihre Familie zu unterstützen, oder aber eine Art undurchsichtige Geldwäsche betrieb. Natürlich konnte auch einfach beides zutreffen.
    Es gab auch einige Ordner mit Fotos. Diejenigen, die mich am meisten verstörten, waren offensichtlich mit der Webcam an Johnstones Computer gemacht worden, ohne dass sie davon etwas mitbekommen hatte. Auf vielen Bildern trug sie nur einen Schlafanzug oder BH , und auf einem hatte sie den Finger fast bis zum zweiten Glied in der Nase. Mein erster Gedanke war, wie sehr es sie demütigen würde, wenn ich diese Bilder verbreitete; mein zweiter, wie viele solcher Bilder sicher auch von mir existierten und was meine anonymen »Freunde« wohl damit anstellen würden, falls sie zu dem Schluss kamen, dass ich nicht auf ihrer Seite stand.
    Ein File namens »suchbegriffe.txt« stellte sich als genau das heraus und enthielt alles, was Carrie Johnstone jemals durch eine Suchmaschine gejagt hatte, ausgelesen aus ihrem Browser. Ich warf einen Blick darauf, ließ es aber schnell wieder bleiben. Ich hasste Carrie Johnstone. Ich brauchte aber nicht zu wissen, über welche Art von Brustkrebs sie recherchierte, für welche Antidepressiva sie sich interessierte, nach Nacktfotos welcher Stars sie suchte.
    Ich schüttelte mich wie ein nasser Hund und wahrte in Folge eine gewisse emotionale

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