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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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überrascht gewesen, dass das SFPD YouTube-Filme mit einem die Polizei belastenden Inhalt einfach löschen lassen konnte, doch so naiv war ich leider nicht mehr.
    »Einstweilige Verfügung – so steht es zumindest auf YouTube. Wahrscheinlich kriegst du nachher noch Besuch von einem Gerichtszusteller.«
    »Du glaubst, die wollen mich verklagen?«
    »Ja klar. Weißt du nicht mehr? Keine Aufnahmen in einer ›Frozen Zone.‹« Seit Jahren hörte man schon davon, dass die Polizei in manchen Städten bestimmte Gebiete einfach als »frozen« erklärte, weil dort gerade ein Großeinsatz stattfand und Presse dabei nicht erwünscht war.
    »Scheiß doch drauf. Die Gerichte haben gesagt, dass die Presse sich nicht daran zu halten braucht.«
    »Bist du die Presse?«
    »Na ja, eine Million Menschen haben mein Video gesehen. Von daher würde ich schon sagen, klar bin ich die Presse.«
    Ich konnte sie am anderen Ende richtig grinsen hören. »Ja, ich sehe das auch so. Wahrscheinlich wirst du aber auch einen Richter davon überzeugen müssen.«
    »Na super. Ich kümmere mich gleich drum. Das heißt, nachdem ich Joe Noss zum Wahlsieg verholfen, das SFPD wegen Freiheitsberaubung verklagt und zwei Leute, die ich so sehr eigentlich gar nicht mag, aus den Fängen skrupelloser Söldner befreit habe.«
    »Jetzt jammer hier mal nicht so rum«, sagte sie. »Komm schon, du bist M1k3y! «
    »Außerdem muss ich meine Telefonnummer auf das neue Handy umziehen.«
    »Okay, das klingt wirklich nach Arbeit. Telefonanbieter sind das Letzte. Ein Glück, dass du wenigstens noch mich hast.«
    »Das stimmt«, sagte ich. »Das stimmt allerdings.«
    Der folgende Tag sah so aus: Die restlichen Sachen für Joe fertigmachen und haufenweise Mails von Reportern beantworten, von denen ich einige noch aus M1k3y-Zeiten kannte. Sie wollten wissen, ob sie »mein« Video für ihre Nachrichten verwenden dürften. Ich wies sie freundlich darauf hin, dass das Video längst im ganzen Netz rumflog. Al-Dschasira , Russia Today und The Guardian begnügten sich damit, aber sämtliche amerikanischen Sender verlangten, dass ich ihnen etwas unterschrieb, was ihnen im Falle einer Klage die Möglichkeit gab, mich dafür zu verklagen, dass ich ihnen die Nutzung des Videos erlaubt hatte. Diese »Verträge« kamen ausnahmslos als schreibgeschützte PDF s, sodass ich die entsprechenden Bestimmungen auch nicht streichen konnte. Die ersten drei Mal machte ich mir noch die Mühe, in einem Bildbearbeitungsprogramm alles außer der Passage, in der ich ihnen die Verwendung des Videos erlaubte, auszuschwärzen. Dann kopierte ich Datum und Unterschrift darunter und schickte das Ganze zurück. Danach war es mir nur noch egal – denn alle Sender, die das Video zeigten, ob sie meinen Namen nun nannten oder nicht, ließen es sich nicht nehmen, ihr eigenes großes Logo drüberzulegen, »alle Rechte vorbehalten«. Darüber konnte ich dann nur noch lachen.
    Um zwei Uhr nachts klingelte abermals mein Handy. Ich Idiot hatte schon wieder vergessen, es auf lautlos zu stellen. Müde nahm ich den Anruf entgegen.
    »Ange, es ist mitten in der Nacht. Ich hab dich ja lieb und alles … «
    »Wir haben dich auch lieb, M1k3y.« Es war wieder eine dieser Computerstimmen. Diesmal war sie weiblich und hatte einen nervenden australischen Akzent.
    »Und Tschüss.«
    »Du hast noch nichts in Sachen Carrie Johnstone unternommen«, sagte eine andere Stimme. Sie war männlich und klang ein bisschen wie Yoda.
    »Deshalb ruft ihr mich an? Das weiß ich auch selbst.«
    »Masha und Zeb sind auf dich angewiesen.« Die Frauenstimme. Ich fragte mich, ob es wirklich zwei Personen waren. Vielleicht war es auch nur eine. Oder hundert, die alle ihre Nachrichten an eine Sprachausgabe raushauten.
    »Ich habe alles getan, was ich Masha versprochen habe, mehr noch sogar. Wenn ihr sie retten wollt, solltet ihr das selbst tun.«
    »Wir haben dir die Johnstone-d0x geschickt«, sagte die Männerstimme.
    »Ja, habt ihr.«
    »Hast du dir die Sachen angesehen?« Eine neue Stimme, mit einem texanischen Akzent, und unmöglich tief, wie ein Ochsenfrosch in einem Cartoon.
    »Nein«, log ich.
    »Das solltest du aber. Johnstone ist ein sehr unartiges Mädchen. Du könntest es der ganzen Welt erzählen. Du hast die Möglichkeit dazu. Gerade jetzt.«
    Ich setzte mich auf. »Jetzt hört mal zu: Ich nehme keine Ratschläge von anonymen Fremden entgegen. Wenn ihr mir was zu sagen habt, könnt ihr mir das auch ins Gesicht sagen. Ist schon einfach,

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