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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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einfach logisch.
    Also eilte ich weiter in die Richtung, in die Masha, Zeb und ihre Häscher gelaufen waren, tiefer ins Dunkel. Mittlerweile humpelte ich leicht, und mein rechtes Knie begann lautstark zu protestieren, doch ich befahl auch ihm, die Klappe zu halten.
    Doch sie waren weg. Natürlich waren sie weg. Ohne Licht reichte es hier draußen ja schon, rasch hundert Meter in irgendeine Richtung zu laufen, um völlig zu verschwinden. Wahrscheinlich hatten sie auch Nachtsichtgeräte und alle möglichen cleveren kleinen Ninja-Superarschloch-Agenten-Gadgets dabei, um mich an der Nase herumzuführen.
    Falls sie das so wollte. Denn Carrie Johnstone hätte mich wahrscheinlich auch einfach und ohne mit der Wimper zu zucken umlegen können. Schließlich hatten sie und ihre Leute irgendeine militärische Ausbildung, und ich war nur ein dürrer Neunzehnjähriger aus San Francisco, dessen letzter Kampf in Mrs. Bapujis Kinderkrippe mit ihrer strengen Ermahnung geendet hatte, meine Elmo-Puppe mit dem kleinen Manny zu teilen.
    Doch das war mir gleich. Ich hatte ein Ziel. Ich war kein Feigling. Ich würde mich nicht zurücklehnen und andere die Arbeit machen lassen. Also rannte ich weiter durch die Nacht.
    Ich konnte aber keine Spur von ihnen entdecken. Ich schrie ihre Namen, bis ich heiser wurde, rannte hierhin und dorthin, und ich rannte noch immer, als Ange mich endlich einholte, am Arm packte und mit aller Gewalt zum Erste-Hilfe-Zelt schleppte. Da stellte ich dann fest, dass ich tatsächlich nicht der Einzige war, der einen Arzt oder Sanitäter brauchte.
    Es war die schlimmste Katastrophe in der Geschichte des Festivals.
    Octotank – so hieß das Gefährt, das in die Luft geflogen war – hatte das Licht der Welt eigentlich als Bagger erblickt; entsprechend eindrucksvoll waren auch die Ketten und die Karosserie. Eine kreative Gruppe aus San Bernardino hatte alles Übrige entfernt und in liebevoller Handarbeit einen alten Jahrmarktspolypen draufmontiert – eines dieser Fahrgeschäfte mit sechs oder mehr beweglichen Arme und Gondeln am Ende, die man als »Krake« oder auch »Octopussy« kennt.
    Das allein wäre ja schon ziemlich cool gewesen, aber die Designer hatten zusätzlich Flammenwerfer aufs Dach jeder Gondel gebaut, die von einem Arduino-Controller gesteuert wurden. Ihren Brennstoff bezogen sie aus einem gemeinsamen, großen Tank an der Seite des Gefährts, der aber noch mit verschiedenen Metallsalzen vermischt wurde, sodass jede Flamme in einer anderen Farbe brannte. Wenn Octotank dann durch die Playa rollte, seine acht Gondeln in einem wirbelnden bunten Mandala um sich kreisen ließ und gleißende, vielfarbige Flammensäulen in den nächtlichen Himmel schoss, war das einfach atemberaubend, ja erhebend.
    Zumindest bis zu dem Moment, als er explodierte, versteht sich.
    Zum Glück war der Tank schon halb leer gewesen, sonst hätte es mich (und gut hundert andere Leute) nicht nur von den Beinen gerissen, sondern uns eingeäschert.
    Dass dies nicht passiert war, grenzte schon fast an ein Wunder. Mindestens zwei Dutzend Verletzte hatten aber so schlimme Verbrennungen, dass sie nach Reno geflogen werden mussten. Dabei war Octotank von gewissenhaften Leuten gebaut worden, die doppelt und dreifach an die Sicherheit gedacht hatten. Eine ihre Maßnahmen war zum Beispiel gewesen, dass die Wand des Tanks an ihrer Unterseite am schwächsten war, sodass er, wenn er denn je explodierte, seine Wucht Richtung Boden entfalten würde, in Gegenrichtung des Fahrers und der Passagiere. Die Explosion hatte Octotank umgeworfen und zwei seiner Arme abgerissen. Die Gondeln waren mit den Trümmern weggerollt, doch ihre Insassen waren angeschnallt gewesen und mit dem Schrecken, ein paar Kratzern und leichten Brüchen davongekommen.
    Was mich betraf, so hatte ich eine gebrochene Nase und einen ziemlich hässlichen Schnitt auf der Stirn. Meine Lippe, die ich beinahe durchgebissen hatte, musste mit drei Stichen genäht werden. Außerdem hatte ich ein verstauchtes Knie und ein Hämmern im Kopf, mit dem man Beton kleingekriegt hätte. Doch verglichen mit vielen der anderen Opfer hatte ich wohl noch mal Glück gehabt.
    Ange und ich setzten uns im Erste-Hilfe-Lager auf den Boden und lehnten den Rücken an einen Campingwagen. Meine Krankenschwester trug ein glitzerndes Korsett und einen Cowboyhut aus rosa Plüsch. Sie bat mich, noch eine Weile zu bleiben, bis eine Gehirnerschütterung auszuschließen war. Zwar wollte ich nicht tatenlos herumsitzen,

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