Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
Hand.
    Normalerweise bin ich ziemlich vorsichtig, was meine Daten angeht. Das heißt auch, dass ich nichts Wichtiges auf einem USB -Stick lasse. Die Dinger gehen einfach ständig verloren. Etwas Wichtiges steckt man möglichst rasch in einen Rechner – in meinem Fall mein neuestes Frankenstein-Monster, ein selbstgebauter Laptop, den ich den »schleichenden Schrecken« oder einfach nur »Schleicher« getauft hatte. Schleicher war ein entfernter Nachfahre von Salmagundi, meinem ersten solchen Gerät. Er hatte ein ziemliches Trumm von Festplatte, zwei Terabyte, und mittels TrueCrypt hatte ich mir eine Alibi-Partition angelegt, die es so gut wie unmöglich machte, mir irgendwas nachzuweisen – »glaubhafte Abstreitbarkeit« heißt der Fachausdruck dafür. Wenn man den Laptop einfach nur hochfuhr und das Passwort eingab, kam man in einer scheinbar normalen ParanoidLinux-Umgebung heraus, inklusive Browser und einem E-M ail-Client, der mit meinen öffentlichen Adressen und Xnet-Accounts verbunden war und den Spam und die ganzen Freundschaftsanfragen von Fremden und Bots abfing.
    Wenn man – oder eher, ich – aber ein anderes Passwort beim Booten benutzte, kam man in einer anderen, versteckten ParanoidLinux-Installation heraus, und die hatte Zugriff auf meine privaten Accounts, Bookmarks, Kalender, sozialen Netzwerke und so weiter. Mit ein bisschen Rumgemache konnte ich beim Hochfahren die sichere, geheime Version meines Computers ausführen und parallel dazu die Alibi-Version in einer virtuellen Maschine starten.
    Neben dem Laptop stand eine externe Festplatte, und Schleicher war schlau genug, alle fünf Minuten nachzusehen, ob die Platte auch angeschlossen war und wenn ja, darauf eine Sicherungskopie anzulegen. Die Platte war ebenfalls verschlüsselt (wäre schon ziemlich blöd, sich den ganzen Act mit dem Laptop zu geben und dann eine unverschlüsselte Kopie meiner Daten auf dem Tisch stehen zu haben). Die Platte wiederum verband sich in regelmäßigen Intervallen mit einem der Server im Noisebridge und legte dort wiederum eine Kopie an.
    Das bedeutete, dass alle Daten, die ich auf meinen Laptop kopierte, relativ zuverlässig binnen weniger Minuten verschlüsselt und erst auf die externe Festplatte, dann auf die Hardware des Noisebridge kopiert wurden. Die wiederum war mit einer großen Serverfarm von und für Hackerspaces synchronisiert, die sich irgendwo in England in einem alten Atombunker befand (ganz im Ernst!). Also nur zu – klau mir den Laptop, brenn mein ganzes Haus ab, schmeiß eine Atombombe auf San Francisco, und ich habe immer noch ein Back-up, muhahaha. Das ist zwar, zugegeben, schon ziemlich paranoid, aber a) habe ich eine Menge Paranoia mitgemacht und b) war es auch nicht viel komplizierter, als eine kommerzielles Back-up-Lösung zu benutzen, nur dass meine schneller, sicherer und günstiger war.
    Meine Hand schwebte über dem USB -Port. Der Stick war markenlos, einfach nur eckig und billig verarbeitet. Das Gehäuse sah aus, als wäre es von einem Fünfzehnjährigen zusammengeklebt worden, der irgendwo in China an eine Maschine gekettet saß. Solche Sticks fand man auch zertrampelt auf dem Bürgersteig oder bekam sie samt Werbung für irgendeinen Konzern oder Softdrink in der BART -Station geschenkt. Er konnte genauso gut 4 GB wie 500 GB groß sein. Er konnte alle Bücher enthalten, die je geschrieben worden waren, oder ein Video von einer Katze, die einen Laserpointer jagt; oder einen Haufen übler Pornos.
    Oder er enthielt den Schlüssel zu einem wahren Schatz von Staats- und Militärgeheimnissen, wichtig genug, dass Carrie Johnstone einen deswegen mitten in der Nacht entführte. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
    Der Schlüssel war keine fünf Kilobyte groß, eine lange, zufällige Zeichenkette. Irgendwo dort draußen gab es den File, den diese Kette entschlüsselte. Der Schlüssel selbst aber war so klein, dass ich ihn Ange auch am Telefon hätte vorlesen können, wenn es mir nichts ausmachte, eine Stunde lang »I_?4Wac0’5_9’Ym4| PL « und ähnlichen Salat aufzusagen – und sie es hinbekam, jeden Buchstaben, jede Ziffer und jedes Sonderzeichen fehlerfrei mitzuschreiben.
    Kaum dass ich den Schlüssel auf meinen Laptop kopiert hatte, brach mir der Schweiß aus, und mein Herz schlug wie wild. Mit zitternden Händen gab ich Schleicher den Befehl, jetzt gleich eine neue Sicherungskopie anzulegen. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass Carrie Johnstone und ihre Schläger meine Tür

Weitere Kostenlose Bücher