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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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dem Festival hat’s einen Unfall gegeben, und … «
    »Wir haben schon davon gehört.«
    Mist. Der Gedanke, dass ein Unglück beim Burning Man auch anderswo Schlagzeilen machen konnte, war mir noch gar nicht gekommen. Dabei war San Francisco der Geburtsort des Festivals, natürlich hatte sich das hier rumgesprochen. Und meine Eltern hatten es nicht von mir erfahren. Verdammt, ich war wirklich ein lausiger Sohn.
    »Tut mir leid. Wirklich! Es ist nicht so schlimm, wie’s aussieht. Ich hab vor der Fahrt bloß ein paar Schmerzmittel genommen und bin dann eingeschlafen, sonst hätte ich angerufen … «
    Da stand auch Dad auf einmal vor mir. »Mein Gott, Marcus, was ist passiert?«
    Ich schloss die Augen und atmete tief durch. »Könnten wir bitte einen Deal machen? Ich erzähle euch ganz schnell, was passiert ist, danach gehe ich duschen und schlafen, und morgen besprechen wir noch mal alles in Ruhe?«
    Genau das liebe ich so an meinen Eltern: Sie tauschten einen kurzen Blick mit hochgezogener Braue, wie um zu sagen: Das klingt doch sehr vernünftig, dann nickten sie. »Okay.« Sie schlossen mich fest in die Arme. Es tat unbeschreiblich gut, obwohl ich so müde war, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
    Dann zog ich mir die Schuhe aus – allein das Bücken ließ hinter meinen Augen neuerliche Kopfschmerzen erblühen – und stellte sie in zwei kleinen Wölkchen Playastaub ab. Dad räumte ein paar Bücher vom Sofa, während Mom für uns einen Tee und für Dad einen Kaffee machte. (Sosehr es mich schmerzte: Dad trank trotz all meiner Erziehungsversuche immer noch Instant – igitt!) Ich erzählte ihnen so schnell es ging, was passiert war, verlor aber kein Wort über Masha, Zeb und Carrie Johnstone. Hier in San Francisco kam mir alles so fern vor – wie die Erlebnisse eines anderen oder etwas aus einem Buch. Vielleicht lag es auch an den Schmerzmitteln oder Anges (verständlicher) Skepsis, aber mittlerweile traute ich meiner eigenen Erinnerung nicht mehr.
    »Noch was«, sagte ich zum Schluss. »Jemand hat mir einen Job angeboten! Webmaster oder so, für jemanden, der sich für den Senat von Kalifornien bewirbt. Ich melde mich morgen mal bei ihm.«
    »Das ist fantastisch, mein Schatz«, sagte Mom und meinte es auch so. Dad sagte ebenfalls etwas Nettes, ich merkte aber, dass er dabei vor allem an den Job dachte, den er nicht mehr hatte. Nach meiner Verurteilung – für den Diebstahl von Mashas Handy, kein Kommentar – stellte sich auf einmal ganz »überraschend« heraus, dass man ihm seine Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht erneuern wollte. Damit versiegte ein Großteil seiner Beraterjobs. Wir machten uns erst keine Sorgen, immerhin hatte er noch seinen Lehrauftrag an der Uni in Berkeley. Dann aber ging Kalifornien pleite, und zwar so richtig pleite, nicht bloß beinahe, wie es während meiner Kindheit öfter mal passiert war, und die Uni bekam ihre Mittel auf praktisch null gestrichen. Freie Mitarbeiter wie mein Vater mussten als Erste gehen. Und dadurch verlor ich wiederum meine Ermäßigung auf die Studiengebühren und musste immer neue Kredite aufnehmen. Ganz recht: Die ganze Sache mit dem Xnet hat im Endeffekt meinen Vater den Job und mich mein Studium gekostet. Das nennt man dann wohl das »Gesetz der unbeabsichtigten Folgen«, ich aber bezeichne es einfach nur als FAIL .
    »Okay, ich geh dann mal duschen.« Ich nippte noch einmal an meinem Tee; er war stark, mit Milch und Zucker, so wie Mom ihn mochte. Mich erinnerte der Geschmack immer an meine Kindheit, besonders an die Tage, an denen ich mit Fieber oder Bauchweh krank im Bett gelegen und Mom sich um mich gekümmert hatte. Den Rest nahm ich mit hoch für nach der Dusche. Doch ich schaffte es gar nicht bis zur Dusche. Ich schaffte es nicht mal, mich auszuziehen – ich warf mich einfach aufs Bett, mitten zwischen die Klamotten, die dort noch von letzter Woche lagen, als ich in meinem Seesack Platz für X-1 schaffen musste, und Sekunden später war ich auch schon weg.
    Als ich wieder aufwachte, war es dunkel und mein Tee kalt. Ich kam endlich zu meiner Dusche und schrubbte mir unter dem heißen Wasser den Staub aus den Poren, bis das Wasser eiskalt war. Dann stapelte ich meine Wäsche und legte die Ausrüstung beiseite, die erst mal richtig abgewischt oder in der Einfahrt mit dem Schlauch abgespritzt werden musste. Zu guter Letzt räumte ich meinen Mehrzweckgürtel aus und hielt auf einmal einen staubigen USB -Stick in der

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