Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Sinterverfahren umgestiegen. Dabei wird eine dünne Schicht des Werkstoffs in Pulverform aufgetragen und mit einem Laser zurechtgeschmolzen, dann wird die nächste Schicht aufgetragen und immer so weiter, bis man seine fertige Form hat.
Solche Drucker kosteten natürlich deutlich mehr als MakerBots – so um die 500000 Dollar und mehr. Außerdem waren sie alle in einem Dschungel verschiedener Patente gefangen, sodass nur wenige Hersteller sie verkaufen konnten. Das hinderte aber niemanden daran, die MakerBots entsprechend umzurüsten, und kaum dass einer damit angefangen hatten, machten alle anderen es nach. Das war auch kein Wunder: Durch Lasersintern konnte man viel glattere und detailliertere Oberflächen herstellen als aus Kunststoff, und mit der entsprechenden Ausrüstung konnte man auch metallische Pulver verarbeiten und makellose Objekte aus Edelstahl, Messing, Silber oder was immer man wollte erschaffen.
Was mich dagegen interessierte, war, wie man etwas aus Sand herstellte. Weltweit suchten Leute nach Alternativen zu Kunststoff oder Metallpulver, denn theoretisch konnte man seinen Drucker mit allem füttern, was ein Laser schmelzen konnte. Man konnte zum Beispiel wunderschöne Dinge aus Zucker machen, sogar aus dem Molkepulver, das Bodybuilder benutzten. Natürlich waren diese Objekte leider sehr brüchig und kurzlebig. Doch was meine Fantasie wirklich beflügelte, war Sand – denn wenn man Sand schmilzt, bekommt man Glas, und zwar wunderschönes, schlieriges Glas. Täglich entstanden so herrliche neue Skulpturen, Schmuck und Actionfiguren und was immer die Leute aus geschmolzenem Sand fabrizierten. Und als Werkstoff war Sand sogar noch billiger als Molkepulver.
Doch hier in der Playa gab es keinen richtigen Sand. Was wir stattdessen hatten, war Staub – Gipsstaub, das Zeug, aus dem man Gipskartonplatten machen konnte; aber theoretisch auch ganz andere, abgefahrene Sachen.
Zumindest war das mein Plan gewesen. Zunächst hatte ich mir meinen eigenen MakerBot gebaut. Die Pläne kamen von der Webseite, das Balsaholz schnitt ich mit Lasern zurecht. Der Arduino-Controller stammte ebenfalls von mir, alle übrigen Teile hatte ich, soweit möglich, zusammengeschnorrt. Es hatte etwa zwei Monate gebraucht, dafür kam ich im Endeffekt mit weniger als 200 Dollar Ausgaben weg – und es lief wie am Schnürchen. Natürlich nahm ich den Drucker kaum dass er lief auch schon wieder auseinander, um ihn auf Pulverdruck umzustellen. Das war schon deutlich komplizierter, und der Laser, den ich dafür brauchte, kostete mich noch mal so viel wie der Rest.
Während ich mich im ewigen, verhassten Kreislauf von Rückschlägen und Reparaturen verzettelte, kam ich mir vor wie der weltgrößte Idiot – weil ich nicht hinbekam, was jeder andere (sofern man »jeder andere« äußerst speziell definierte) problemlos zu schaffen schien. Ich konnte aber auch nicht aufgeben. Denn immer, wenn etwas schiefging, schien die Lösung auch schon quälend nahe, und wenn ich bloß diese eine Sache noch machte, würde endlich alles funktionieren. Dann kam noch eine Sache dazwischen, dann noch eine und immer so weiter – und dann funktionierte es tatsächlich! Es war, als würde ich plötzlich aus meinem Koma gerissen; ich roch den süßen, giftigen Duft des geschmolzenen Sands und sah zu, wie sich auf der Bauplattform die erste Glasperle bildete. Dann begann mein Testobjekt zu wachsen. Es war ein erhebender Moment.
Ich brauchte das Ergebnis nicht mal zu überprüfen – ich sah, dass alles funktionierte. Ich hatte diesen verdammten Drucker hundertmal auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt. Ich kannte seine Bewegungen wie die der eigenen Hände, seinen Klang wie den meines Herzens. Ich lachte, führte einen wahren Freudentanz auf und sah ein paar Minuten den einzelnen Phasen des Herstellungsprozesses zu, bis ich vor Hochgefühl schier platzte. Also rannte ich auf die Mission Street hinaus und hätte am liebsten den erstbesten Menschen ins Noisebridge geschleppt, um ihm zu zeigen, dass mein Drucker wirklich funktionierte! Natürlich stellte ich da fest, dass es schon drei Uhr morgens war und ich ziemlich allein auf der Straße.
Das war jedenfalls mein MakerBot, und der Plan hatte vorgesehen, ihn auf Playastaub umzurüsten, mit geschmolzenem Zucker als Binder. Zucker ist stark : Wenn man flüssiges Karamell auf ein Brett schmiert und über Nacht ein zweites Brett darauf presst, hält das am nächsten Tag so fest, dass eher das Holz
Weitere Kostenlose Bücher