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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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die vor?«
    »Gute Frage.« Ich war froh, das Thema zu wechseln.
    »Probieren wir’s mal mit dem Ausschlussverfahren, irgendwo müssen wir ja anfangen. Die Logs sagen, dass nur du, Ange und ich uns diese Dokumente angeschaut haben. Bist du dir sicher, dass Ange sie nicht geleakt hat? Reg dich nicht auf, okay? Wir müssen bloß an alles denken.«
    »Schon klar. Ange war’s sicher nicht. Ich wüsste auch nicht, weshalb sie das hätte tun sollen. Sie hat mir fast den Hals umgedreht, als ich vorgeschlagen hab, das mit Benson an die Öffentlichkeit zu bringen.«
    »Also wolltest du es leaken?«
    »Was? Nein. Ich meine, klar war meine erste Reaktion: Lasst uns die Schweine an den Pranger stellen. Aber Ange hat gesagt: Sei kein Idiot, überleg es dir noch mal. Außerdem wollt ich ja auch mit euch drüber reden, nicht einfach vorstürmen. Ich wüsste nicht mal, wie ich das allein machen sollte – wer immer die Sachen auch leakt, er ist echt gut. Erst auf Pastebin damit, dann dreht Reddit durch, und die Presse springt drauf an.«
    Da kam Ange. Sie trug einen langen schwarzen Pulli mit einem Mario/Cthulhu-Mashup in Pixel-Art, dazu einen roten Rock und schwarz-weiß gestreifte Strumpfhosen, und sah absolut hinreißend aus. Die rissigen Bikerboots von der Farbe alten Zements und die Plastikarmbänder aus dem 3D-Drucker gaben ihrem Outfit den letzten Schliff. Ange war die tollste Frau, die ich kannte, und zugleich mein allerbester Freund, und wenn ich sie, so wie jetzt, die Straße runterkommen oder durch den Park laufen sah, wurde mir mal wieder bewusst, dass ich wahrscheinlich der glücklichste Kerl auf der ganzen Welt war.
    Auf gar keinen Fall hatte sie hinter unseren Rücken etwas geleakt.
    Sie schloss Jolu kurz in die Arme und dann mich etwas länger. Wir gaben uns einen langen Kuss, der damit endete, dass ich mein Gesicht an ihrem Hals, an ihrem Schlüsselbein vergrub und ihren himmlischen Duft einsog.
    »Also, Jungs, habt ihr unsere Probleme schon alle gelöst?«
    »Noch nicht, aber wir arbeiten dran.«
    Wir packten unser Essen aus. Ich hatte mir heute früh ein paar Erdnussbutter-Marmelade-Sandwiches gemacht und dazu einen Apfel, ein paar Kekse und eine kleine Flasche Kaltgebrühten eingepackt. Mir war nämlich klar geworden, dass ich etwas sparsamer leben musste. Denn wenn ich jeden Tag acht Kröten für Kaffee, Burritos und Horchatas ausgab, würde von meinem Gehalt bald nicht mehr viel übrig sein. Ange hatte sich wie üblich eine richtige kleine Bentobox mit Reis, Gemüse, Tofu und Rindfleisch zusammengestellt, alles in perfekten, bunten Mustern arrangiert. Jolu aß einen seiner fiesen, großen Energieriegel, mit denen man auch Parkett hätte verlegen können. Sie bestanden aus allen möglichen Nüssen und Körnern, durchsetzt mit Räucherspeck und seiner speziellen Gewürzmischung. Als wir mal zelten waren, hatte er sich manchmal einen ganzen Tag lang von den Dingern ernährt.
    »Um eins von vornherein klarzustellen«, sagte Ange zwischen zwei Bissen Reis und marinierter Aubergine, »du bist nicht das Leck, Jolu, oder? Nichts für ungut, aber … «
    Er lachte. »Kein Problem. Du hättest Marcus sehen sollen, als ich ihn fragte, ob du’s vielleicht bist.«
    »Irgendwo muss man ja anfangen. Ich bin’s jedenfalls nicht. Ich wünschte, ich wär’s, denn dann hätte wenigstens niemand unsere Sicherheitsvorkehrungen unterlaufen, um jetzt Verstecken mit uns zu spielen. Du hast die Frage aber noch nicht beantwortet. Bist du das Leck?«
    »Nein, Ange, aber ich würde es mir aus demselben Grund wie du wünschen. Die Alternative gefällt mir nämlich genauso wenig wie dir: Entweder jemand hat unseren Server kompromittiert, und das wäre echt krass, denn da geht kein einziges Byte in Klartext rein oder raus, oder aber … «
    »Jemand hat deinen Laptop oder meinen oder den von Ange geknackt.«
    »Genau.«
    Diese Möglichkeit ging mir auch schon den ganzen Morgen durch den Kopf. War es vorstellbar, dass jemand die völlige Kontrolle über meinen Laptop erlangt hatte, nach Belieben Webcam und Mikro ansteuern konnte, alles mitlas, was auf dem Schirm stand oder auf der Festplatte gespeichert wurde? Kein schöner Gedanke. Die Darknet-Docs hatten bewiesen, dass Fred Benson allein von einem einzigen Schüler, der auf seiner Abschussliste stand, über achttausend Fotos gemacht hatte.
    Wie viele Zugriffe auf meinen Laptop mochte es schon gegeben haben? Keinen? Achttausend?
    Und noch wichtiger: Wenn man mich wirklich eingesackt

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