Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Vielleicht hatte Masha ja dasselbe empfunden, als sie beim Heimatschutz anheuerte oder sich mit Carrie Johnstone verbündete und Zeb den Laufpass gab – wenn das denn stimmte.
Das Messer kam in denselben Beutel wie die Elektronik. Dann tastete Timmy sorgsam die Ecken meiner Taschen ab – die Art von Durchsuchung, die es auch an Flughäfen gäbe, wenn die Leute dort wirklich daran interessiert wären, etwas zu finden, anstatt nur eine kleine Posse zum Thema Sicherheit aufzuführen.
Der Wagen hielt. Wir waren Minuten oder auch Jahrhunderte unterwegs gewesen. Die Trennscheibe zwischen Fahrer und Rückbank glitt mit dem fast lautlosen Schnurren eines gut gewarteten Mechanismus wieder nach unten. Unter dem extrem kurzen Haar des Fahrers konnte man knotiges Narbengewebe erkennen, das sich vom Scheitel bis zu seinen Nackensehnen zog. Dann drehte er den Kopf und sah uns an. Ich schaute an ihm vorbei, fragte mich, wo wir waren. Ich sah Wasser, ein paar dunkle Schemen, bei denen es sich um Boote handeln mochte, und industriell wirkende Gebäude. Ich hielt es für das China Basin. Die ganze Gegend war aufgeschüttet worden, und in die meisten alten Lagerhallen und Fabriken hatte man schicke Büros und Eigentumswohnungen eingezogen. Den verrammelten Fenstern und den Plastiktüten und anderem Abfall in den Bäumen nach zu schließen, war dies jedoch der Teil des Viertels, in dem sich eher wenig getan hatte.
»Da wären wir«, sagte Timmy und rieb sich die Hände. Er und der andere Mann tauschten einen Blick. »Marcus«, sagte er schließlich, »du weißt, was der Deal ist. Wir wollen, was du hast. Wir werden jede Maßnahme ergreifen, zu der du uns zwingst, um dich zu überzeugen. Und wenn es dazu nötig wird, dass wir dich doch zu deiner alten Freundin bringen, damit sie dir erklären kann, wie’s läuft, dann machen wir auch das. Aber das möchtest du doch nicht, oder? Ich glaube, du bringst diese Unannehmlichkeiten lieber so schnell und reibungslos wie möglich hinter dich.«
Der andere Mann verzog das Gesicht zu einem hässlichen Lächeln. »Du willst uns schließlich keinen Stress machen, Kleiner. Du willst uns wirklich keinen Stress machen.«
Mir war völlig klar, dass er’s drauf anlegte, mich einzuschüchtern.
Leider funktionierte es trotzdem.
»Es geht aber auch anders«, sagte Timmy, nahm eine Flasche Wasser von seinem Freund entgegen und leerte sie auf einen Zug bis zur Hälfte. »Du gibst uns einfach, was wir wollen, und wir bringen dich wohin immer du willst. Du bist aus der Sache draußen, kriegst noch eine Gratisfahrt, und wir machen früher Feierabend und schauen uns die örtlichen Stripbars an. Liegt ganz bei dir. Bist du ein schlauer Junge, Marcus, oder nicht?«
Ich suchte nach meiner inneren Ruhe, konnte sie aber nicht finden. Also ging ich auf die Suche nach Wut, wohin der Weg meistens kürzer ist, wenn man Angst hat, und schau einer an, da war sie auch schon. »Ihr seid doch echt der Hammer«, sagte ich. »Haltet ihr mich für einen Vollidioten? Glaubt ihr, ich klappe meinen Laptop auf, lösche das Archiv und hoffe, dass ihr mich schon gehen lasst, weil das ja bestimmt die einzige Kopie war? Also ehrlich. Wenn die Sache euch so wichtig ist, vertraut ihr mir doch eh nicht.«
Timmy lachte und klatschte auf die Wagentür. »Mann, Marcus. Wir sind doch Profis. Wir wissen, wie man so was macht. Wir wollen dich auch gar nicht mitnehmen, wenn’s nicht sein muss. Was wir im Sinn haben, ist ’ne satte Belohnung und eine Auszeichnung. Wir haben noch einiges vor, und die Leute bei uns sind die Crème de la crème. Du würdest da nicht gut reinpassen. Wenn wir die Wahl haben, lassen wir dich am liebsten genau da, wo wir dich herhaben.«
Ich rang mir wieder ein Pokerface ab. Klar würden sie mich dalassen. In einem Müllsack am Grunde der Bay.
»Oder glaubst du vielleicht, wir wollen dich umlegen? Das würde jetzt doch wirklich keinen Sinn ergeben. Ein schlaues Kerlchen wie du hat sicher viele Kopien, wo wir sie allein niemals finden, die aber irgendwann von selbst auftauchen, wenn du nicht mehr da bist. Wir brauchen deine Kooperation, und die kriegen wir nur, solange du lebst.«
»Und solange du was zu verlieren hast«, fügte der andere hinzu. Böser Bulle.
»Zeig’s ihm«, sagte Timmy. Der Fahrer stieg aus, schlug die Tür mit einem wohlkalkulierten Knall zu und schritt um das Auto zum Kofferraum. Der Wagen federte leicht, als er ihn öffnete und etwas herausnahm. Mit leise knirschenden Schritten
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