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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Quetsch.
    »Hast du noch Zugang zu den Schlüsseln, um etwaige andere Kopien zu entschlüsseln?«
    »Nein.« Quetsch.
    »Hast du irgendwem sonst von diesen Dokumenten erzählt oder Kopien davon weitergegeben?«
    »Nein.« Ich quetschte – jetzt ging’s um alles. Diese Frage entschied darüber, ob sie Ange oder Jolu oder meine anderen Freunde abgreifen und sie derselben Behandlung unterziehen würden – inklusive dessen, was mir vielleicht noch bevorstand. Ich quetschte und lockerte, immer weiter.
    Knotenkopf zeigte Timmy den Schirm. Der legte daraufhin den Kopf schief und horchte kurz auf die Stimme in seinem Ohrhörer. »Roger«, sagte er dann und schaltete das Gerät aus. »Alles gut, Kumpel. Gute Arbeit. Jetzt lass uns unseren kleinen Freund hier heimbringen. Oder möchtest du lieber irgendwo was trinken, Marcus? Hast du Hunger? Oder hast du ’ne Bibelstunde, zu der wir dich bringen sollen? Oder zum Pfadfindertreff?«
    »Ich kann von hier laufen.« Ich war schweißnass und wollte einfach nur aus dem Auto raus. Immer wieder schossen meine Augen zu der grifflosen Tür, und ich dachte: Das ist kein Auto, das ist ein Gefängnis auf Rädern. Ich war mir fast sicher, dass sie immer noch vorhatten, mir die Taschen mit Steinen zu füllen und mich in der Bay zu versenken. Das taten Söldner doch schließlich, oder? Leute umbringen.
    »Jetzt stell dich mal nicht so an, Schätzchen«, sagte Timmy. »Wir waren doch ganz freundlich, oder etwa nicht? Wir haben einfach nur unseren Job getan. Und der besteht im Übrigen darin, dich vor den richtig fiesen Typen zu beschützen, die nur zu gerne dein Haus in die Luft jagen und deine Mama in eine Burka stecken würden. Du hast deinem Land heute einen Dienst erwiesen. Du solltest stolz auf dich sein.«
    Ich erwiderte nichts. Alles, was mir dazu einfiel, hätte mir nur einen weiteren Schlag eingehandelt. Schlimmeres, vielleicht.
    »Also, wohin sollen wir dich bringen, Marcus? Magst du noch mit uns in die Tittenbar?«
    »Ich möchte jetzt aussteigen.«
    Er schaute mich abschätzig an. »Ganz wie du meinst.«
    Knotenkopf zog mir die Elektroden ab. Die Tür sprang wie von Geisterhand auf. Ich packte meine Sachen, warf einfach alles in den Rucksack. Das Multitool nahm Timmy mir jedoch ab und ließ es vor meinem Gesicht baumeln. »Es macht dir doch nichts aus, wenn ich das behalte, oder? So als Andenken an unsere gemeinsame Zeit im Feldzug für Wahrheit und Gerechtigkeit?« Seine Augen glitzerten vor irrer Freude, und auf einmal wirkte er viel gefährlicher als Knotenkopf. Ich schüttelte den Kopf.
    »Behalten Sie’s.«
    »Mann, das ist echt nett von dir, Marcus. Oder? Ist das nicht nett von ihm?«
    Knotenkopf lachte. Ich zog meinen Rucksack zu, dann warf ich mir die Jacke um und stieg aus. Ich wusste nicht genau, wo ich war, aber es brauchte nicht viel, um zu erraten, dass weg vom Wasser eine gute Idee war. Von South of Market würde ich dann schon den Weg zur Mission Street und nach Hause finden, oder ich nahm einen Bus oder die BART . Ich war etwa zwanzig Schritte weit gekommen, als ich den Motor des Wagens auf einmal aufheulen hörte, und sprang gerade noch rechtzeitig beiseite, als er an mir vorbeijagte. Beinahe hätte er mich erwischt. Es war ein letztes großes »Fick dich« von Knotenkopf und Timmy – eine kleine Erinnerung, dass ich nur ein Weichei und sie tough und stark waren. Die Nummer war so armselig, dass ich wohl hätte lachen sollen, aber wenn es so lustig war, wieso musste ich dann weinen?
    Es waren richtige Sturzbäche, und vor lauter Geschluchze lief mir der Rotz übers Gesicht. Meine Hände zitterten, meine Beine gaben fast nach. Auf einmal wog mein Rucksack Millionen Pfund, und ich nahm ihn ab und ließ ihn ohne Rücksicht auf den Laptop zu Boden fallen.
    Ich kam mir … geschlagen vor. Als ob ich nichts zählte. Als ob ich nichts wäre. Ich versuchte mich mit dem Gedanken zu trösten, dass sie dumm genug gewesen waren, einem Lügendetektor zu glauben, und ich sie überlistet hatte. Doch das half nichts. Sie waren größer, stärker, besser ausgerüstet. Sie glaubten an Lügendetektoren, weil sie und alle, die sie kannten, schon selbst mit einem befragt worden waren und deshalb »wussten«, dass sie funktionierten. Es war genau wie mit den Leuten, die an Astrologie oder heilende Hände glaubten, und die auch bloß Leute kannten, die dasselbe glaubten wie sie. Mächtiger und stärker als ich waren sie leider trotzdem.
    Ich zwang mich, mit dem Weinen aufzuhören,

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