Little Lies - Vollkommen vertraut: Roman (Little-Reihe) (German Edition)
gut, dass du dich heute Nacht eingesperrt hast. Wahrscheinlich haben sich die Wogen bald geglättet. Und vielleicht ruft mich ja auch Sawyer-Liebling bald mal wieder an.«
Ein Messer? Wie bitte? Was wäre passiert, wenn er sie angegriffen und das Messer sie erwischt hätte? Fuck. Ich musste sie hier rausholen. Aber ob sie das auch wollte? Hatte Jewel das gemeint, als sie gesagt hatte, ich würde vielleicht bald wieder anrufen? Gott, ich hoffte es.
Auf jeden Fall würde sie bald zurück sein. Immerhin war ich schon nah dran und musste eigentlich nur noch abwarten. Ich ließ mich aufs Bett plumpsen und griff nach ihrem Kopfkissen, drückte es an mein Gesicht und atmete tief ein. Wow, ich hatte ihren Geruch so sehr vermisst. Ich versenkte mein Gesicht in ihrem Duft, sah zum Fenster und … wartete.
A ls ich zurück zur Anlage lief, waren meine Tränen getrocknet. Ich war über eine Stunde gerannt. Meine Lungen brannten, und meine Beine würden sich morgen wahrscheinlich wie Wackelpudding anfühlen. Ich war momentan nicht gerade in Bestform …
Ich öffnete das Fenster, kletterte hinein – und fuhr zusammen. Jemand saß auf meinem Bett. Ich stieß einen leisen Schrei aus.
»Lana, ich bin es.«
Sawyer. Er legte seine Hände auf meine Arme, und da begriff ich es. Sawyer war wirklich hier.
Ich stand völlig erstarrt da und fragte mich, ob ich wegen des vielen Rennens vielleicht ohnmächtig geworden war und das hier nur träumte.
»Ich wollte dich nicht erschrecken. Sorry.« Das Wort Sorry riss mich aus meiner Schockstarre. Ich befreite mich aus seiner Umklammerung und wich zurück Richtung Tür.
»Lana, bitte nicht. Bitte hör mir zu. Lass mich nicht einfach stehen. Du hast ja keine Ahnung –«
» Ich habe keine Ahnung? Ach ja? Und wie ich die habe! Hau ab! Hast du gehört?! Ich. Will. Dich. Nicht. Sehen!«
Mir wurde bewusst, dass ich ziemlich laut geworden war, aber bei dem Lärm da draußen würde mich ohnehin niemand hören.
»Lana, bitte«, bat Sawyer. Zögerlich ging er auf mich zu. Ich schloss die Augen und verschränkte schützend die Arme vor der Brust. Schrecklich, wie sein flehender Tonfall mir schon jetzt zusetzte.
»Wenn ich dir jemals auch nur ein bisschen was bedeutet habe, dann gehst du jetzt und lässt mich einfach klarkommen«, flüsterte ich.
Während ich auf seine Antwort wartete, kämpften die unterschiedlichsten Gefühle in mir gegeneinander an. Freude, dass er bald gehen würde und ich ihm also doch etwas bedeutete. Erleichterung, weil er so nicht sehen würde, wie ich zusammenbrach. Und gleichzeitig ein riesiger Schmerz.
Da hörte ich leises Papierrascheln und öffnete langsam die Augen. Sawyer stand immer noch am selben Fleck, in der Hand einen zerfledderten Brief. Er begann, ihn laut vorzulesen:
» Aber leider habe ich mich auch jemandem geöffnet, der nie dasselbe für mich fühlen wird. Ich wusste, dass Sawyer dich liebt. Ja, ich weiß das, seit wir Kinder waren. Ich habe geglaubt, dass es vielleicht genügt, seine Aufmerksamkeit zumindest für eine kurze Zeit zu gewinnen. Ich habe mich getäuscht.«
Es fühlte sich an, als würde meine Brust jeden Augenblick explodieren. Er hatte den Brief. Oh Gott. Er hob den Blick und sah mich direkt an. In seinen Augen lag so viel Schmerz und … noch irgendetwas anderes.
»Hör zu. Ja, ich habe Ashton mal geliebt. Sie war meine Sandkastenliebe. Eine andere Form von Liebe kannte ich gar nicht. Aber weißt du, als sie mich verlassen hat, da habe ich noch nicht mal geweint. Wegen dir hingegen habe ich geheult wie ein Schlosshund …«
Ich hielt den Atem an, als er sich anschickte weiterzulesen.
»Ich bin als Kind zweier Eltern aufgewachsen, die bei ihren Entscheidungen nie Rücksicht auf mich genommen haben. Für meine Gefühle haben sie sich nie interessiert. Wer weiß, vielleicht ist das auch meine Schuld. Ich habe ja nie mit ihnen darüber gesprochen. Stattdessen habe ich den Schmerz und den Ärger einfach immer heruntergeschluckt, jahrelang. Ich wollte stark sein, weil ich wusste: Meine Eltern sind schwach. Und jetzt habe ich das so unendlich satt. Habe die Schnauze voll davon, immer nur die zweite Wahl zu sein. Ich brauche jemanden, der mich liebt.«
Er hörte auf zu lesen und sah mich wieder an. »Du solltest nie, aber auch nie die zweite Wahl von irgendjemandem sein. Jeder, der nicht kapiert, was für ein kostbares Geschenk du bist, ist ein blinder Vollidiot, okay?!«
Und schon las er weiter.
»In Grove kann ich nicht bleiben.
Weitere Kostenlose Bücher