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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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unseres Familienbaums. Erstaunlicherweise galt ein Täuschungsszenario ganz allein mir – die sich stets für die ungekrönte Königin des Verrats in allen Varianten gehalten hatte.
    Normalerweise tauche ich nie unangemeldet bei David zu Hause auf, vor allem, weil er mich gebeten hat, es möglichst seinzulassen. Eines Tages fuhr ich aber zufällig in seiner Gegend herum, als ich einen Platten bekam und dieses Viertel nicht so schnell wieder verlassen konnte. So parkte ich mein Auto in der Einfahrt meines Bruders und klingelte. Es war an einem Samstagabend um sieben Uhr, ich rechnete ehrlich gesagt kaum damit, ihn daheim anzutreffen.
    Beim dritten Klingeln reißt David die Tür auf. Bei meinem Anblick fällt ihm allerdings die Kinnlade runter, als habe er sich auf jemand ganz anderes gefreut.
    »Isabel.«
    »Schön. Du weißt also noch, wer ich bin.«
    »Solltest du von solchen Aktionen nicht die Finger lassen?«
    »Ich dachte, du würdest diese Regel ein bisschen flexibler anwenden.«
    »Ist flexibel in deinen Augen wirklich ein Adjektiv, das zu mir passt?«
    »Nein. Aber ich habe einen Platten. Und ich war zufällig in der Nähe.«
    »Du hast einen Platten?«
    »Mein Auto steht in deiner Einfahrt. Du kannst ihn dir gern ansehen.«
    »Kein Bedarf. Was brauchst du?«
    »Nun, ich würde gern dein Telefon benutzen und mich ein wenig in deinem luxuriösen Heim entspannen, während ich auf den Abschleppdienst warte.«
    »Was ist mit deinem Handy?«
    »Hab ich zu Hause liegenlassen. Ich wollte ja nur schnell was besorgen.«
    David dreht sich von der Tür weg, lässt sie aber halb offen, als stillschweigende und nicht gerade höfliche Aufforderung einzutreten.
    »Beeil dich, Izzy. Ich hab heute Abend noch was vor.«
    »Was denn?«
    »Auf ein Verhör hab ich jetzt keine Lust.«
    »Hast du nie.«
    »Findest du das Telefon oder brauchst du eine Wegbeschreibung?«, fragt David bissiger als sonst. Auf einer Bissigkeitsskala würde er jetzt etwa Stärke zehn erreichen.
    Gerade als ich in der Küche nach dem schnurlosen Telefon greifen will, fängt es an zu klingeln. Als ich das Gerät von derStation nehme, springt David auf mich zu und reißt es mir aus der Hand.
    »Hallo«, sagt er völlig außer Atem. »Ja. Ich weiß. Meine Schwester ist gerade bei mir, ich muss noch warten, bis ihr Abschleppdienst eintrifft. Können wir uns eine halbe Stunde später treffen? In einer Stunde? Okay. Bis nachher.«
    David drückt die Aus-Taste und reicht mir den Apparat. Ich mustere ihn aufmerksam, ohne ein Wort zu sagen. Während ich wegen des Autos herumtelefoniere, steht er vor dem Spiegel und zupft sich ungehalten die Haare zurecht. Ich frage, ob ich sein Bad benutzen darf, um als Erstes einen Blick ins Medizinschränkchen zu riskieren. Natürlich entdecke ich dort die allerneuesten Anti-Aging-Produkte, so dass ich mich endlos über Davids Eitelkeit mokieren könnte. Wäre er nicht mein Bruder, würde ich ihn deswegen vielleicht sogar verachten. Dann fällt mir neben der Alpha-Hydroxy-Lotion eine Packung Tampons ins Auge, ein untrügliches Zeichen dafür, dass David eine feste Freundin hat. Wer ihn nicht kennt, mag das für einen voreiligen Schluss halten, aber meine Deutung fußt auf solidem historischen Boden. Eigentlich eine Schande, dass er mir diese Information vorenthalten will.
    Ich strecke meinen Kopf aus der Badezimmertür. »Was machst du heute Abend, David?«
    »Essen gehen.«
    »Ein Date?«
    »Eine Freundin.«
    »Wie heißt sie?«
    »Geht dich nichts an.«
    »So heißt sie bestimmt nicht.«
    »Vergiss es, Isabel.«
    Da halte ich ihm die Tamponpackung entgegen. »Ich komm schon noch dahinter.«
D ER K RIEG UM DAS R ECHT AUF A RBEIT IN DER F REIZEIT
T EIL DREI
    Ein paar Wochen später wurde Rae von einer regulären Observierung abgezogen, weil sie im Algebratest nur eine Drei plus geschafft hatte. Daraufhin begab sie sich wieder auf eine nächtliche Tour. Und wurde diesmal von zwei Polizisten in Uniform nach Hause geleitet. Als Dad im Pyjama die Tür öffnete, war er verblüfft, Rae draußen statt drinnen vorzufinden.
    Officer Glenn stellte sich und seinen Partner Officer Jackson vor, bevor er meinem Vater freundlich die Hand reichte. »Guten Abend, Sir. Ist das Ihre Tochter?«
    »Kommt drauf an. Was hat sie getan?«
    »Ein anonymer Anrufer hat uns mitgeteilt, dass ein junges Mädchen – die Beschreibung trifft auf Ihre Tochter zu – im Bereich der Polk Street Passanten verfolgt. Kurz darauf haben wir Emily aufgegriffen, als sie

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