Live!
Eintreffen begrüßt und ihm alles Gute gewünscht, danach sind wir einander nicht mehr über den Weg gelaufen.«
»Welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?«
Er denkt kurz nach. »Er war wie immer herzlich und zu einem Scherz aufgelegt. ›Du weißt, wie sehr ich dich mag, Kyriakos‹, sagte er zu mir. ›Aber ich werde euch nicht an der Macht sehen.‹«
Weil Andreadis’ Partei nie die Wahlen gewinnen oder weil er sich umbringen würde? Vermutlich das letztere.
»Ich habe nicht erwartet, Sie unter solch unangenehmen Umständen wiederzusehen«, meint Andreadis.
»Diese unangenehmen Umstände wollte ich verhindern, als ich Sie aufsuchte.«
Er starrt mich sprachlos an. »Glauben Sie, Vakirtsis’ Selbstmord hängt mit dem von Favieros und Stefanakos zusammen?«
»Dessen bin ich mir ganz sicher. Was ich nicht weiß, ist, ob es noch weitere Selbstmorde geben wird.«
Er blickt mich besorgt, ja, fast panisch an, aber ich verfüge weder über die Mittel noch über die Zeit, ihn zu beruhigen.
Da erblicke ich am anderen Ende des Bassins ein Aufnahmeteam und eine Rothaarige, die mit ihrem Kameramann im Schlepptau durch die Menge schweift und die Gäste interviewt. Na also, die Berichterstattung durch das Fernsehen ist gesichert, sage ich mir. Die Truppe stammt vom selben Sender, der auch die beiden vorigen Freitode live übertragen hat. Warum schon wieder von dem? Ich zupfe die Rothaarige am Ärmel und ziehe sie zur Seite. Sie ist überrascht, mich zu sehen.
»Herr Kommissar! Wie schön, daß es Ihnen wieder gutgeht. Sind Sie wieder im Dienst?« fragt sie.
Ich bleibe die Antwort aus nachvollziehbaren Gründen schuldig. »Sagen Sie mir lieber, wieso Sie hierhergekommen sind. Ist es bei Ihrem Sender üblich, daß Sie über die Namenstage Ihrer Kollegen berichten?«
»Nein, aber bei uns ist ein Anruf eingegangen. Wir sollten ein Aufnahmeteam auf Vakirtsis’ Party schicken, da es dort zu überraschenden Wendungen kommen könne. Unser Chef hielt es zuerst für einen dummen Scherz, aber dann hat er mich doch, für alle Fälle, mit dem Kamerateam hergeschickt.«
»Ich hätte gerne eine Kassette von den Interviews, die Sie geführt haben.«
»Selbstverständlich, ich bringe sie Ihnen morgen im Büro vorbei.«
»Besser nicht in mein Büro, ich will nicht, daß sie verlorengeht. Hinterlegen Sie sie im Büro des Kriminaldirektors, da hole ich sie mir dann ab.«
Nachdem das also geregelt ist, kann ich mich jetzt um Rena kümmern. Ich hoffe inständig, daß Fanis sie so weit hergestellt hat, daß ich sie befragen kann. Nun, bei den beiden ersten Selbstmorden hatte Logaras eine Fernsehshow inszeniert. Beim dritten hat er für die Fernsehberichterstattung gesorgt, da er ein Open-air-Event bieten wollte. Woher wußte er aber, wann genau Vakirtsis Hand an sich legen würde? Wie konnte er sich bezüglich Tag und Stunde so sicher sein? Darüber sinniere ich, als ich die Treppen zur Veranda hochsteige. Ich komme zu dem Schluß, daß er beim heutigen Selbstmord erstmalig ein gewisses Risiko auf sich genommen hat. Bei den ersten beiden Freitoden hatte er dafür gesorgt, daß die Biographien rechtzeitig bei zwei verschiedenen Verlegern eintrafen. Und er verließ sich auf deren Geschäftssinn, darauf, daß die erste Auftage unmittelbar nach den Selbstmorden in Druck gehen würde. Beim dritten Freitod jedoch hat er sich aus der Deckung gewagt. Nicht, was seinen Anruf beim Fernsehsender betrifft. Wenn Vakirtsis sich nicht umgebracht hätte, wäre der Anruf als dummer Scherz betrachtet worden. Aber was wäre passiert, wenn die Biographie in meine Hände gelangt und Vakirtsis noch am Leben gewesen wäre? Hätte ich nicht alles daran gesetzt, den Selbstmord zu verhindern? Um mir die Biographie zu schicken, mußte er wissen, daß ich die Selbstmorde untersuchte und folglich nicht tatenlos zusehen würde, wie das Schicksal seinen Lauf nimmt. Wieso schickte er mir also die Biographie etwa eine Stunde vor dem Selbstmord, wenn er so sicher war, daß es mir nicht gelingen konnte, ihn zu vereiteln? Wie konnte er sich zudem so sicher sein? Doch nur, wenn er mit dem Selbstmörder persönlich Tag und Stunde abgesprochen hatte. Aber hatte er die drei so sehr in der Hand? Standen sie so sehr unter seinem Einfluß? Diese Frage bleibt in der Schwebe. Ich muß herausfinden, wie und womit er sie erpreßt hat.
Ich frage eine der jungen Angestellten, die wie benommen durch das Erdgeschoß des Hauses taumeln, wo das Zimmer von Frau Rena liegt, und sie
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