Live!
Vakirtsis stundenlang im Büro vor seinem Computer gesessen. Ich bin auf eine Schreibtischschublade mit Sicherheitsschloß gestoßen, konnte den Schlüssel aber nicht finden.«
Diesmal nehmen wir die Route über Stamata. Es ist nach Mitternacht, und der Verkehr auf dem Kifissias-Boulevard hat nachgelassen.
»Hiermit ist dein Genesungsurlaub zu Ende«, meint Fanis mit einemmal.
Ich blinzele verdattert zu ihm hinüber. »Wieso? Wie kommst du darauf?«
»Weil das Gefasel von den Schlägertypen und den Rechtsextremen ausgestanden ist und es jetzt zur Sache geht.«
Vielleicht hat er recht. Petroulakis’ Mienenspiel zumindest ließ darauf schließen, daß man sich diesmal schwertun wird, den Selbstmord Philipp von Makedonien in die Schuhe zu schieben.
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D ie Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. So meinte einer unserer Dozenten an der Polizeischule. Das war in der Zeit nach dem Sturz von Jorgos Papandreous Regierung, als Demonstrationen, Protestmärsche und Zusammenstöße zwischen Polizei und Studenten an der Tagesordnung waren. Der Dozent kam in die Klasse, rieb sich die Hände und sagte: »Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos.« Damit wollte er sagen, daß sich die Lage zwar von Tag zu Tag verschlimmerte, im Grunde jedoch durch die Ausschreitungen nur besser werden konnte, da dadurch der Weg für eine Diktatur geebnet wurde. Diesen Gedanken drehte und wendete er, bis es schließlich tatsächlich soweit war. Mit der Junta freilich verbesserte sich die Lage nicht im geringsten, aber jeder empfindet Ernst oder Hoffnungslosigkeit individuell.
Das geht mir durch den Kopf, als ich schräg hinüber zum Minister blicke. Mit Vakirtsis’ Selbstmord ist die Lage sehr ernst geworden. Gikas’ Anruf hatte mich aus dem Schlaf gerissen. Er war mit dem Flying Dolphin aus Spetses zurückgekehrt, da uns der Minister zu einer dringlichen Sitzung einberufen hatte. Als ich das Büro des Ministers betrat und keinen Janoutsos erblickte, wurde mir klar, daß die Lage ernst, aber nicht hoffnungslos war.
Wir sind zu viert: Der Minister thront auf seinem Stuhl, ihm zur Seite sitzen Gikas und ich, und in der Mitte schmort der Ministerialdirektor sozusagen auf der Anklagebank, da sich der Minister auf den Ministerialdirektor eingeschossen hat.
»Ich verstehe Sie nicht, Stathis«, sagt er. »Sie erteilen dem Leiter der Mordkommission die Anweisung, diese Herumtreiber festzunehmen, ohne den Kriminaldirektor zu informieren? Und darüber hinaus läuft der Fall nicht einmal über den eigentlichen Leiter der Mordkommission, sondern über seinen Stellvertreter?«
»Und als ich den Herrn Ministerialdirektor um Aufklärung bat, hat er mir entgegengehalten, meine Untergebenen seien dazu angehalten, mich auf dem laufenden zu halten«, mischt sich Gikas ein und treibt damit einen weiteren Nagel in den Sarg des Ministerialdirektors.
Der weicht Gikas’ Blick aus und zieht es vor, nur mit dem Minister Blickkontakt zu halten. »Ich habe doch erklärt, daß ich eine Anweisung von ganz oben erhalten habe«, meint er.
»Wenn sie von so weit oben stammte, hätte ich doch etwas davon erfahren müssen, oder? Oder wollen Sie damit sagen, es gebe Anweisungen von oben, die nicht durch meine Hände gingen?«
Der Minister wartet vergeblich auf eine Antwort. Der Ministerialdirektor beschränkt sich darauf, ihn bedeutungsschwanger anzublicken.
»Und was machen wir jetzt?« Der Minister reitet wahrscheinlich deshalb auf seinen Fragen herum, um den Ministerialdirektor ständig in Verlegenheit zu bringen. »Wenn wir die drei auf freien Fuß setzen, gibt es einen Aufschrei der Empörung. Aber auch wenn wir sie festhalten, fällt man über uns her.«
»Wir könnten ein wenig abwarten.«
»Und was haben wir davon? Wenn wir versuchen, die Sache auszusitzen, machen wir uns vor allen zum Gespött.«
Der Ministerialdirektor wägt seinen Gedankengang kurz ab, und bringt ihn schließlich zu Gehör: »Ist es denn ausgeschlossen, daß auch dieser Freitod auf das Konto der Rechtsextremen geht? Im Endeffekt sind die drei Festgenommenen ja nicht die ganze Vereinigung.«
Gikas fährt herum und ist drauf und dran, von seinem Stuhl hochzuspringen. Der Minister registriert seine Reaktion, behält jedoch kühlen Kopf.
»Ausgeschlossen, Stathis«, sagt er mit einem ironischen Lächeln zum Ministerialdirektor. »Vakirtsis hatte sich ausdrücklich für die gewaltsame Rückführung illegaler Einwanderer in ihre Heimatländer ausgesprochen. Zu diesem Thema hatte er
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