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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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aufgekeimt war, erlischt nun angesichts des bedeckten Körpers. Ich beuge mich hinunter und hebe das Laken hoch. Der Anblick des verkohlten Gesichts fährt mir dermaßen in die Knochen, daß ich das Laken fallen lasse und mich an den Stamm der Rebe lehne, um mich auf den Beinen zu halten. Ich war darauf gefaßt, einen durchschossenen Schädel oder eine durchgeschnittene Kehle zu sehen, aber keine verkohlte Leiche. Ich blicke mich um. Das Laub rundum ist teils vergilbt, teils verbrannt.
    Ich lasse die Leiche liegen und trete auf die Frau zu, die auf dem Stuhl sitzt. Ihr Schluchzen hat sich etwas beruhigt. Nun sitzt sie kerzengerade und reglos da und hält die Hände vors Gesicht geschlagen.
    »Was ist passiert?« frage ich. Sie bleibt die Antwort schuldig und verharrt weiterhin in derselben Haltung. »Kommissar Charitos. Erzählen Sie, was geschehen ist.«
    Langsam läßt sie die Hände sinken und hebt den Blick. Sie schluckt krampfhaft und versucht, einen Einstieg zu finden. »Wir haben uns gegenseitig ins Bassin geschubst«, erzählt sie dann. »Sie wissen schon, dieses Spiel, bei dem man den anderen ins Wasser stößt.«
    Das habe ich in irgendwelchen Hollywoodfilmen schon mal gesehen. »Und dann?«
    »Irgendwann ist Apostolos aufgetaucht. Er war naß und wir nahmen an, daß er in dem ganzen Trubel auch hineingesprungen war. Aber er triefte von … Benzin.« Sie schluchzt auf und stammelt dann mit stockender Stimme: »Er ist dorthin gegangen, wo er jetzt liegt, und hat uns von weitem zugewinkt, als wolle er … sich verabschieden. Dann …« Sie kann nicht weitersprechen, denn sie wird von einem Weinkrampf geschüttelt. »Dann hat er ein Feuerzeug aus seiner Tasche gezogen und sich die Kleider angezündet.«
    Ich lasse sie ein wenig zur Ruhe kommen. »Ist keiner auf die Idee gekommen, die brennende Kleidung zu löschen?«
    »Wir waren alle vollkommen versteinert. Binnen einer Minute stand er in Flammen. Wir haben seine Sprünge gesehen und seine Schreie gehört, uns aber nicht in seine Nähe gewagt. Erst als er auf den Rasen stürzte, sind wir zu uns gekommen und haben begonnen, nach einem Eimer oder einem Gartenschlauch zu suchen. Ein Schlauch war nirgendwo aufzutreiben. Irgend jemand hat dann aber einen Putzeimer gefunden. Damit haben sie Wasser aus dem Schwimmbecken geschöpft und über ihn gegossen, aber es war zu spät.«
    »Wo ist seine Frau?«
    »Es gibt keine Ehefrau, er ist geschieden. Rena, mit der er zusammenlebt … gelebt hat, hat einen Schock erlitten, und man hat sie ins Haus hinaufgebracht.«
    Die Leute reagieren wie stets in solchen Fällen. Sobald sie merken, daß jemand das Kommando übernimmt, läßt die Anspannung nach, und die Menge löst sich auf. Ich gehe auf Fanis zu, der am Beckenrand steht und mich fragend ansieht.
    »Er hat gebrannt wie eine Fackel.«
    Schon bei den Worten ergreift ihn Ehrfurcht. »Also, Selbstmord an sich ist ja schon grausam. Aber warum dann auch noch auf so grausame Weise?«
    »Ich weiß es nicht. Gib dem Krankenwagen Bescheid, daß sie ihn holen können. Und dann geh ins Haus hoch zu Vakirtsis’ Lebensgefährtin, einer gewissen Rena. Sieh nach, wie es ihr geht, und bring sie zu sich. Ich würde gerne mit ihr sprechen.«
    Er macht kehrt und entfernt sich raschen Schrittes, während ich mich umblicke. Das einzige, was ich jetzt tun kann, nachdem ich den Wettlauf mit der Zeit verloren habe, ist nachzuforschen, ob es Ähnlichkeiten mit den vorangegangenen Selbstmorden gibt. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Vakirtsis’ Freitod in zwei Punkten. Zum ersten wurde die Biographie, die ständige Begleiterscheinung der Selbstmorde, an keinen Verlag geschickt, sondern direkt an mich. Das heißt, wer auch immer sich hinter dem Pseudonym Logaras verbirgt, weiß, daß ich in Sachen der Selbstmorde ermittle. Folglich handelt es sich nicht allein um jemanden aus dem Bekanntenkreis der drei Selbstmörder, sondern möglicherweise um jemanden, der mich kennt oder den ich befragt habe. Zum zweiten ist dies der einzige Selbstmord, der zwar in der Öffentlichkeit, aber nicht im Fernsehen verübt wurde. Plötzlich tritt Andreadis aus einem Grüppchen von Leuten. Als sein Blick auf mich fällt, kommt er auf mich zu.
    »Was für eine Tragödie!« sagt er. »Was für eine Tragödie!«
    »Haben Sie es gesehen?«
    »Wer hat es nicht gesehen? Es ist vor aller Augen passiert.«
    »Haben Sie heute abend überhaupt mit ihm gesprochen?«
    »Nur ein paar Worte. Ich habe ihn gleich bei meinem

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