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sondern geben bekannt, daß wir sie weiterhin wegen des Mordes an den beiden Kurden vernehmen. Parallel dazu lassen wir durchsickern, daß die wiederholten Selbstmorde unseren Verdacht erregt haben und wir ihre Hintergründe untersuchen. Letzteres wird uns zwar ein paar bissige Kommentare einbringen, aber zumindest kann uns keiner mehr vorwerfen, daß wir die drei jungen Männer als Bauernopfer festhalten.«
Der Minister überlegt kurz. »In Ordnung, lassen Sie uns so vorgehen. Wir haben ohnehin keine andere Wahl.« Er wägt noch einmal kurz ab und wendet sich diesmal an mich. »Glauben Sie, Herr Kommissar, daß es zu weiteren Selbstmorden kommen wird?«
»Wenn ich das bloß wüßte, Herr Minister. Vielleicht war Vakirtsis der letzte, möglicherweise folgen noch weitere. Leider wissen wir nicht, warum sie sich umgebracht haben und wer dieser Logaras ist, der offenbar die Fäden in der Hand hält.«
»Mich packt das pure Entsetzen beim Gedanken, daß das Ganze noch weitergehen könnte.«
»Mich auch. Obwohl … Seit gestern gibt es einen klitzekleinen Hoffnungsschimmer.«
Der Minister und Gikas schauen mich beide überrascht an. »Und der wäre?« fragt der Minister.
»Die Tatsache, daß Logaras mir die Biographie zugeschickt hat. Er will mit mir kommunizieren.«
»Wieso sollte er das tun?« wendet Gikas ein.
Ich zucke mit den Schultern. »Vielleicht, weil er sich für sehr schlau hält und mit mir spielen will. Vielleicht auch, weil er enthüllen möchte, warum er sie zum Selbstmord treibt. Mit Sicherheit weiß er, daß ich mit den Selbstmorden befaßt bin. Und das deutet darauf hin, daß es sich um jemanden handelt, der zum Kreis der Befragten gehört.«
Noch während ich rede, überkommt mich der Verdacht, daß Logaras möglicherweise durch Sotiropoulos davon erfahren hat. Ihm habe ich nahezu alle Einzelheiten meiner Ermittlungen anvertraut. Möglicherweise hat er mit einem Kollegen darüber gesprochen, und auf diesem Weg könnte etwas durchgesickert sein. Journalisten legen kein Schweigegelübde ab. Ich traue mich nicht, dem Minister und Gikas zu offenbaren, daß ich mit Sotiropoulos gemeinsame Sache mache. Der erste würde mir den Kopf waschen, und der zweite annehmen, daß ich im Verlauf meines Genesungsurlaubs den Verstand verloren habe, weil er meine Abneigung gegen jede Art von Reporter und speziell gegen Sotiropoulos kennt.
Es kommt nicht oft vor, daß mir Gikas die Ehre erweist, mich in seinem Dienstwagen zu chauffieren, aber heute macht er eine Ausnahme. Vielleicht, weil dieser Fall aus dem Rahmen fällt. Wenn man es mit Gewaltverbrechen an Einheimischen und Zugewanderten, an Rotlichtbaronen oder russischen Mafiosi zu tun hat, tut es ein einfacher Streifenwagen. Wenn man sich jedoch in den Salons der großen Welt bewegt, wo Unternehmer, Politiker und Journalistengrößen Hand an sich legen, weht ein anderer Wind, und man kommt sogar in den Genuß eines Dienstwagens.
Als wir Gikas’ Vorzimmer betreten, läßt der Beamte rasch eine Zeitschrift in einer von Koulas Schubladen verschwinden. Scheinbar weiß Gikas, was Sache ist, denn rechtzeitig wendet er den Blick ab.
»Haben Sie vor, Ihren Genesungsurlaub zu unterbrechen und zurückzukehren?« fragt Gikas, sobald wir unsere angestammten Sitzplätze eingenommen haben.
Ich habe bereits über diese Möglichkeit nachgedacht, und diesmal halte ich mich nicht wegen Adriani zurück. »Mir wäre lieber, ich könnte mit Koulas Hilfe weiterhin diskret nachforschen. Wenn ich offizielle Ermittlungen einleite, dann heißt das, die Selbstmorde waren Morde, und die Reporter fallen über uns her. Außerdem befürchte ich, daß uns die Angehörigen der drei Opfer Schwierigkeiten machen würden. Es sind einflußreiche Namen, sie können uns jederzeit Knüppel zwischen die Beine werfen.«
»Na also, endlich fangen auch Sie an, Rücksicht auf Leute mit Beziehungen zu nehmen. Dann kann ich in Zukunft ja ruhig schlafen«, kommentiert er, während ein ironisches Lächeln über sein Gesicht zieht.
»Das ist ein Fall, der mit Diskretion behandelt werden muß.«
Er überlegt kurz und seufzt dann auf. »Sie haben recht, obwohl mir eine Rückkehr auf Ihren Posten lieber wäre.«
»Wieso? Wegen Janoutsos?«
»Nein. Wegen Koula. Sie soll endlich zurückkommen und hier Ordnung schaffen.«
»Ist der da draußen denn zu gar nichts zu gebrauchen?« frage ich unschuldig, obschon ich die Antwort kenne.
»Zu nicht viel. Ich sollte ihn meiner Frau überlassen, dann müßte sie
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