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vor Vakirtsis, der viel wußte. Der dritte und wichtigste Punkt: Vakirtsis hat Stefanakos in seinen Sendungen erpreßt, um ihn zum Einlenken zu bewegen. Nur die Notiz vom 3. Juni bleibt als vorerst unerklärlich übrig. Offenbar gibt es da noch eine unbekannte Person, die behauptet, sie hätte unerschütterliche Beweise. Was für Beweise und gegen wen? Gegen Vakirtsis? Nicht auszuschließen. Jedenfalls macht die Notiz von ihrem Tonfall her nicht den Eindruck, daß Stefanakos Indizien gegen Vakirtsis sammelte. Wahrscheinlich trug ihm die unbekannte Person ihre Dienste an. Offenbar gegen ein erkleckliches Honorar, da Stefanakos notierte, sie hätte exorbitante Dinge gefordert.
Nach so langer Zeit haben wir nun zum ersten Mal einige Hinweise in der Hand und können gewisse Querverbindungen herstellen. Ich zumindest bin mir nun sicher, daß Favieros, Stefanakos und Vakirtsis nicht nur miteinander bekannt waren, sondern auch gemeinsam Geschäfte machten – und nicht gerade lupenreine.
»Drucken Sie das bitte zweimal aus«, sage ich zu Koula. Ich habe vor, damit stante pede zu Gikas zu eilen, damit auch er ein wenig an dem Knochen schnuppern kann.
»Bravo, Leute. Ihr habt sehr gute Arbeit geleistet.«
Das Lächeln auf Koulas Lippen wird breiter, doch Spyrakos läßt sich durch das Lob nicht beeindrucken.
»Können wir Vakirtsis’ Computer bald durchchecken?« fragt er, den Blick noch immer auf den Bildschirm geheftet.
»Na klar, aber ist das so dringend?«
Wiederum schwankt der Blick, den er mir nun doch zuwirft, zwischen Staunen und Geringschätzung. »Weil Sie Koula gesagt haben, daß er einen Computer hatte, ihn aber nicht häufig benutzte. Ich schätze die Chancen auf fünfzig zu fünfzig, daß er ein Löschprogramm hatte. Möglicherweise auch sechzig zu vierzig. Aber auch wenn er eins hatte, so finden wir vielleicht noch Dateien auf der Festplatte, da er sich erst vor kurzem umgebracht hat.«
»In Ordnung, das leiere ich morgen an. Sucht inzwischen im Handelsregister weiter nach Informationen zu Vakirtsis.«
Während die Notizen ausgedruckt werden, kündige ich telefonisch meinen Besuch bei Gikas an.
Offenbar hat sich der Polizeibeamte mit den Zeitschriften zu Gikas’ Frau im Frisiersalon gesellt. An seiner Stelle sitzt ein junger Mann, der immerhin den Computer angeworfen hat und mich fragt, wer ich sei und zu wem ich wolle.
Gikas vergißt vor lauter Anspannung sogar, mich zu begrüßen. »Liefern Sie mir irgend etwas, das ich weiterleiten kann, denn der Minister ruft mich dreimal am Tag an.«
Wortlos breite ich die Notizen von Stefanakos’ Rechner vor ihm aus, als würde ich ihm die Tarotkarten legen. Nachdem er sie der Reihe nach aufmerksam durchgelesen hat, blickt er auf.
»Schlußfolgerungen?« fragt er.
»Zunächst einmal das Offenkundigste: Vakirtsis war nicht nur Journalist, sondern auch Unternehmer. Wir untersuchen gerade, bei welchen Firmen er dabei war. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir das herausfinden. Des weiteren hat Vakirtsis Stefanakos erpreßt, entweder weil er auf einen Anteil an den Firmen von Stefanakos’ Frau aus war oder weil er mit ihr zusammenarbeiten wollte. Anscheinend war auch Favieros in diese geschäftlicherpresserische Beziehung verwickelt.« Ich halte einen Augenblick inne und blicke ihn an. »Ich weiß nicht, wie sehr dem Minister der Bezug zu Vakirtsis gefallen wird.«
»Ich glaube nicht, daß ihn das sehr kratzt«, meint er achselzuckend. »Zuletzt war Vakirtsis den Politikern ganz schön auf die Pelle gerückt. Unaufhörlich prügelte er auf sie ein. Diesen Notizen nach zu schließen wollte er mit seinen Angriffen aber etwas anderes erreichen.«
»Wer mit M. und K. gemeint sein könnte, weiß ich allerdings nicht.«
Seufzend schüttelt er den Kopf. »M. sagt mir auch nichts. Wenn aber K. derjenige ist, den ich im Verdacht habe, dann wird der Minister schwer daran zu schlucken haben.«
»Wer verbirgt sich denn Ihrer Meinung nach dahinter?« frage ich neugierig.
»Karajorgos. Er beaufsichtigt die Bauarbeiten für die Olympiade im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Raumplanung und Bauwesen.«
Während Gikas an den Minister denkt, stelle ich mir Petroulakis’ Miene vor, wenn er erfährt, bei wem wir gelandet sind.
»Können Sie mir einen Termin bei Karajorgos verschaffen?«
Er fixiert mich. Schließlich meint er halb zornig, halb verwundert: »Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Mit welchen Hinweisen in der Hand wollen Sie denn mit
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