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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Vorzimmer bis auf die Veranda, die einem Miniatur-Dschungel gleicht. Ich frage mich, wozu eine Veranda dient, wenn die ganzen Grünpflanzen einem gar keinen Platz zum Sitzen lassen.
    »Nur so kann man sich vor der Sonne schützen, die von elf Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags hier hereinbrennt«, erläutert die Leventojanni, der meine Verwunderung nicht entgangen ist. »Einen Kaffee vielleicht?«
    Koula lehnt ab, doch ich bitte sie um ein Glas Wasser. Es ist bemerkenswert, daß sie noch nicht nachgefragt hat, was zwei Bullen bei ihr zu Hause suchen. Sie kommt nicht direkt darauf zu sprechen, sondern sie stellt mir zunächst ein Glas kaltes Wasser hin, nimmt daraufhin Platz und blickt uns mit ihrem Dauerlächeln durchdringend an.
    »Frau Leventojanni, haben Sie eine Wohnung in der Larymnis-Straße verkauft?«
    »Jawohl«, entgegnet sie bereitwillig. »Wissen Sie, mein Mann spielt seit Jahren Toto. Einmal hat er einen Haupttreffer gemacht, worauf wir die Wohnung in der Larymnis-Straße abgegeben und zusammen mit dem Erlös des Totogewinns diese hier gekauft haben.«
    »Zu welchem Preis haben Sie sie verkauft?«
    In ihr kriecht wieder dieselbe Besorgnis hoch, die sie erfaßte, als wir uns vorstellten, und sie fragt mit zitternder Stimme: »Entschuldigen Sie, aber warum fragen Sie?«
    Koula merkt, daß die Leventojanni zwischen Ahnungslosigkeit und Panik hin- und hergerissen ist, und setzt sich an ihre Seite, um sie zu beruhigen.
    »Frau Leventojanni, es geht nicht um Sie, weder um die verkaufte noch um die gekaufte Wohnung. Wir suchen nach jemand anderem. Sie haben nichts zu befürchten. Sie sind nicht verpflichtet zu antworten.«
    Ich bin drauf und dran, sie zurückzupfeifen, denn es ist gut und schön, die Bürger während der Befragung zu beruhigen, aber wir müssen sie ja nicht gleich über ihre Rechte aufklären. Doch da sagt die Leventojanni unverhofft: »Achteinhalb Millionen Drachmen, also rund fünfundzwanzigtausend Euro. Vierundzwanzigtausend neunhundert und irgendwas, um genau zu sein.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie keine fünfundvierzigtausend Euro erhalten haben?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?« fragt sie baff.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch, Frau Leventojanni, aber haben Sie die Summe selbst in Empfang genommen?« fragt Koula ganz sanft. »Vielleicht hat Ihr Mann das Geld in Empfang genommen, die fünfundzwanzigtausend Euro zurückbehalten, die Sie für den Kauf dieser Wohnung benötigt haben, und das übrige Geld, sagen wir mal, auf die Bank gebracht?«
    Die Leventojanni blickt sie an, ganz ernst diesmal, und seufzt. »Das Geschäft ist von mir getätigt worden, und die Geldsumme habe ich erhalten. Sowohl die Wohnung in der Larymnis-Straße als auch diese hier sind auf meinen Namen eingetragen. Ich verwalte alle Geldangelegenheiten selbst, weil mein Mann, wenn ich ihm die Sache überließe, alles im Toto oder Lotto oder im Kasino von Loutraki verspielen würde.«
    »Kommen Sie«, meint Koula. »Vergessen Sie nicht, der Tototreffer hat Ihnen diese Wohnung hier eingebracht.«
    »Glauben Sie denn, junge Frau, ein Haupttreffer würde all das aufwiegen, was mein Mann jahrelang beim Kartenspiel und im Wettbüro verloren hat?« Plötzlich fällt ihr der entscheidende Punkt wieder ein. »Sie haben mir aber noch nicht gesagt, warum Sie mir all diese Fragen stellen?«
    Da die Befragung gut vorankommt, überlasse ich Koula die Gesprächsführung. Sie erzählt ihr die ganze Geschichte von dem Pontusgriechen, Kariofyllis und Iliakos’ Maklerbüro. Die Leventojanni hört zunächst ruhig zu, doch jäh springt sie auf.
    »Ah, diese Schweine …« stammelt sie. »Diese Gauner …«
    »Was haben Sie denn?« fragt Koula und greift nach ihrer Hand, um einer Panikattacke vorzubeugen. »Setzen Sie sich und erzählen Sie in aller Ruhe.«
    »Mir ist etwas eingefallen, dem ich damals keine Bedeutung beigemessen habe. Als wir beim Notar waren und er die Verträge ausgefüllt hat, hat er den Mann aus dem Maklerbüro gefragt: ›Welche Summe?‹ Der andere hat ihn ein wenig sauer angesehen und gesagt: ›Was fragst du? Weißt du’s nicht?‹ Das Gespräch war da zu Ende, und danach haben wir die Verträge unterzeichnet. Offenbar hat der Notar gefragt, ob er die tatsächliche Summe in den Vertrag schreiben sollte oder diejenige, die ich bekommen sollte.«
    »War der Mann aus dem Maklerbüro etwa fünfunddreißig mit kahlrasiertem Kopf?«
    »Ja, genau.«
    Wenn es noch den leisesten Zweifel gab, daß es ein abgekartetes

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