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Live!

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Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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seine Stimme so gepreßt an wie noch selten.
    »Auch ich habe meine Vorgesetzten, Kommissar. Und ich kann nicht nein sagen, wenn sie sich eine Meldung zunutze machen wollen, selbst wenn ich persönlich anderer Meinung bin.« Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: »Was passiert jetzt?«
    »Nichts. Wir hätten dem möglicherweise zuvorkommen können, wenn ich mit Andreadis gesprochen hätte.«
    »Ich hab’s versucht, aber er blieb hart. Hab ich Ihnen doch erklärt.«
    »Andreadis blieb hart, weil ihm etwas schwante und er sein Gesicht wahren wollte.«
    »Nicht auszuschließen. Das Material, das Sie gesammelt haben, behalten Sie am besten. Das geht nicht verloren.«
    Genau, sage ich mir. Vielleicht verkaufe ich es dir, um das Klimagerät abzustottern.
    »Von welchem Andreadis war die Rede? Von dem Parlamentsabgeordneten?« fragt Fanis, der das Gespräch mitgehört hat.
    »Ja. Ich wollte ihn zu Stefanakos befragen, doch er hat jedes Gespräch abgelehnt. Aber jetzt wird, und das meint auch Sotiropoulos, ohnehin alles den drei Pennern aufgehalst.«
    Als sich Fanis gerade verabschieden will, stößt er an der Wohnungstür mit Koula zusammen. Ich stelle beide einander vor, und sie reichen sich die Hand.
    »Sie sind also die berühmte Koula, von der Frau Adriani so schwärmt«, lacht Fanis.
    Koula wird ganz rot, stammelt ein »Das ist aber nett von ihr« und tritt in die Wohnung. Als ich die Tür schließe, bleibt sie stehen und blickt mich ernst an.
    »Sie müssen mir nichts erklären und ich Ihnen auch nicht«, meint sie. »Ich habe alles im Fernsehen verfolgt und weiß Bescheid.«
    »Ich habe Gikas heute getroffen.«
    »Und?«
    »Er meint, Sie sollen erst nach Ihrem Urlaub zurückkehren.«
    »Na, immerhin. Zumindest komme ich so zu ein paar Badetagen.« Ihre Worte klingen fast sarkastisch.
    »Sind Sie traurig?« frage ich.
    Sie zuckt mit den Schultern. »Mein Vater hat für seinen Dickkopf teuer bezahlt. Und zwar nicht nur er, sondern die ganze Familie. Dieser private Kummer hat meiner Mutter das Herz gebrochen. So bin ich ins andere Extrem verfallen: Zuerst kommt die Arbeit, alles andere kann warten.« Sie blickt mich an, ob ich etwas zu entgegnen habe. Da dem aber nicht so ist, fährt sie fort. »Ich wollte Ihnen nur sagen, wie sehr ich mich über unsere Bekanntschaft freue und wie sehr Sie mir fehlen werden. Sie und Frau Adriani.«
    Mit diesen Worten geht sie in die Küche, wo Adriani gerade Schwertfisch im Ofen zubereitet. Sie wartet geduldig, bis die richtige Temperatur eingestellt ist, und sagt dann: »Meine Tätigkeit beim Herrn Kommissar ist beendet, und ich wollte mich von Ihnen verabschieden und Ihnen sagen, wie sehr es mich freut, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.«
    »Ganz meinerseits, meine Liebe«, meint Adriani warmherzig und küßt sie auf beide Wangen. »Was machen Sie jetzt? Kehren Sie an Ihren Arbeitsplatz zurück?«
    »Nein, ich lege ein paar Badetage ein«, entgegnet Koula, ohne ihre Verbitterung zu verhehlen.
    »Wir planen auch, zu meiner Schwester auf die Insel zu fahren.«
    »Das wird Ihnen sehr guttun. Auch der Herr Kommissar braucht Ruhe, nach allem, was er durchgemacht hat.«
    »Das können Sie ihm ruhig öfter sagen«, meint Adriani, froh, eine Verbündete gefunden zu haben.
    »Darf ich Sie ab und zu anrufen, wenn ich Ihren Rat beim Kochen brauche?«
    »Aber sicher, jederzeit!« entgegnet Adriani begeistert. »Sie können auch vorbeikommen, dann können wir zusammen üben.«
    Sie küssen sich noch einmal, und schließlich verläßt uns Koula eilig, als könne sie es sich doch noch anders überlegen.
    »Eine herzensgute junge Frau«, sagt Adriani, als sie fort ist. »Und wir haben sie nicht einmal zum Essen eingeladen. Wie unhöflich!«
    »Soll ich sie am Sonntag einladen?«
    »Gute Idee.« Doch sie bereut es sofort. »Nein, lieber nicht am Sonntag.«
    »Wieso?«
    »Am Sonntag kommt doch Fanis.«
    »Na und?«
    Sie antwortet nicht, aber ihr Blick spricht Bände, und ich begreife, worauf sie hinauswill.
    »Bist du bei Trost? Fanis ist den ganzen Tag von Ärztinnen und Krankenschwestern umgeben. Und da soll ihm Koula ins Auge fallen?«
    Sie sinnt kurz darüber nach und präsentiert dann ihr philosophisches Fazit: »Sie ist jung und hübsch, und der Teufel schläft nicht.«
    Weit ist es mit mir gekommen. Daran glaube ich nämlich auch langsam.

31
    H igh-Speed -Fähren fahren dienstags und donnerstags«, meint Adriani. Um neun Uhr morgens ist sie topchic gekleidet und befindet sich auf dem Weg

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