Live!
ins Reisebüro.
»Was ist denn das schon wieder?«
»Na, diese schnellen Schiffe, die nur sechs Stunden brauchen und bloß Paros und Naxos anlaufen. Die Linienschiffe fahren täglich außer samstags.«
»Dann kauf Fahrkarten für das Schnellschiff.«
Sie entfernt sich mit Höchstgeschwindigkeit, aus Angst, ich könnte es mir anders überlegen und die Reise auf später verschieben.
Um mir die Langeweile bis zum Abreisetag zu versüßen, nehme ich mir vor, wieder mal beim Kiosk vorbeizuschauen, sämtliche Tageszeitungen zu kaufen und auf dem kleinen Platz vor der Lazarus-Kirche vor Anker zu gehen, in dem Café mit dem potthäßlichen Kellner, bei dem man süßen Mokka bestellt und verwässerten vorgesetzt bekommt.
Ich frage mich gerade, wie ich mir die Langeweile auf der Insel versüßen soll und ob ich mir nicht lieber schon hier Angelrute und Klappstuhl besorgen soll, als das Telefon läutet.
»Kommissar Charitos?« meint eine jugendliche Frauenstimme.
»Am Apparat.«
»Herr Kommissar, vor ein paar Tagen hatten Sie bei Herrn Kyriakos Andreadis um einen Termin angefragt.«
Mir fällt fast der Hörer aus der Hand. Wenn man die drei Schlägertypen freigelassen und an ihrer Stelle Janoutsos eingesperrt hätte, könnte meine Verwunderung nicht größer sein. Ich bringe gerade mal ein »Richtig« über die Lippen.
»Herr Andreadis erwartet Sie heute um vierzehn Uhr in seinem Abgeordnetenbüro. Ich möchte Sie nur um rechtzeitiges Erscheinen ersuchen, da er um fünfzehn Uhr in eine Parlamentssitzung muß.«
»Ich werde pünktlich sein. Wo liegt sein Abgeordnetenbüro?«
»In der Heyden-Straße 34, in der dritten Etage.«
Ich lege den Hörer auf die Gabel und versuche die Mitteilung zu verdauen. Was ist passiert, daß Andreadis seine Meinung geändert hat? Wahrscheinlich gab die Festnahme der drei Schlägertypen und die Taktik der Regierung, alles ausnahmslos der extremen Rechten anzuhängen, den Ausschlag. Wenn dem so ist, muß Andreadis über anderslautende Informationen verfügen, die er anonym weiterreichen möchte, damit weder er noch seine Partei das Gesicht verlieren. Ich rufe Sotiropoulos an, ob er vielleicht mehr darüber weiß, aber sein Mobiltelefon ist abgeschaltet. Beim Sender sagt man mir, daß er noch nicht eingetroffen sei.
Drei Stunden muß ich noch rumbringen, und ich beschließe, meinen geplanten Tagesablauf einzuhalten. Diesmal wundert sich der Kioskbesitzer, daß ich sämtliche Tageszeitungen kaufe, da die Festnahmen bereits vorgestern erfolgt sind und gestern nichts Aufregendes passiert ist. Er zerbricht sich den Kopf, ob ihm vielleicht irgend etwas entgangen ist, doch ich lüfte mein Geheimnis nicht.
Schließlich bin ich an der Reihe, mich zu wundern, als ich zu der verkappten Kaffeestube gelange. Anstelle des potthäßlichen Kellners nähert sich eine Achtzehnjährige in Minirock und Sandalen meinem Tisch.
»Wo ist denn mein Freund?« frage ich verdutzt.
»Herr Christos? Um diese Jahreszeit fährt er immer nach Anafi. Er vermietet dort ein paar Fremdenzimmer.«
Trotz des erfrischenden Anblicks des jungen Mädchens ärgere ich mich: Es hätte mir solchen Spaß gemacht, diesen Christos wiederzusehen. Glücklicherweise ist der Kaffee nach wie vor verwässert, was mich tröstet.
Obwohl bereits achtundvierzig Stunden seit der Festnahme der drei Faschos verstrichen sind, beherrscht das Thema immer noch die Berichterstattung der meisten Tageszeitungen. Darin liegt die erste Gemeinsamkeit. Die zweite liegt in der Einmütigkeit der Kommentare. Sämtliche Zeitungen formulieren Einwände gegen die Festnahmen. Die Skala bewegt sich von vorsichtiger Zurückhaltung seitens der regierungstreuen Medien bis zum offenen Sarkasmus der Oppositionsblätter. Jedenfalls bezeugt diese nuancierte Einhelligkeit, daß der von einigen schlauen Köpfen ersonnene Kunstgriff auf Widerspruch stößt. Einen Augenblick lang überlege ich, ob mich Andreadis vielleicht deshalb sprechen will. Bestimmt hat er am Morgen die Zeitungen gelesen und die Gelegenheit als günstig eingeschätzt, mich zu einem Treffen einzuladen. Nicht auszuschließen, daß er eine zweite Angriffswelle starten will, um die Regierung noch mehr in die Enge zu treiben.
Wie aber verhalte ich mich Gikas gegenüber, wenn die Dinge so liegen, wie ich vermute? Soll ich mich ihm anvertrauen und alles berichten, was ich von Andreadis erfahre? Normalerweise müßte ich ihn auf dem laufenden halten, und da er eine empfindliche Ohrfeige hat einstecken
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