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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Lächeln, das sagte: Ist das nicht das ALLER größte auf der Welt? , und ich zurücklächelte wie ein verliebter Idiot, war dieser Moment noch viel spezieller als je zuvor.
    Für mich war das der Höhepunkt des ganzen Abends.
    Unglücklicherweise folgten kurz darauf ein paar Tiefpunkte. Der erste passierte während des nächsten Songs, einem zweiminütigen Brocken markerschütternden Lärms namens Stupid . Der Text bestand nur aus einem einzigen Wort, eben Stupid , das Curtis immer wieder herausbrüllte, so laut er nur konnte. Gegen Ende des Songs, als die Musik immer lauter und schneller und wahnsinniger wurde, taumelte er vor bis zum Bühnenrand, fixierte ein Mädchen, das vorn stand, und fing an, ihr das inzwischen fast unverständliche Wort entgegenzubrüllen – STUPIDSTUPIDSTUPIDSTUPID …
    Das Mädchen schien es nicht weiter zu stören – wahrscheinlich fühlte sie sich durch die Aufmerksamkeit sogar eher geschmeichelt –, doch dem Typen, der zu ihr gehörte, einem Biker mit fettigen Haaren, der sein Bier aus der Flasche trank, gefiel es überhaupt nicht. Ich sah, wie er Curtis für einen Moment anfunkelte und wartete, ob er aufhören würde, und als das nicht geschah – als Curtis sich weiter zu dem Mädchen hinabbeugte und ihr wie ein Irrer ins Gesicht brüllte –, nahm der Biker einen Schluck aus der Flasche, zog das Mädchen aus dem Weg und schwang die Flasche in Curtis’ Gesicht. Doch Curtis hatte es kommen sehen und sich rechtzeitig von der Kante der Bühne zurückbewegt, sodass ihn die Flasche meilenweit verfehlte. Das machte den Biker nur noch wütender, und als Curtis mit einem spöttischen Grinsen im Gesicht weiterspielte,zog der Biker seinen Arm zurück und schleuderte die Flasche mit voller Kraft. Curtis sprang zur Seite und versuchte ihr auszuweichen, doch er war nicht schnell genug und die Flasche streifte ihn seitlich am Kopf. Er taumelte leicht, hörte aber nicht auf zu spielen. Selbst als ihm das Blut über die Wange zu rinnen begann, hackte er weiter auf seiner Gitarre rum und donnerte, scheinbar unberührt von den Schmerzen, die Akkorde heraus. Jake, der von der rechten Seite der Bühne aus zugeschaut hatte, baute sich vor dem Biker auf und schrie ihm alle möglichen Obszönitäten ins Gesicht, mit der deutlichen Absicht, ihn sich zur Brust zu nehmen. Was, wenn es auch ziemlich bewundernswert war, niemals geschehen würde, da der Biker ungefähr doppelt so groß und mindestens fünfmal so schwer war wie Jake. Deshalb wunderte ich mich auch nicht, als der Biker Jake von oben bis unten ansah und ihn mit einem einzigen, geradezu herablassenden Schlag auf den Kopf niederstreckte. Doch plötzlich sah ich in der Menge hinter dem Biker wie aus dem Nichts eine riesige Faust hochschnellen und erwischte noch kurz einen Blick in Chiefs Steinzeitgesicht, ehe ich mit Bewunderung zusah, wie er die Faust niedersausen ließ, sie voll auf dem Schädel des Bikers landete und der Biker in sich zusammensackte.
    Genau in dem Moment, als er zu Boden ging, beendeten wir den Song und für ein, zwei Sekunden herrschte eine fassungslose, bedrohliche Stille. Dann trat Chief aus der Menge, streckte Curtis den Daumen entgegen und half Jake auf die Beine. Gleichzeitig erschien ein zweiter Biker und zog seinen noch immer bewusstlosen Freund weg. Curtis nutzte den Moment, um ans Mikro zu treten und mit einem Gesichtvoller Blut und zerlaufener Wimperntusche in die Menge zu starren.
    »Das war Stupid «, sagte er und grinste kurz zu den Bikern hinüber. »Und der nächste Song …«, fuhr er fort, während er weiter in die Menge blickte, »der nächste Song heißt Inside You .«
    Ich begann als Erste zu spielen, stampfte eine knallharte, schwere Bassline raus, dann fiel mit Stans rasierklingenscharfen Schlägen auf die Snare-Drum der Rest der Band ein. Obwohl es ein echt guter Song war – dunkel und bedrohlich mit seinem wirren, hypnotischen Rhythmus –, hatte mich der Text nie richtig überzeugt.

    I WANT YOUR HEART
    I WANT YOUR BLOOD
    I WANT YOUR SKIN
    I WANT YOUR FLESH …
    Als ich Curtis irgendwann gesagt hatte, dass mir die Worte nicht gefielen, war er richtig empört gewesen.
    »Wieso?«, hatte er gefragt. »Was ist mit den Worten?«
    »Na ja, ich finde … sie sind einfach ein bisschen …«
    »Ein bisschen was ?«
    »Übel.«
    » Übel? «, spottete er. »Was meinst du mit übel ?«
    »Ach komm schon, Curtis«, seufzte ich. »Du weißt genau, was ich meine … über ein Mädchen zu sprechen, als ob es nur ein

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